Meinung

Labours Antisemitismus-Problem

Maram Stern Foto: Marco Limberg

Meinung

Labours Antisemitismus-Problem

Trotz aller Ankündigungen unternimmt Jeremy Corbyn nichts gegen die judenfeindlichen Ausfälle in seiner Partei

von Maram Stern  05.04.2018 09:49 Uhr

Die britische Labour Party – und vor allem ihr Chef Jeremy Corbyn – hat ein Antisemitismus-Problem. Auch wenn es viele noch herunterspielen oder sich in Beschwichtigung üben: Die Tatsache, dass sich der Dachverband der britischen Juden vor einigen Tagen veranlasst sah, eine Demonstration gegen den Oppositionsführer des Landes zu organisieren (weitere Proteste sind geplant), spricht Bände. So etwas gab es in Großbritannien noch nie.

Corbyns Verfehlungen fallen zwar in die Zeit, als er noch ein unbedeutender linker Hinterbänkler im Parlament war. Was aber verstört, ist die Art und Weise, wie der Labour-Chef heute damit umgeht.

proteste Auslöser der jüngsten Proteste war ein Facebook-Dialog Corbyns mit dem Künstler Mear One vor sechs Jahren. Mear Ones Graffito auf einer Hauswand im Osten Londons zeigte Banker mit eindeutig antisemitischen Stereotypen wie Hakennasen, die auf dem Rücken von Arbeitern Monopoly spielen. Der Künstler hatte sich 2012 auf Facebook darüber beschwert, dass sein Werk entfernt werden sollte. Corbyn stellte sich auf seine Seite: »Sie befinden sich in guter Gesellschaft. Rockefeller zerstörte Diego Riveras Wandmalerei, weil sie ein Bild von Lenin beinhaltete.«

Corbyn distanzierte sich jetzt zwar von seinem Kommentar und behauptete, er habe sich damals um die Meinungsfreiheit gesorgt und den judenfeindlichen Charakter des Graffitos gar nicht bemerkt. Und er versprach wieder einmal, den Antisemitismus in der Partei zu bekämpfen und den Dialog mit jüdischen Verbänden in Großbritannien zu suchen.

Kurz darauf wurde bekannt, dass Corbyn den Pessach-Seder bei einer linksradikalen jüdischen Splittergruppe verbracht hatte, die Israels Existenzrecht infrage stellt. Es sollte wohl ein Zeichen sein. Aber es kam an wie ein neuerlicher kalkulierter Schlag ins Gesicht der gewählten Vertreter der jüdischen Gemeinde in Großbritannien.

holocaust-leugner Was soll man von den Entschuldigungen eines Mannes halten, der in der Vergangenheit regelmäßig Holocaust-Leugner und erklärte Feinde Israels wie die Hamas als »Freunde« hofierte und bei Irans Propagandaorgan Press TV auftrat, als diesem Sender von der britischen Aufsichtsbehörde bereits die Lizenz entzogen worden war?

Warum fällt es Jeremy Corbyn so schwer, hart gegenüber antisemitischen Ausfällen durchzugreifen? Um frei nach Goethe zu sagen: Die Worte hört man wohl, allein es fehlt der Glaube. Jeder Mensch hat das Recht, Fehler zu machen und sich zu ändern, auch ein Jeremy Corbyn. Die Frage ist: Hat er sich wirklich geändert? Daran zweifeln wohl nicht nur die britischen Juden.

Der Autor ist stellvertretender Geschäftsführer des Jüdischen Weltkongresses.

Faktencheck

Berichte über israelischen Pass Selenskyjs sind Fälschung

Ukrainische Behörden ermitteln wegen hochrangiger Korruption. Doch unter diesen Fakten mischen sich Fälschungen: So ist erfunden, dass bei einer Razzia ein israelischer Pass Selenskyjs gefunden wurde

 19.12.2025

Tel Aviv/Berlin

Israel unterzeichnet weiteren Vertrag mit Deutschland über Raketenabwehr

Es handelt sich um das größte Rüstungsgeschäft in der Geschichte des jüdischen Staates

 19.12.2025

Sydney/Canberra

Nach Terroranschlag von Bondi Beach: Australien plant nationalen Trauertag

Die Regierung kündigt zudem umfassende Maßnahmen an. Dazu gehört eine landesweite Rückkaufaktion für Schusswaffen

 19.12.2025

New York

Antisemitische Äußerungen: Mitglied von Mamdanis Team tritt zurück

Die Tiraden von Catherine Almonte Da Costa sorgen für Entsetzen

 19.12.2025

Belgien

IS droht mit Anschlägen auf Synagogen und Kirchen

Die Hintergründe

 18.12.2025

Umbenennung

Yad-Vashem-Straße in Berlin: Wegner will schnelle Umsetzung

Nach der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem soll ein Straßenabschnitt im Herzen von Berlin benannt werden. Der Regierende Bürgermeister hofft auf eine schnelle Umsetzung

von Jonas Grimm  18.12.2025

Kairo

Ägypten: Angeblich Pläne für USA-Reise von Präsident al-Sisi

Seit Beginn des Gaza-Kriegs sollen Israels Premier und Ägyptens Staatschef keinen Kontakt gehabt haben. Wird sich al-Sisi mit Hilfe eines Gas-Deals zu einem Treffen in den USA bewegen lassen?

 18.12.2025

Bildungsministerkonferenz

Publizist Friedman: Leben jüdischer Kinder schlecht wie nie seit 1945

Schulen als Bildungsorte für Demokratie und Menschenrechte, gegen Hass und Antisemitismus: Der Publizist Michel Friedman sieht hier große Defizite in Deutschland

 18.12.2025

Australien

Polizei in Sydney stoppt Verdächtige – Pläne vereitelt?

Nur wenige Tage nach den tödlichen Schüssen an Sydneys weltberühmten Bondi Beach gibt es einen Einsatz von Anti-Terror-Einheiten. Die Verdächtigen sollen auf dem Weg zum Strand gewesen sein

 18.12.2025