Frankfurt/Main

Klage gegen Unternehmen

Gegen den deutschen Ableger der Online-Reiseplattform Expedia wurde Klage erhoben. Foto: imago

Vor dem Landgericht Frankfurt wird am Mittwoch eine Klage eines israelischen Staatsbürgers gegen den deutschen Ableger der Online-Reiseplattform Expedia verhandelt. Bei Expedia.de können im Gegensatz zur Webseite von Kuwait Airways auch Israelis Tickets der Airline kaufen – und dies trotz der grundsätzlichen Weigerung der staatseigenen kuwaitischen Fluggesellschaft, Israelis an Bord ihrer Maschinen zu lassen und zu befördern.

Für Nathan Gelbart ist es bereits die dritte Klage in dieser Sache. Der Berliner Rechtsanwalt hatte bereits vor einigen Jahren für Mandaten zwei Verfahren gegen Kuwait Airways wegen Diskriminierung israelischer Bürger angestrengt. In 2018 urteilte das Oberlandesgericht Frankfurt, das kuwaitische Gesetz zum Boykott Israels aus dem Jahr 1964 sei mit dem deutschen Rechtsverständnis nicht vereinbar.

Die Richter korrigierten einen Spruch aus erster Instanz. Zuvor hatte 2017 das Landgericht Frankfurt geurteilt, der Fluglinie sei eine Beförderung israelischer Staatsangehöriger aufgrund der Rechtslage in Kuwait nicht zumutbar.

Rechtsanspruch In der Praxis besteht trotz des OLG-Urteils dennoch kein durchsetzbarer Rechtsanspruch auf Beförderung durch Kuwait Airways, so Gelbart gegenüber der »Jüdischen Allgemeinen«. Denn auch das Berufungsgericht sehe ein »faktisches Hindernis«, das sich nach bestehender deutscher Rechtslage nicht beseitigen lasse. »Damit sind wir nicht einverstanden«,  sagt Gelbart und fügt an: »Es ist nicht erwiesen, dass ein solches tatsächlich vorliegt.«

Bislang habe noch kein Israeli versucht, einen Transitflug von Deutschland via Kuwait anzutreten. »Aber selbst wenn man das kuwaitische Gesetz als Hindernis ansieht, ist es doch ein künstlich geschaffenes Hindernis und damit auch keine höhere Gewalt wie bei einem Pilotenstreik oder bei schlechtem Wetter«, meint der Anwalt.

Die Fluggesellschaft gehöre zu 100 Prozent dem kuwaitischen Staat, genauer gesagt dem Emir von Kuwait. Der könne auch jederzeit Abhilfe schaffen und die Durchreise von Israelis erlauben. »Zu sagen, wir lassen einen israelischen Passagier in Kuwait nicht von Bord und damit nicht an sein Ziel weiterreisen, ist schlichtweg reine Willkür.«

Anwalt Nathan Gelbart sagt: Kuwait Airways diskriminiere seit Jahren Israelis, selbst auf Strecken, die keine Einreise in das Emirat erforderlich machten.

Kuwait Airways diskriminiere seit Jahren Israelis, selbst auf Strecken, die keine Einreise in das Emirat erforderlich machten oder über kuwaitisches Hoheitsgebiet führten.

Das Motiv sei Antisemitismus, glaubt er: »Von Kuwait Airways hört man zwar, sie hätten nichts gegen Juden, nur gegen die Israelis. Aber dass knapp die Hälfte der jüdischen Weltbevölkerung in Israel leben und 80 Prozent der Israelis Juden sind, das liegt doch auf der Hand. Und das ist auch der Grund der Diskriminierung.«

Buchung Jetzt vertritt Gelbart erneut einen israelischen Mandanten, und wieder vor dem Landgericht Frankfurt. Beklagte ist die deutsche Niederlassung des amerikanischen Reiseunternehmens Expedia. Doch können Flugreisen mit Kuwait Airways online gebucht werden, auch von Israelis. Letztere würden von Expedia aber nicht darüber informiert, dass diese Airline sie gar nicht zu befördern gedenke – und das, obwohl Expedia.de bei der Buchung sogar ihre Staatsangehörigkeit erfrage.

