Antisemitismus

Kanye West: Rolle rückwärts bei Adidas

Kanye West machte mehrfach mit antisemitischen Aussagen von sich reden. Foto: IMAGO/Pond5 Images

Antisemitismus

Kanye West: Rolle rückwärts bei Adidas

Der neue Konzernchef nimmt den Rapper für dessen massiv judenfeindliche Aussagen in Schutz

 20.09.2023 16:32 Uhr

»Ich denke nicht, dass er es ernst gemeint hat. Ich denke nicht, dass er ein schlechter Mensch ist.« Mit diesen Worten hat Bjørn Gulden, seit einigen Monaten Vorstandsvorsitzender des Herzogenauracher Sportartikelherstellers Adidas, den umstrittenen amerikanischen Rapper Ye (vormals Kanye West) gegen massiv judenfeindliche Aussagen in Schutz genommen.

Das von Adidas im vergangenen Herbst verkündigte Ende der Geschäftsbeziehung mit West bedauerte der einstige norwegische Fußballprofi und frühere Chef des Adidas-Mitbewerbers Puma ausdrücklich. Gulden äußerte sich in einem auf YouTube veröffentlichten Podcast mit der Norges Bank Investment Management.

Auf dem Portal Twitter (heute X) hatte West (heute Ye) im Oktober 2022 geschrieben, dass er »3 jüdische Menschen zu Tode betrügen« werde und kryptisch hinzugefügt: »Ihr habt mit mir gespielt und versucht, jeden, der sich eurer Agenda widersetzt, anzuschwärzen.«

Später postete er ein Bild eines Hakenkreuzes, das mit einem Davidstern verwoben war, und lobte in einem Interview mit dem ultrarechten Talkshow-Host Alex Jones die Nationalsozialisten. »Ich sehe gute Dinge an Hitler«, sagte Ye damals. Die Nazis hätten »auch gute Dinge getan.« Er fügte hinzu: »Es gibt eine Menge Dinge, die ich an Hitler liebe.«

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

INTERVIEW Im Oktober 2022 beendete Adidas nach Protesten zahlreicher jüdischer Organisation, darunter auch des Zentralrats der Juden in Deutschland, die seit 2015 laufende Zusammenarbeit mit West. Seine Kommentare verstießen gegen »die Unternehmenswerte von Vielfalt und Integration, gegenseitigem Respekt und Fairness«, hieß es.

Mitte Mai diesen Jahres gab Adidas bekannt, dass man den Restbestand der Yeezy-Kollektion (überwiegend Schuhe) über im Internet verkaufen werde. Das Unternehmen wolle »einen signifikanten Betrag an ausgewählte Organisationen spenden«, hieß es damals in einer Pressemitteilung. Man setze sich »gegen Diskriminierung und Hass, einschließlich Rassismus und Antisemitismus«, ein. Als Partnerorganisationen, welche einen Anteil aus den Verkaufserlösen erhalten sollten, nannte Adidas damals die Anti-Defamation League (ADL) und das Philonise & Keeta Floyd Institute for Social Change.

Adidas-Chef Gulden verlautbarte damals: »Hass jeglicher Art hat im Sport und in der Gesellschaft keinen Platz, und wir setzen uns weiterhin für den Kampf dagegen ein.« Jonathan Greenblatt, Geschäftsführer der ADL, lobte das Unternehmen dafür, dass es »echte Umsicht« bewiesen habe. »In einer Zeit, in der Antisemitismus in den USA ein historisches Niveau erreicht hat und weltweit zunimmt, schätzen wir es, wie adidas eine negative Situation in ein sehr positives Ergebnis verwandelt hat«, sagte Greenblatt laut Adidas-Pressemitteilung vom 19. Mai 2023.

Doch anscheinend hat an der Konzernspitze ein Umdenken eingesetzt. »Ich denke, Kanye West ist einer der kreativsten Menschen der Welt«, sagte Bjørn Gulden jetzt im Podcast. »Sowohl in der Musik als auch in dem, was ich Straßenkultur nenne. Er ist extrem kreativ und hat zusammen mit Adidas die Yeezy-Linie geschaffen, welche sehr erfolgreich war. Und dann hat er als kreativer Mensch einige Statements abgegeben, die nicht so gut waren. Und das hat Adidas veranlasst, den Vertrag zu brechen und das Produkt zurückzuziehen. Sehr bedauerlich, denn ich glaube nicht, dass er es ernst gemeint hat, und ich glaube nicht, dass er ein schlechter Mensch ist - es kam nur so rüber.«

Eine der »erfolgreichsten Kollaborationen der Geschichte« nannte Gulden die Zusammenarbeit mit Kanye West. »Aber wie gesagt, wenn man mit Dritten zusammenarbeitet, kann so etwas passieren«, fügte er hinzu. »Das kann mit einem Sportler passieren, es kann mit einem Entertainer passieren. Es ist Teil des Geschäfts.«mth

Judenhass

Charlotte Knobloch warnt: Zukunft jüdischen Lebens ungewiss

Die Hintergründe

 16.11.2025

Extremismus

Beobachtungsstelle: Tausende christenfeindliche Straftaten in Europa

Europa gilt immer noch als christlicher Kontinent. Doch Experten warnen: Christen sind von einem Klima wachsender Intoleranz bedroht. Auch in Deutschland muss die Lage Besorgnis erregen

 16.11.2025

Deutschland

Auktion von Besitztümern von NS-Opfern abgesagt

Im Online-Katalog waren unter anderem Dokumente und Post von NS-Verfolgten aus Konzentrationslagern sowie Täterpost zu finden

 16.11.2025 Aktualisiert

Meinung

Mit Martin Hikel geht einer, der Tacheles redet

Der Neuköllner Bürgermeister will nicht erneut antreten, nachdem ihm die Parteilinke die Unterstützung entzogen hat. Eine fatale Nachricht für alle, die sich gegen Islamismus und Antisemitismus im Bezirk einsetzen

von Joshua Schultheis  16.11.2025

Berlin

Merz verspricht Schutz jüdischen Lebens in Deutschland

Bei der diesjährigen Verleihung des Preises für Verständigung und Toleranz im Jüdischen Museum Berlin an Amy Gutmann und David Zajfman gab Bundeskanzler Friedrich Merz ein klares Versprechen ab

 16.11.2025

Meinung

Die Ukrainer brauchen unsere Hilfe

Die Solidarität mit ukrainischen Geflüchteten in Deutschland nimmt ab. Aus einer jüdischen Perspektive bleibt es jedoch wichtig, auch weiterhin nicht von ihrer Seite abzuweichen

von Rabbinerin Rebecca Blady  16.11.2025

Berlin

Angriff auf Leiter deutsch-arabischer Schule in Neukölln

Al-Mashhadani gilt als Kritiker islamistischer Netzwerke und setzt sich für einen arabisch-israelischen Austausch ein

 15.11.2025

Debatte

»Hitler hatte eine unentdeckte genetische sexuelle Störung«

Eine neue britische Dokumentation über Adolf Hitler sorgt für Diskussionen: Kann die Analyse seiner DNA Aufschluss über die Persönlichkeit des Massenmörders geben?

 15.11.2025

Deutschland

Auschwitz-Komitee: Geplante Auktion ist schamlos 

Ein Neusser Auktionshaus will einen »Judenstern« und Briefe von KZ-Häftlingen und deren Angehörigen versteigern. Das internationale Auschwitz-Komitee reagiert

 15.11.2025