Debatte

Israelische Künstlerin tritt aus Documenta-Kommission zurück

Die 15. Ausgabe der Documenta war von Antisemitismus-Skandalen überschattet. Foto: picture alliance/dpa

Die israelische Malerin, Philosophin und Psychoanalytikerin Bracha Lichtenberg Ettinger ist von ihrer Funktion als Mitglied der Documenta-Findungskommission zurückgetreten. Dies teilte sie in einem Brief mit, über den der »Spiegel« und andere Publikationen berichteten.

Hintergrund des Rücktritts sind die »dunklen Zeiten«, durch die die Welt derzeit geht. Anzunehmen ist, dass auch das überlaute Schweigen der Kunstwelt zum Hamas-Massaker am 7. Oktober in Israel gemeint ist beziehungsweise das Relativieren dieser Morde.

Der jüngste Skandal um den indischen Schriftsteller Ranjit Hoskoté, der zumindest bisher weiterhin zur Findungskommission gehört, ist laut Bracha Lichtenberg Ettinger nicht der Grund für ihren Rücktritt. Sie gab an, erst nach dem Verfassen ihres Briefes von dem Vorfall erfahren zu haben.

Hoskoté hat eine Petition der antisemitischen BDS-Bewegung unterzeichnet. Dies ist ein erhebliches Problem, da die Kommission antisemitische Tendenzen nicht befördern, sondern verhindern soll.

Höchst verantwortungsvolle Aufgabe

Zentrale Aufgabe der Findungskommission ist es, die künstlerische Leitung der 16. Ausgabe der Documenta auszuwählen, die 2027 in Kassel stattfindet. Vor allem nach den Antisemitismus-Skandalen der 15. Ausgabe und der schleppenden Aufarbeitung ist dies eine höchst verantwortungsvolle Aufgabe.

Laut »Spiegel« hatte Bracha Lichtenberg Ettinger vor ihrem Rücktritt für eine Verschiebung der Entscheidung über die künstlerische Leitung plädiert - aufgrund der momentanen Situation in und um Israel. Unklar ist, wie dies von den anderen Kommissionsmitgliedern aufgenommen wurde.

Neben ihr und Hoskoté sind die in Shanghai lehrende Kunstprofessorin Gong Yan, der in Paris ansässige Dozent, Kunstkritiker und Romanautor Simon Njami, die in Wien lehrende Kunstdozentin Kathrin Rhomberg sowie Maria Ines Rodriguez, die seit 2018 Kuratorin für moderne und zeitgenössische Kunst am Museu de Arte de São Paulo in Brasilien ist, Mitglieder der Kommission.

Zusammengebrochen und zersplittert

Den Brief mit der Ankündigung ihres Rücktritts schickte Bracha Lichtenberg Ettinger an die Geschäftsführung der Documenta und die anderen Kommissionsmitglieder.

Die Situation im Nahen Osten sei aus jeder Perspektive tragisch, schreibt Ettinger laut »Spiegel« darin. »Unschuldige Zivilisten litten und starben, und mein Herz weint um jeden Toten auf allen Seiten. Jedes Leben ist kostbar«, heißt es in dem Schreiben.

»Vor Kurzem habe ich in zwei E-Mails an Sie alle darum gebeten, den Prozess zu verlangsamen«, schrieb sie weiter. »Die Kunstwelt, wie wir sie uns vorgestellt haben, ist zusammengebrochen und zersplittert, schrieb ich, und fügte hinzu: Was kann die Kunst in unseren dunklen Zeiten bringen?«

Ihre Aufgaben in der Kommission wahrzunehmen, war für die in Israel lebende 75-jährige Bracha Lichtenberg Ettinger nach der Terrorattacke der Hamas am 7. Oktober auch logistisch schwierig geworden. Wegen gestrichener Flüge konnte sie zur letzten Zusammenkunft des Gremiums nicht anreisen. im

Vorwürfe

»Es gibt keine Hungersnot in Gaza. Es gibt keine Politik des Aushungerns«

Israel weist die Erklärung einer Hungersnot in Teilen des Gazastreifens zurück. Regierungschef Netanjahu bezeichnet gegenteilige Berichte als Lüge

von Eva Krafczyk  22.08.2025

Auschwitz-Prozess

Kein einziges menschliches Wort

Vor 60 Jahren fiel das Urteil gegen 20 NS-Verbrecher in Frankfurt. Sie zeigten keine Reue

von Christoph Arens, Mascha Malburg  22.08.2025

Meinung

Embargo gegen Israel: Merz´ gefährliche Botschaft

Die Bundesregierung hat ein Exportverbot für Waffen an Israel verhängt und sendet damit fatale Signale: An Israel, an die Hamas und deren Unterstützer - und an die Juden in Deutschland

von Remko Leemhuis  22.08.2025

Berlin

Weimer warnt vor wachsender Ausgrenzung jüdischer Künstler

Jüdische Künstlerinnen und Künstler in Deutschland haben zunehmend mit Anfeindungen und Ausgrenzungen zu kämpfen. Kulturstaatsminister Weimer und der israelische Botschafter wollen zusammen dagegen vorgehen

von Daniel Zander  22.08.2025

Berlin

»In der Schule in Teheran musste ich beim Morgenappell ›Tod Israel‹ rufen«

Eine Lehrerin brachte ihm Verantwortung für jüdisches Leben bei: Grünen-Politiker Omid Nouripour hat einen ungewöhnlichen Weg zur Integration hinter sich. Er fordert mehr Einsatz für Migranten

 22.08.2025

Berlin

Ahmad Mansour kritisiert Begriff »antimuslimischer Rassismus«

Für den Islamismus-Experten handelt es sich um einen gefährlichen Kampfbegriff. Er tabuisiere Islamkritik und erkläre Muslime zu Opfern. Doch anders als Juden könnten sie in Deutschland sicher leben

von Gottfried Bohl  22.08.2025

Berlin

300 Wissenschaftler fordern Boykott israelischer Universitäten

Auch »Völkermord« wird Israel in dem Schreiben vorgeworfen. Der Terror der Hamas wird hingegen nicht erwähnt

 22.08.2025

Beirut

Entwaffnung im Libanon: Erste Aktion in palästinensischem Lager

Ministerpräsident Nauaf Salam begrüßt den »Beginn des palästinensischen Waffenübergabeprozesses«

 22.08.2025

Berlin

Ron Prosor: Deutschland muss klare Unterstützung zeigen

In einem Interview spricht der israelische Botschafter über die Kritik an seinem Land, dessen Versuch, eine Zweistaatenlösung zu erreichen und die Sicherheit von Juden in Deutschland

 22.08.2025