Das sei eine doppelte Unverschämtheit, findet der Anwalt: »Einerseits wird so eine Fluggesellschaft, die antisemitisch vorgeht, durch Ticketverkäufe unterstützt und mit ihr Geschäfte gemacht. Andererseits werden an Israelis Tickets verkauft und von ihnen Gebühren vereinnahmt in dem Wissen, dass Kuwait Airways gar nicht bereit ist, ihren vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen und sie zu befördern.«

Erst beim Einchecken am Flughafen würde der israelische Fluggast dann erfahren, dass er nicht mitgenommen werde – selbst wenn er eine gültige Bordkarte in der Hand halte.

Mit ihrem Verhalten mache Expedia gemeinsame Sache mit den Kuwaitern bei dieser Diskriminierung von Israelis, findet der Jurist. Es gebe auch noch andere Buchungsplattformen in Deutschland, die Kuwait Airways-Flüge im Angebot hätten. Allerdings werde nicht überall vorab wie bei Expedia.de die Staatsbürgerschaft der Reisenden abgefragt, erklärt Gelbart.

Transitflüge Airlines aus anderen arabischen Staaten beförderten sehr wohl Israelis auf Transitflügen, und Gesellschaften wie Saudi Arabian, die das nicht täten, träten im Gegensatz zu Kuwait Airways nicht als Anbieter von Umsteigeflügen aus Deutschland in fernöstliche Drittländer in Erscheinung.

Nathan Gelbart wird deutlich: »Das deutsche Luftverkehrsgesetz schreibt vor, dass jeder Passagier, der über gültige Reisedokumente verfügt, zu befördern ist. Ein Israeli, der von Frankfurt nach Thailand fliegt, egal über welches Drittland, hat gültige Reisepapiere für das Zielland. Für einen kurzen Transitaufenthalt am Flughafen Kuwait-City benötigt man kein Visum, sondern lediglich einen gültigen Flugschein für den Weiterflug.« So stehe es in den Bedingungen, die auf der Webseite des kuwaitischen Außenministeriums von jedermann eingesehen werden könnten.

Auf den Einwand hin, es gebe doch Alternativen für israelische Flugreisende, antwortet Gelbart, das deutsche Recht könne einem Passagier nicht vorschreiben, welche Fluglinien er nutzen dürfe und welche nicht. Denn das würde dazu führen, dass man sich eine Benachteiligung gefallen lassen müsste.

»Natürlich gibt es immer die Möglichkeit zu sagen, ich gebe mich mit der Diskriminierung zufrieden und suche mir stattdessen einen anderen Dienstleister. Aber damit ist unser Mandant im vorliegenden Fall nicht einverstanden. Er möchte sich gern, wie alle anderen aus Deutschland abfliegenden Passagiere auch, die Airline selbst aussuchen dürfen und sich nicht, weil er Jude oder Israeli oder beides ist, vorschreiben lassen, mit wem er zu fliegen hat. Die Zeiten, in denen Juden in Deutschland bestimmte Dienstleistungen nicht in Anspruch nehmen durften, haben wir glücklicherweise hinter uns«, betont Gelbart.

Für diesen Mittwoch ist am Landgericht Frankfurt die Verhandlung angesetzt. Der Rechtsanwalt rechnet damit, dass die Richter bis Mitte März ihr Urteil sprechen werden.

Auch die beiden anderen von ihm anwaltlich betreuten Klagen sind noch nicht abgeschlossen. Das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt will der Anwalt vor dem Bundesverfassungsgericht anfechten. Das Grundrecht seines Mandanten auf Gleichbehandlung sei verletzt worden. »Wer in Deutschland Israelis oder Juden nicht befördert, begeht ganz klar Verfassungsbruch«, so Gelbart.

Bundesregierung Auch die Bundesregierung ist in der Angelegenheit inzwischen tätig geworden und hat Kuwait Airways zusätzlich von der Fluggesellschaft beantragte Start- und Landerechte in Deutschland verweigert. Für Gelbart ist das ein unmittelbares Ergebnis seiner Klagen.

Noch effizienter fände er es allerdings, »wenn bis zu einer Beachtung deutschen Rechts und der Beendigung der Diskriminierung israelischer Passagiere die Start- und Landerechte für Kuwait Airways in Deutschland reduziert oder ganz entzogen würden.« Momentan bedient die umstrittene Fluglinie die Strecken von Frankfurt und München nach Kuwait-Stadt.

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