Antisemitismus-Forschung

Judenhass ist Teil des Schulalltags

Polizisten stehen vor dem Ernst-Abbe-Gymnasium in der Sonnenallee im Berliner Stadtteil Neukölln. Foto: picture alliance/dpa

Der hannoversche Antisemitismus-Forscher Wolfram Stender sieht angesichts des Nahost-Konfliktes wachsenden Antisemitismus an Schulen in Deutschland. »Auch wenn die Situation an Schulen wie in Berlin-Neukölln nicht verallgemeinerbar ist, bin ich mir ziemlich sicher, dass jüdische Schülerinnen und Schüler seit Jahrzehnten nicht mehr so stark in Gefahr waren wie aktuell«, sagte der Soziologe im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). »Dass jüdische Eltern ihre Kinder aus Sorge vor Angriffen nicht mehr in die Schule schicken, ist vor diesem Hintergrund absolut nachvollziehbar.«

Die Zahl der antisemitischen Angriffe sei seit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober sprunghaft gestiegen, sagte der Professor an der Hochschule Hannover. Stender forderte die Schulleitungen auf, deutlich Position für ein Existenzrecht Israels zu beziehen und ebenso deutlich die Terrorakte der Hamas zu verurteilen.

»Wenn über Israel gesprochen wird, sind viel Unwissen und Halbwissen im Spiel und noch mehr Fake News, Lügen und absichtliche Falschdarstellungen«, beklagte er. »Das nimmt gerade jetzt wieder rasant zu.« Dabei seien es keineswegs nur rechte oder bestimmte muslimische Milieus, die den Staat Israel dämonisierten. Gleiches geschehe auch von links und aus der Mitte der Gesellschaft.

»Wenn über Israel gesprochen wird, sind viel Unwissen und Halbwissen im Spiel und noch mehr Fake News, Lügen und absichtliche Falschdarstellungen«

Antisemitismus-Forscher Wolfram Stender
Antisemitismus im postkolonialen Gewand

Stender kritisierte in diesem Zusammenhang die jüngsten Äußerungen der internationalen »Fridays for Future«-Bewegung als »unsäglich«. »Da wird israelbezogener Antisemitismus in ein pseudokritisches, postkolonial-antirassistisches Gewand gekleidet.« Auf diese Weise wähnten sich die Israel-Kritiker dann auf der vermeintlich moralisch richtigen Seite der Unterdrückten, sagte der Wissenschaftler. »Diese Form von Antisemitismus ist leider ziemlich weit verbreitet, übrigens auch in manchen kirchlichen Kreisen.«

»Fridays for Future International« hatte auf Instagram von einem »Genozid« gegen Palästinenser im Gaza-Streifen und von Israel als Apartheidstaat gesprochen.

Die Lehrerinnen und Lehrer seien gefordert, angesichts antisemitischer Vorfälle sofort einzugreifen, betonte Stender. »Lehrer und Lehrerinnen müssen in der Lage sein, den Schülerinnen und Schülern zu erklären, was genau an ihrer Äußerung oder Handlung antisemitisch ist und warum dies keine Meinung, sondern ein Gewaltakt ist.« Wenn ein solches Eingreifen nicht ausreiche, seien Sanktionen bis hin zu rechtlichen Ordnungsmaßnahmen unverzichtbar.

Aktuell gehe es aber vor allem um den Schutz von Jüdinnen und Juden auch an den Schulen, sagte Stender. »Was wir brauchen, auch in Niedersachsen, ist eine Taskforce gegen Antisemitismus, die die jüdischen Gemeinden aktiv und konkret schützt und professionell und systematisch gegen Antisemitismus vorgeht.«

Hanau

Antisemitisches Plakat an Schule: Staatsschutz ermittelt

In einem angrenzenden Park gab es eine Veranstaltung der Jüdischen Gemeinde. Besteht ein Zusammenhang?

 30.04.2025

Jom Hasikaron

Israel gedenkt der Terroropfer und Kriegstoten

Seit dem 7. Oktober 2023 sind 850 israelische Soldaten und 82 Sicherheitskräfte getötet worden

 30.04.2025

Josef Schuster

»Was bedeutet die Schoa heute noch für Deutschland?«

In seiner Rede zum 80. Jahrestag der Befreiung des KZ Bergen-Belsen reflektiert der Zentralratspräsident die Herausforderungen und Gefahren, vor denen die Erinnerung an die Schoa heute steht. Eine Dokumentation

von Josef Schuster  29.04.2025

Mauthausen

Überlebenswunderkind Eva Clarke: Geburt im KZ vor 80 Jahren

Es war eines der größten und gefürchtetsten Konzentrationslager der Nazizeit. Im Mai 1945 wurde es von US-Soldaten befreit. Unter den Überlebenden waren eine Mutter und ihr Neugeborenes

von Albert Otti  29.04.2025

Umfrage

Mehrheit hält AfD wegen deutscher Geschichte für unwählbar

Zum 80. Jahrestag des Kriegsendes fragt die »Memo«-Studie Menschen in Deutschland nach dem Blick zurück

 29.04.2025

Potsdam

Brandenburgs CDU-Chef Redmann fordert besseren Schutz für Synagoge

Vermutlich wurde in Halle ein zweiter Anschlag auf die Synagoge verhindert. Brandenburgs CDU-Chef Redmann fordert deshalb dazu auf, auch die Potsdamer Synagoge besser zu schützen

 29.04.2025

Menschenrechte

Immer schriller: Amnesty zeigt erneut mit dem Finger auf Israel

Im neuesten Jahresbericht der Menschenrechtsorganisation wirft sie Israel vor, einen »live übertragenen Völkermord« zu begehen

von Michael Thaidigsmann  29.04.2025

Berlin

Streit um geforderte Yad-Vashem-Straße

Zwischen dem Freundeskreis Yad Vashem und dem Roten Rathaus herrscht Unmut

von Imanuel Marcus  29.04.2025

Den Haag

Strafgerichtshof verpflichtet Chefankläger zur Vertraulichkeit

Karim Khan, der unter anderem gegen Benjamin Netanjahu einen Haftbefehl erwirkt hat, darf einem Bericht des »Guardian« zufolge künftig nicht mehr öffentlich dazu Stellung nehmen

 29.04.2025