Meinung

Kein Frieden mit Islamisten

Wenn Vertreter aller großen Religionsgemeinschaften gemeinsam zu einer Friedenskundgebung aufrufen, ist das prinzipiell eine schöne Sache. Vor allem, wenn auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) an Bord ist. Anders hingegen bei der Kundgebung, die am 16. März unter dem Motto »Religionen für ein weltoffenes Berlin« stattfand – am Breitscheidplatz, wo sich vor drei Monaten ein islamistischer Terroranschlag ereignete.

Neben Vertretern der Kirchen hatten zahlreiche islamische Verbände zu der »Friedenskundgebung« aufgerufen, darunter auch Organisationen, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden und die als Treffpunkte für Islamisten bekannt sind. Eine Panne? Vielleicht. Doch bereits im Vorfeld gab es massive Kritik, auch vom Zentralrat der Juden, auch aus der SPD – Michael Müller und die Kirchen hielten dennoch an ihrer Teilnahme fest. Bei der Kundgebung sagte ein Neuköllner Imam: »Ich weigere mich, diesen Terror als islamistisch oder islamischen Terror zu bezeichnen.«

freiheit Die SPD steht wie keine andere Partei für die Werte Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität, und das schon seit fast 154 Jahren. Die Partei hat sich in ihrer Geschichte stets gegen jede Form von Extremismus und Totalitarismus gestellt – viele Sozialdemokraten wurden deswegen verfolgt und ermordet. Willy Brandt fasste die Bedeutung von Freiheit folgerichtig zusammen: »Wenn ich sagen soll, was mir neben dem Frieden wichtiger sei als alles andere, dann lautet meine Antwort ohne Wenn und Aber: Freiheit. Die Freiheit für viele, nicht nur für die wenigen.«

Die Islamisten wollen genau diese Freiheit vernichten. Daher war es ein immenser Fehler, dass Michael Müller trotz aller Proteste an dieser Kundgebung teilgenommen hat. Gemeinsam mit Organisationen, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden, für ein weltoffenes Berlin zu demonstrieren, ist so absurd, als würde man gemeinsam mit der AfD gegen Rechtspopulismus auf die Straße gehen.

Der neue SPD-Vorsitzende Martin Schulz hat jüngst gesagt: »Wer aber unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit … elementare Grundrechte unserer Verfassung infrage stellt, … hat nicht nur den energischen Widerstand der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten zu erwarten – er hat in diesem Lande keinen Platz und nichts verloren.« Dem ist nichts hinzuzufügen.

Der Autor ist Vorsitzender des Arbeitskreises jüdischer Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten Berlin und Brandenburg.

Essay

Ausweg Palästina

Große Teile der Linken sind mit der Komplexität der Gegenwart überfordert. Orientierung suchen sie ausgerechnet im Hass auf den jüdischen Staat. Mit progressiver Politik hat das wenig zu tun

von Jessica Ramczik, Monty Ott  13.09.2025

Sachsenhausen

120 Minuten Holocaust

Angesichts des grassierenden Antisemitismus sollen Schüler zum Besuch einer NS-Gedenkstätte verpflichtet werden. Doch was kann eine Führung vor Ort tatsächlich bewirken?

von Mascha Malburg  13.09.2025

Brüssel

»Gegen EU-Grundwerte«: Kommission verurteilt Festival

Eine Sprecherin der Europäischen Kommission hat den Boykott der Münchner Philharmoniker und ihres Dirigenten Lahav Shani in die Nähe von Antisemitismus gerückt und scharf verurteilt

von Michael Thaidigsmann  12.09.2025

Belgien

»Ruf unseres Landes beschmutzt«: Premier rügt Gent-Festival

Premier Bart de Wever kritisiert die Leiter eines belgischen Festivals dafür, die Münchner Philharmoniker und ihren Dirigent Lahav Shani ausgeladen zu haben

 12.09.2025

Berlin

Humboldt-Universität will gegen Antisemitismus vorgehen

Präsidentin Julia von Blumenthal sieht ihre Hochschule für künftige Auseinandersetzungen rund um den Nahost-Konflikt gut vorbereitet

von Lukas Philippi  12.09.2025

Kommentar

Die Genozid-Lüge

Wie die Hamas nach dem 7. Oktober vom Täter zum Opfer wurde – und Israel zur Verkörperung des Bösen schlechthin

von Stephan Lehnstaedt  12.09.2025

Nachkriegsjustiz

Verhandlung über Massenmord: Vor 80 Jahren begann der Belsen-Prozess

Fünf Monate nach der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen erhob ein britisches Militärgericht in Lüneburg Anklage gegen die Täter. In einer Turnhalle begann damit vor 80 Jahren der erste große NS-Kriegsverbrecherprozess in Deutschland

von Karen Miether  12.09.2025

Belgien

Deutsche Botschaft beendet Partnerschaft mit Gent-Festival

Die Deutsche Botschaft in Brüssel hat nach der Ausladung der Münchner Philharmoniker ihre Zusammenarbeit mit dem Flandern-Festival in Gent eingestellt

von Michael Thaidigsmann  11.09.2025

Debatte

Zentralrat: Ausladung Shanis ist »fatales Signal«

Wer einen Künstler aufgrund seiner Staatsangehörigkeit oder seiner jüdischen Religion ausgrenzt und diskreditiert, trete die Demokratie mit Füßen

 11.09.2025