Dialog

Kritisch konstruktiv

Der Anfang ist gemacht. Und es war einer, auf den sich nach Auffassung der Beteiligten durchaus aufbauen lässt: Am Sonntag sind führende Vertreter des Zentralrats der Juden in Deutschland und des Zentralrats der Muslime zu einem offiziellen Treffen zusammengekommen. Auch Kenan Kolat, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde, gehörte zu den Teilnehmern.

Das Gespräch in Frankfurt am Main sei gleichermaßen »sehr kritisch und sehr konstruktiv« verlaufen, heißt es. Für Dieter Graumann, seit Ende November Präsident des Zentralrats der Juden, eine Selbstverständlichkeit. »Zum ehrlichen Dialog gehören vor allem Offenheit und die Bereitschaft, gerade auch schwierige Themen an- zusprechen«, sagte der 60-Jährige am Montag der Jüdischen Allgemeinen.

Jugendliche »Das haben wir getan – fair, ungeschminkt, offen, direkt und geradeheraus.« Es nütze ja nichts, Probleme mit Freundlichkeit zuzukleistern. Graumann hatte zu dem Gedankenaustausch, der künftig weitergeführt werden soll, auf höchster Ebene eingeladen. Ein Hauptthema des Treffens war der immer stärker werdende Antisemitismus unter muslimischen Jugendlichen. »Das bewegt und beschäftigt uns«, betonte Grau- mann. »Wir hoffen, dass die muslimischen Verbände mehr dagegen tun werden. Das wurde uns auch versichert.«

Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland, sagte, den Erfolgen der Integration beider Minderheiten – er nennt als Stichwort das jüdische Leben in Deutschland – stehe das Anwachsen von Islamfeindlichkeit und Anti- semitismus gegenüber.

Kenan Kolat von der Türkischen Gemeinde ist mit der bisherigen Zusammenarbeit zufrieden. »Im Fall Sarrazin beispielsweise war sie vorbildlich.« Auch, dass der Zentralrat der Juden sich als Erstes geäußert hatte, als jüngst eine Moschee angegriffen wurde, lobt Kolat. »Wir haben zwar eine andere Geschichte«, sagt er, »aber viele Juden waren in die Türkei geflohen und haben dort eine große Kultur aufgebaut.«

Mazyek sieht zudem eine große Schnittmenge beim religiösen Austausch, »die ist größer als im christlich-muslimischen Dialog«. Er stellt aber auch fest: »Wir sollten die politischen Ereignisse politisch kommentieren«, sagt er mit Blick auf den Nahostkonflikt, »und sie nicht muslimisch oder jüdisch bemänteln.«

Aus Sicht des Zentralrats der Juden war das Gespräch der gute Beginn »eines mitunter sicherlich schwierigen Dialogs des guten Willens, der unsere Gemeinsamkeiten verstärken soll, ohne die Probleme dabei auszuklammern«, sagt Präsident Graumann.

Reaktionen

Freund und Bruder Franziskus – Juden verabschieden sich vom Papst

Mit Wärme und Respekt würdigen Vertreter der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland und weltweit den Papst. Nicht immer war das Verhältnis von katholischer Kirche und Judentum aber einfach, etwa nach dem 7. Oktober 2023

von Leticia Witte  21.04.2025

Reaktionen

»Mit Papst Franziskus ist ein Freund der jüdischen Gemeinschaft von uns gegangen«

Der Zentralrat der Juden würdigt Papst Franziskus, der am Montag im Alter von 88 Jahren gestorben ist

 21.04.2025

Nachruf

Förderer des katholisch-jüdischen Dialogs, aber auch harter Kritiker Israels

Papst Franziskus ist am Montag im Alter von 88 Jahren gestorben. Sein langjähriger Gesprächspartner, Rabbiner Jehoschua Ahrens, nimmt Abschied

von Rabbiner Jehoschua Ahrens  21.04.2025

Vatikan

Papst Franziskus ist tot

Das Oberhaupt der katholischen Kirche starb einen Tag nach dem Ostersegen

 21.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  20.04.2025

Meinung

Wenn deutsche Ex-Diplomaten alle antiisraelischen Register ziehen

Deutschland darf nicht länger schweigen? Eine Erwiderung von Daniel Neumann auf den vielsagenden »FAZ«-Gastbeitrag ehemaliger Botschafter

von Daniel Neumann  18.04.2025

Einspruch

Niemals vergessen!

Eva Umlauf will nicht hinnehmen, dass immer mehr Deutsche einen Schlussstrich unter die NS-Zeit ziehen möchten

von Eva Umlauf  18.04.2025

Essay

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025