Bundestag

Historische Verantwortung zum Schutz jüdischen Lebens

Der Deutsche Bundestag Foto: picture alliance/dpa

Zum 85. Jahrestag der NS-Pogromnacht von 1938 hat sich der Bundestag besorgt über den zunehmenden Antisemitismus in Deutschland gezeigt und zum Schutz jüdischen Lebens aufgerufen. Dass Jüdinnen und Juden heute auch in Deutschland offenen Antisemitismus und Hass erlebten, sei unerträglich, sagte die Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) am Donnerstag. »Die historische Verantwortung Deutschlands für den Holocaust muss sich jetzt in konkretem Handeln zeigen.« Bas wies auf die Lehre aus dem Holocaust hin, dass sich solche Mordtaten nie wiederholen dürften. »Nie wieder ist jetzt.«

Die Debatte wurde von der 102-jährigen Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer, dem Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, und dem israelischen Botschafter Ron Prosor verfolgt. Die Abgeordneten begrüßten sie mit langem Beifall.

Özdemir will Verhältnis zu Ditib und anderen Verbänden prüfen

Bundesinnenministerin Nancy Faeser betonte, die deutsche Demokratie setze sich zur Wehr. Die SPD-Politikerin verwies auf die erlassenen Betätigungsverbote für die islamistische Hamas-Bewegung und das Netzwerk Samidoun. Den deutschen Ableger von Samidoun habe sie aufgelöst. »Wir arbeiten schon an weiteren Verboten.« Aus der Erinnerung an den Zivilisationsbruch des Holocaust heraus sei es wichtig, heute nicht zu schweigen, wenn Jüdinnen und Juden zur Zielscheibe von Hass und Hetze würden.

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir rief zum gemeinsamen Schutz jüdischen Lebens auf. »Es ist vornehmste republikanische Pflicht eines jeden Bürgers dieses Landes, von uns allen, sich dem antisemitischen Hass entgegenzustellen.« Der Grünen-Politiker forderte auch, das Verhältnis zu muslimischen Dachverbänden zu überprüfen. »Erst nach Aufforderung Antisemitismus auf Deutsch verurteilen, um danach auf Türkisch und Arabisch das Gegenteil zu sagen, das darf künftig nirgendwo mehr durchgelassen werden.«

Union fordert schärferes Vorgehen gegen antisemitische Demos

Die Union warf der Ampel-Koalition vor, nicht scharf genug gegen Antisemitismus vorzugehen, der sich insbesondere seit dem Überfall der Hamas auf Israel und dem Gegenschlag der israelischen Armee bei Demonstrationen zeigt. »Der Kampf gegen Judenhass auf unseren Straßen gehört nicht nur ins Plenarprotokoll, sondern mit konkreten Maßnahmen ins Bundesgesetzblatt«, betonte Alexander Dobrindt, der Vorsitzende der CSU-Abgeordneten. Antisemitismus müsse als besonders schwerer Fall der Volksverhetzung eingestuft und Hetze gegen Israel mit einer Mindestfreiheitsstrafe von sechs Monaten belegt werden.

Deutschland müsse sich selbstkritisch fragen, ob man aufmerksam genug hingeschaut habe und ob die Sichtbarkeit jüdischen Lebens zur Selbstverständlichkeit geworden sei, sagte die FDP-Abgeordnete Linda Teuteberg. »Nein, das ist ein bitterer, ein beschämender Befund in diesen Tagen.« FDP-Fraktionschef Christian Dürr betonte, er erwarte von jedem, unabhängig von der Herkunft, dass er sich dem Schutz jüdischen Lebens in Deutschland verpflichtet fühle. Zuwanderer, die diese Werte nicht teilten, seien nicht willkommen. Bedauerlicherweise seien in der Vergangenheit auch Menschen eingebürgert worden, »obwohl sie antisemitisch auffällig geworden sind«.

Der Vorsitzende der Linksfraktion, Dietman Bartsch, nannte es allerdings falsch, nur von »importiertem Antisemitismus« zu sprechen. Der Antisemitismus sei auch nach der Niederschlagung der Nazis 1945 nicht weg gewesen, weder im Osten noch im Westen. Für die AfD machte dagegen Beatrix von Storch allein die Migrationspolitik für den neuen Judenhass verantwortlich. »Diesen Antisemitismus, der real jüdisches Leben und die Existenz Israels bedroht und auslöschen will, finden wir nicht unter der arbeitenden deutschen Bevölkerung.« dpa

Spionage-Skandal

Außenminister Wadephul bestellt iranischen Botschafter ein

Der CDU-Politiker rief außerdem zum Schutz von Juden in Deutschland auf

 01.07.2025

Berlin

Ausstellung »Die Nazis waren ja nicht einfach weg« startet

Die Aufarbeitung der NS-Zeit hat in den vergangenen Jahrzehnten viele Wendungen genommen. Eine neue Ausstellung in Berlin schaut mit dem Blick junger Menschen darauf zurück

von Lukas Philippi  01.07.2025

Kirchen

Theologe Staffa kritisiert Apartheidsbeschluss des Weltkirchenrates

Der Apartheidsvorwurf sei einfach falsch, sagte der christliche Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christen und Juden beim Deutschen Evangelischen Kirchentag

von Stephan Cezanne  01.07.2025

Berlin

Schuster: Vernichtungsfantasien des Mullah-Regimes gegen Israel und Juden nicht mehr kleinreden

In Dänemark wurde ein Spion festgenommen, der für den Iran jüdische und pro-israelische Ziele ausspioniert haben soll - darunter auch den Zentralrat der Juden

 01.07.2025

Festnahme

Spion soll für Iran jüdische Einrichtungen in Deutschland ausgespäht haben

Der Tatverdächtige wurde in Dänemark festgenommen

von Nils Kottmann  01.07.2025 Aktualisiert

USA

82-Jährige stirbt nach Angriff von Boulder

Die Frau erlag ihren schweren Verletzungen. Die Anklage gegen den Täter soll nun erweitert werden

 01.07.2025

Nahost

Israel: Wir stehen kurz vor Abschluss des Einsatzes in Gaza

US-Präsident Donald Trump sagte jüngst, dass es bald im Gaza-Krieg eine Waffenruhe geben könnte. Auch Israels Verteidigungsminister Katz äußert sich nun optimistisch

 30.06.2025

Debatte

Anti-Israel-Parolen: USA entziehen britischer Band Visa

Ein britischer Festivalauftritt mit israelfeindlichen Parolen wird live von der BBC übertragen. Der Sender steht unter Druck – und die USA kündigen an, der Band die Einreise zu verweigern

 30.06.2025

Interview

Nuklearforscher: »Das iranische Atomprogramm neu aufzubauen, wird Jahre dauern«

Georg Steinhauser über die israelischen und amerikanischen Schläge gegen Atomanlagen im Iran, die Eigenschaften von Uran-235 und mögliche Szenarien für die Zukunft

von Michael Thaidigsmann  30.06.2025