Debatte

»In angemessener Form«

Herr Feist, Sie haben in der vergangenen Woche mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gesprochen. Thema war die Debatte um die Dienstvilla in Berlin-Dahlem. Was ist das Ergebnis?
Im Gespräch wurde deutlich, was ich schon vermutet habe: Der Bundespräsident und sein direktes Umfeld hatten von dem Vorgang keinerlei Kenntnis, bis dieser in den Medien öffentlich wurde. Offensichtlich war dies irgendwo im Amt in Bearbeitung, aber nicht auf seinem Tisch gelandet. Der Bundespräsident hatte mich zu dem Gespräch eingeladen, um mir zu verdeutlichen, dass es ihm ein wichtiges Anliegen ist. Er bekräftigte, dass er sehr froh sei, dass ich mich darum gekümmert habe, und bedankte sich für meine Initiative.

Im Juni hatten Sie sich erstmals schriftlich an den Bundespräsidenten gewandt.
Ja, das war mein erster Brief. Darauf erhielt ich lediglich ein sehr förmliches Schreiben, ohne dass auf die detaillierten Fragen wirklich eingegangen wurde. Daraufhin habe ich erneut geschrieben, und nun fand das Treffen statt.

Nach der Unterredung sprachen Sie von einer erfreulichen Wendung. Wie sieht die aus?
Die erfreuliche Wendung liegt in der Erkenntnis, dass der Vorgang nun auf dem richtigen Weg ist. In dem einstündigen Gespräch hat mir der Bundespräsident nochmals bestätigt, dass er sobald wie möglich einen geeigneten Umgang mit der jüdischen Vergangenheit der Villa erreichen will. Es gibt ein Gutachten, Gespräche finden statt. Er sieht es als Verpflichtung, an den Menschen zu erinnern, dessen Haus sich die Nazis unter den Nagel gerissen hatten. Und er will erst dann in die Dienstvilla einziehen, wenn dieses Gedenken in einer würdigen Form geschehen ist.

Wie soll das konkret aussehen?

Er hat vorgeschlagen, dass nicht nur mit einer Gedenkplakette oder Stele an den Vorbesitzer erinnert wird, sondern eventuell auch mit einem Foto oder einem Gemälde. Sollte sich ein Bild der früheren Besitzerfamilie finden, könnte es Platz in der Präsidentenvilla finden. Das halte ich für einen sehr guten Vorschlag. Ich habe den Eindruck, dass das Gedenken in angemessener Form und zeitnah umgesetzt werden soll.

Was ist der Anlass für Ihr Engagement?

Mein Urgroßvater, der die Schoa überlebt und die jüdische Gemeinde in Leipzig wieder mit aufgebaut hat, hatte vor dem Krieg ein Pelzgeschäft, das er 1933 verkaufen musste. Da gibt es Parallelen zum Verkauf der Villa in Dahlem, die der damalige Besitzer Hugo Heymann im Jahr 1933 veräußerte. Das geschah offensichtlich genauso wenig freiwillig wie im Falle meines Urgroßvaters. Daran muss erinnert werden. Schließlich geht es auch in diesem Fall nicht um den Verkauf einer Immobilie, sondern um das Schicksal eines verfolgten Menschen. Und es gehört zu unserer Verantwortung, dass wir das Gedenken an die Opfer der dunkelsten Zeit unserer Geschichte wachhalten.

Mit dem Leipziger Bundestagsabgeordneten (CDU) sprach Detlef David Kauschke.

Senat

Mehrere Berliner Abgeordnete verlassen Linkspartei

Wegen eines Antisemitismus-Streits kehren einige Politiker der Linkspartei den Rücken - auch der ehemalige Senator Klaus Lederer

 23.10.2024

Straßburg

Alle Klarheiten beseitigt

Der Streit über EU-Gelder für die Palästinenser und die UNRWA entzweit das Europäische Parlament

von Michael Thaidigsmann  23.10.2024

USA/Israel

FBI übernimmt Ermittlungen nach Geheimdienstleck

Dokumente über Israels Vorbereitungen für einen Angriff gegen den Iran gelangten an die Öffentlichkeit. Wer steckt dahinter?

 23.10.2024

Washington D.C.

Trump wollte »Militärs wie Hitlers Generäle«

Sein ehemaliger Stabschef John Kelly erinnert sich an höchst problematische Aussagen

 23.10.2024

Herta Müller

»Das Wort ›Märtyrer‹ verachtet das Leben schlechthin«

Die Literaturnobelpreisträgerin wurde mit dem Arik-Brauer-Publizistikpreis ausgezeichnet. Wir dokumentieren ihre Dankesrede

von Herta Müller  23.10.2024

Dokumentation

»Eine Welt ohne Herta Müllers kompromisslose Literatur ist unvorstellbar«

Herta Müller ist mit dem Arik-Brauer-Publizistikpreis ausgezeichnet worden. Lesen Sie hier die Laudatio von Josef Joffe

von Josef Joffe  23.10.2024

Antisemitismus

Auch in Halle Stolpersteine gestohlen

In Halle wurden ebenfalls Stolpersteine aus dem Boden gebrochen

 22.10.2024

USA

Israelfeindliche Gruppen an Unis werden immer radikaler

Auch an der Columbia University ist die Situation alarmierend

von Imanuel Marcus  22.10.2024

Umfrage

Grüne am ehesten für Waffenexporte nach Israel

Die Mehrheit der Deutschen lehnt Waffenlieferungen an den jüdischen Staat jedoch ab

 22.10.2024