Wuligers Woche

Ich darf das, ich bin Achteljude

Mario Barth kann gar nicht rassistisch und rechts sein. Denn: »Mein Urgroßvater mütterlicherseits war Jude.« Foto: imago

Wuligers Woche

Ich darf das, ich bin Achteljude

Wie man sich erfolgreich gegen Vorwürfe der Rechtslastigkeit wappnet

von Michael Wuliger  31.07.2017 15:59 Uhr

Mario Barth ist Deutschlands vielleicht erfolgreichster Comedian. Mit Sprüchen wie »Meine Fans sind sooo heiß, die haben gar keine Schlüpper mehr an!« füllt er ganze Stadien. Prolls zu amüsieren aber reicht dem 44-Jährigen offenbar nicht. Er strebt nach Höherem. Vor ein paar Monaten hat er sich aufs politische Parkett gewagt und sich unter Beifall von Rechtspopulisten wie dem österreichischen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache als »Lügenpresse«-Kritiker versucht. Prompt wurde der Unterschichtenkomiker ins rechte Eck gestellt.

Zu Unrecht, wie Barth meint. Rechts, rassistisch gar, könne er gar nicht sein, erklärte er vorige Woche in einem Interview des »Stern«, denn: »Mein Urgroßvater mütterlicherseits war Jude.« Dann ist ja alles klar. Für den Titel seiner nächsten Tournee kann Barth sich jetzt bei Oliver Polak bedienen: »Ich darf das, ich bin Achteljude.«

Abstammung Nicht jeder freilich hat das Glück, einen jüdischen Uropa zu besitzen. Keine Sorge. Wo der Rekurs auf die Abstammung nichts bringt, führe man die Folgegeneration ins Feld. Christiane Dienel etwa, die Präsidentin der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst in Hildesheim, verteidigte sich, als 2016 an ihrer Einrichtung Lehrveranstaltungen mit judenfeindlicher Propaganda ruchbar wurden, unter anderem mit dem Verweis darauf, dass sie ihren Kindern jüdische Vornamen gegeben habe.

Das Argument hatte freilich etymologische Lücken. Ein Sohn von Dienel heißt beispielsweise Raban. Klingt sicherlich irgendwie jüdisch – Raban, Rabin, Rabbi? –, ist allerdings ein urgermanischer Name, der von dem althochdeutschen »hraban« – der Rabe – stammt. Vielleicht musste Frau Dienel deshalb schlussendlich doch zurücktreten.

Wer weder Vorfahren noch Nachkommen als jüdische Persilscheine zur Verfügung hat, kann notfalls auch auf Gegenstände zurückgreifen. Der baden-württembergische AfD-Politiker Wolfgang Gedeon, dessen Judenfeindschaft selbst seinen eigenen Parteigenossen peinlich wurde, weshalb sie ihn aus der Fraktion – nicht aber aus der Partei – rauswarfen, wies Vorwürfe des Antisemitismus 2016 im Stuttgarter Landtag mithilfe eines Chronometers zurück: »Meine Damen und Herren, (...) ich schaue auf meine Uhr (...). Diese Uhr hat ein jüdischer Geschäftsfreund meines Vaters vor vielen Jahren meinem Vater geschenkt, 1947, kurz vor meiner Geburt. Deswegen brauche ich nur auf meine Uhr zu schauen, um zu wissen, dass ich kein Antisemit bin.«

Adoption Für Juden tun sich jedenfalls neue Einkommensquellen auf. Wie verarmte Adelige es machen, könnte man gegen entsprechende Bezahlung Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens adoptieren, die dann kraft jüdischer Familienzugehörigkeit gegen Antisemitismusverdacht oder Vorwürfe der Rechtslastigkeit gefeit wären.

Für kleineres Geld gäbe es original von echten Juden benutzte Objekte. Ich hätte gegen Höchstgebot eine Krawatte abzugeben, mit Rotweinflecken, und am unteren Rand ausgefranst. Interessierte schicken bitte ihre Offerte an die Redaktion.

Canberra

Jüdischer Ex-Minister wirft Führung Versagen beim Schutz von Juden vor

»Viele von uns haben davor gewarnt, dass dieser Tag kommen würde«, sagte Frydenberg in einem Fernsehinterview

von Imanuel Marcus  15.12.2025

Sydney

Milliardär spendet fast 100.000 Dollar für Helden von Bondi Beach

Für seine Heldentat am Bondi Beach wird der mit Schussverletzungen im Krankenhaus befindliche Ahmed el Ahmed belohnt

 15.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  15.12.2025

Australien

Polizei: Angreifer in Sydney waren Vater und Sohn 

Weitere Details des judenfeindlichen Terroranschlags werden bekannt

von Denise Sternberg  14.12.2025

Hintergrund

Der Held von Sydney

Laut australischen Medien handelt es sich um einen 43-jährigen muslimischen Vater von zwei Kindern, der einen Laden für lokale Produkte betreibt

 14.12.2025

Jerusalem

Israels Regierungschef wirft Australien Tatenlosigkeit gegen Judenhass vor

Nach einem Anschlag in Sydney fordert Netanjahu von Australien entschlosseneres Handeln gegen Judenhass. Er macht der Regierung einen schweren Vorwurf

 14.12.2025

Kommentar

Müssen immer erst Juden sterben?

Der Anschlag von Sydney sollte auch für Deutschland ein Weckruf sein. Wer weiter zulässt, dass auf Straßen und Plätzen zur globalen Intifada aufgerufen wird, sollte sich nicht wundern, wenn der Terror auch zu uns kommt

von Michael Thaidigsmann  14.12.2025

Meinung

Blut statt Licht

Das Abwarten, Abwiegeln, das Aber, mit dem die westlichen Gesellschaften auf den rasenden Antisemitismus reagieren, machen das nächste Massaker nur zu einer Frage der Zeit. Nun war es also wieder so weit

von Sophie Albers Ben Chamo  14.12.2025 Aktualisiert

Anschlag in Sydney

Felix Klein: »Von Terror und Hass nicht einschüchtern lassen«

Zwei Männer töten und verletzen in Sydney zahlreiche Teilnehmer einer Chanukka-Feier. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung äußert sich zu der Tat

 14.12.2025