Berlin

»Kein Schluss mit dem Erinnern«

Raphael Gross Foto: dpa

Das geplante Dokumentationszentrum über die NS-Besatzungsherrschaft in Europa könnte nach Worten des Historikers Raphael Gross das internationale Vertrauen in Deutschland fördern.

»Unser Projekt kann eines der wichtigsten in Europa sein und sollte Priorität haben«, sagte der Präsident des Deutschen Historischen Museums (DHM) im Interview der »Süddeutschen Zeitung« (Freitag). Ende des Jahres wollen DHM-Experten unter Leitung des Schweizer Historikers ein Konzept des neuen Zentrums vorlegen. Zu dessen Schaffung hatte der Bundestag die Bundesregierung im Oktober 2020 aufgefordert.

besatzung Deutschland sei »so etwas wie eine Hegemonialmacht in Europa, allein aufgrund seiner wirtschaftlichen Stärke«, sagte Gross. Doch das, was 230 Millionen Menschen unter deutscher Besatzung erlitten hätten, sei »heute noch schmerzhaft relevant«.

Das gelte besonders für Menschen in der Ukraine, Russland, Polen, Belarus, den Niederlanden sowie für Juden, Roma und Sinti, Homosexuelle oder Zwangsarbeiter. »Wenn Deutschland nun prominent in der Bundeshauptstadt dokumentiert, dass es auch als Hegemonialmacht zu seiner Vergangenheit steht, gewinnt es damit weiteres Vertrauen«, so der Historiker.

Um »eine Art Schlussstrich«, den manche Politiker von der kommenden Einrichtung erwarteten, gehe es allerdings nicht, unterstrich Gross.

signal Viele Bundestagsabgeordnete würden im Ausland nach Ereignissen aus der NS-Zeit gefragt und glaubten: »Jetzt erledigen wir das und geben all diesen Ländern zu verstehen, dass wir uns zu dem bekennen, was wir zwischen 1939 und 1945 dort getan haben«, sagte Gross. »Aber das wollen wir gerade nicht; wir wollen immer neue Erkenntnisse darstellen, auch mit Forschungen und immer neuen Wechselausstellungen, und so den betroffenen Europäern signalisieren, dass dieses mächtige Deutschland nicht Schluss mit dem Erinnern macht, sondern eine lebendige Einrichtung schafft.«

Geschildert werden sollen Themen wie Zwangsarbeit, Hunger, Massenerschießungen, Vergasung, Euthanasie und Widerstand. Dabei wolle er auch über die Besatzungszeit hinausgehen und etwa beschreiben, wie die NS-Verbrechen nach 1945 in den beiden deutschen Staaten geahndet wurden, »oder vielmehr: wie sie zu 99 Prozent nicht geahndet wurden«. Die eigentliche Arbeit könne aber erst beginnen, wenn der neue Bundestag beschlossen habe: »Jawohl, wir machen das – und stellen dafür Geld zur Verfügung«, sagte Gross. kna

Krieg

Luftwaffe fliegt Deutsche aus Israel aus. Die Maschinen sind auf dem Rückweg in die Bundesrepublik

Die Hintergründe

von Anna Ringle  20.06.2025

Standpunkt

Vom Iran-Geschäft zum Krieg

Die verfehlte europäische Politik gegenüber dem Terror-Regime hat die israelischen Präventivschläge notwendig gemacht

von Stephan Grigat  20.06.2025

Meinung

Es geht um mehr als Deeskalation oder »Drecksarbeit«

In der deutschen Debatte um Israels Luftschläge gegen das Teheraner Regime wird das entscheidende ausgeklammert: die seit langem völlig verfehlte deutsche Iranpolitik

von Constantin Ganß  20.06.2025

Nikosia

Zypern bestätigt Ankunft von US-Militärflugzeugen

Die Menschen auf Zypern bemerken Nacht für Nacht die Raketen und die Luftabwehr über Israel. Nun verlegt das US-Militär Tank- und Transportflugzeuge auf die Insel

 20.06.2025 Aktualisiert

Umfragen

Mehrheit der Amerikaner wollen keine US-Beteiligung am Krieg gegen Iran

Zugleich sehen die meisten US-Bürger die Gefahr, die vom Teheraner Regime ausgeht

 20.06.2025

Nahost

UN arbeiten an Krisenplänen für Iran-Flüchtlinge

Menschen fliehen im Iran vor den israelischen Angriffen auf ihr Regime und dessen Atomprogramm. Manche suchen außerhalb der Städte Zuflucht, andere verlassen das Land. Wie sich das UN-Flüchtlingshilfswerk darauf einstellt

 20.06.2025

Großbritannien

Palästina-Aktivisten auf Rollern in Militärbasis eingedrungen

Die Gruppe »Palestine Action« will dabei zwei Transportflugzeuge der britischen Luftwaffe beschädigt haben

 20.06.2025

Krieg gegen Iran

Irans Außenminister lehnt Verhandlungen ab

Drei europäische Außenminister wollen in Genf Gespräche mit ihrem iranischen Amtskollegen führen. Es geht um eine Deeskalation im Konflikt mit Israel. Doch aus Teheran kommen andere Töne

 20.06.2025

Umfrage

Ansehen Israels in Deutschland verschlechtert sich seit Hamas-Massakern

Nur noch 13 Prozent der Befragten halten den Krieg gegen die Terroristen der Hamas für angemessen

 20.06.2025