Interview

»Honecker wollte nach Amerika«

Herr Schulz, das ZDF zeigt am Sonntag (23.40 Uhr) Ihren Dokumentarfilm »Spitzel in der Synagoge«. Bringen Sie neue Enthüllungen?
Nein. Der Film stellt dar, wie Juden in der DDR von SED und Stasi behandelt wurden. Dieses Kapitel der Geschichte ist kaum bekannt.

Wie sind Sie darauf gekommen, darüber zu recherchieren?
Ich habe mich in den letzten Jahren mehrmals mit jüdischen Themen beschäftigt. Und da ich von 1973 bis 1979 als dpa-Korrespondent in Ost-Berlin gearbeitet habe, lag es nahe, den Blick auch mal auf die DDR zu richten.

War es leicht, Interviewpartner zu finden?
Ich bin wochenlang kreuz und quer durch die ehemalige DDR gefahren und habe in jüdischen Gemeinden und Stasi-Archiven recherchiert. Mehrere Interviewanfragen wurden zurückgewiesen, weil etliche Zeitzeugen sich nicht vor der Kamera äußern wollten. Zur Begründung hieß es, man wolle die alten Geschichten nicht wieder aufwühlen. Andere Zeitzeugen waren zu Hintergrundgesprächen bereit, allerdings nicht vor der Kamera. Und wieder andere gaben sich durchaus auskunftsfreudig, manchmal sogar selbstkritisch und meinten, die jüdischen Gemeinden hätten zu intensiv mit dem SED-Regime zusammengearbeitet.

Haben Sie auch mit ehemaligen Informellen Stasi-Mitarbeitern, sogenannten IMs, gesprochen?
Ja, soweit man das der Literatur entnehmen kann, sind unter meinen Gesprächspartnern auch Personen, die – in welcher Form auch immer – mit der Stasi zusammengearbeitet haben.

Warum bespitzelte die Stasi die jüdischen Gemeinden?
Seit Anfang der 50er-Jahre waren Juden der SED und dem Stasi-Apparat suspekt. Das hatte verschiedene Gründe: Sie äußerten Sympathie für den Staat Israel, und viele hatten Kontakt zu Freunden und Verwandten in west- lichen Ländern. Eine Gesprächspartnerin in Dresden hat mir sehr eindrücklich geschildert, wie Stasi-Leute in die Privatwohnungen jüdischer Familien eindrangen und dort hebräische Gebetsbücher fanden, die sie für feindliche Literatur hielten. Es gab eine Menge Un- kenntnis über das Judentum.

Es geht in Ihrem Film, auch wenn es der Titel suggeriert, aber nicht nur um die Stasi.
Nein, es geht auch um die Frage, ob die DDR ein antisemitischer Staat war. Ich versuche, die Widersprüchlichkeit der DDR-Politik gegenüber den jüdischen Staatsbürgern darzustellen. Was viele nicht wissen: Im letzten Jahr vor dem Zusammenbruch der DDR umarmte Staats- und Parteichef Erich Honecker die Juden förmlich, weil er sich in Amerika beliebt machen wollte. Er versuchte, den Handel mit dem »Klassenfeind« anzukurbeln und hoffte insgeheim, dass ihm »die Juden« helfen, eine Einladung ins Weiße Haus zu bekommen.

Mit dem Dokumentarfilmer und früheren Leiter des ZDF-Studios in Tel Aviv sprach Tobias Kühn.

Istanbul

Türkei nimmt 115 mutmaßliche IS-Mitglieder fest

Die Verdächtigen sollen Anschläge während der Weihnachts- und Neujahrszeit geplant haben

 25.12.2025

Australien

Mann solidarisiert sich mit Sydney-Attentätern – Festnahme

Bei dem Verdächtigen wurden Einkaufslisten für den Bau einer Bombe und Munition gefunden. Es erging bereits Anklage

 24.12.2025

Washington

US-Regierung nimmt deutsche Organisation HateAid ins Visier

Die beiden Leiterinnen wurden wegen angeblicher Zensur amerikanischer Online-Plattformen mit Einreiseverboten belegt. Die Bundesregierung protestiert

 24.12.2025

Großbritannien

Israelfeindlicher Protest: Greta Thunberg festgenommen

In London treffen sich Mitglieder der verbotenen Gruppe Palestine Action zu einer Protestaktion. Auch die schwedische Aktivistin ist dabei. Die Polizei schreitet ein

 23.12.2025

Stockholm

Was bleibt von den Mahnungen der Überlebenden?

Der Schoa-Überlebende Leon Weintraub warnt vor der AfD und Fanatismus weltweit. Was für eine Zukunft hat die deutsche Erinnerungskultur?

von Michael Brandt  23.12.2025

Israel

Netanjahu warnt Türkei

Israel will die Zusammenarbeit mit Griechenland und Zypern stärken. Gleichzeitig richtet der Premier scharfe Worte an Ankara

 23.12.2025

New York

Mitglieder von Mamdanis Team haben Verbindungen zu »antizionistischen« Gruppen

Laut ADL haben mehr als 80 Nominierte entsprechende Kontakte oder eine dokumentierte Vorgeschichte mit israelfeindlichen Äußerungen

 23.12.2025

Düsseldorf

Reul: Bei einer Zusammenarbeit mit der AfD wäre ich weg aus der CDU

Die CDU hat jede koalitionsähnliche Zusammenarbeit mit der AfD strikt ausgeschlossen. Sollte sich daran jemals etwas ändern, will Nordrhein-Westfalens Innenminister persönliche Konsequenzen ziehen

 23.12.2025

Interview

»Diskrepanzen zwischen warmen Worten und konkreten Maßnahmen«

Nach dem Massaker von Sydney fragen sich nicht nur viele Juden: Wie kann es sein, dass es immer wieder zu Anschlägen kommt? Auch der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antisemitismus, Felix Klein, sieht Defizite

von Leticia Witte  22.12.2025