EU-Richtlinie

Grenze überschritten

Die Unterstützung der EU soll zukünftig keinen israelischen Projekten in den »besetzten Gebieten« mehr zugutekommen dürfen. Foto: Reuters

Es gibt eine monströse Zahl an UN-Resolutionen gegen Israel. Kein anderes Land hat die Weltgemeinschaft mehr beschäftigt als Israel. Nur ein einziges Mal hat sich die UN für Israel ausgesprochen, als sie 1948 mehrheitlich für die Gründung des Staates stimmte. Und als ob sie dieser Beschluss seitdem reut und als ob sie ihn nachträglich korrigieren wollte, hat die UN sich immer wieder vor den anti-israelischen Karren spannen lassen.

Nun übernimmt die EU diese Rolle mit ihren neuen Förderrichtlinien und entscheidet selbstherrlich, was seit fast einem halben Jahrhundert strittig ist, nämlich die genaue Grenzlinie zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten. Die neue Regelung tritt für EU-Verhältnisse hitzig schnell schon 2014 in Kraft. Sie betrifft alle Arten der Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Sport und kappt dort die finanziellen Hilfen.

rechtswidrig Die israelische Regierung tobt, die Palästinenser triumphieren. Und die EU? Unterscheidet nicht länger politisch genau zwischen besetzten Gebieten und solchen, die unter israelischer Verwaltung stehen. Schon gar nicht wird darüber diskutiert, warum die Gebiete eigentlich besetzt sind. Die israelische Hoheit über diese Gebiete sei rechtswidrig, gleichgültig wie der rechtliche Status nach israelischen Gesetzen auch immer sei, heißt es aus Brüssel.

Nationales Recht hat sich danach der europäischen Rechtsauffassung zu unterwerfen, ein bemerkenswerter Vorgang, der allerdings nicht einmal bei EU-Mitgliedstaaten wie Ungarn, die das Recht mit Füßen treten, so barsch angewandt wird. Zur Begründung wird gebetsmühlenartig auf die UN-Resolution 242 vom November 1967 verwiesen. Sie fordere schließlich den Rückzug Israels »aus (den) besetzten Gebieten, die während des jüngsten Konfliktes (gemeint ist der Sechstagekrieg) besetzt wurden«.

resolution Bedauerlicherweise lesen die wenigsten den nicht ganz unerheblichen zweiten Teil dieser Resolution: Der Rückzug Israels habe im Gegenzug für eine Anerkennung Israels und die Respektierung seiner Sicherheit »frei von Bedrohung und Gewalt« zu erfolgen. Wie emsig bemüht die Gegner Israels die UN-Resolution 242 ihrerseits umsetzen, lässt sich eindrucksvoll in der Charta der Hamas nachlesen (»Wir werden niemals Zugeständnisse über auch nur einen Zoll unseres Landes machen«) oder bei der gemäßigten Fatah mit den Worten eines hohen Funktionärs: »Unser Ziel ist nie Frieden gewesen. Unser Ziel ist Palästina.«

Der Brite Lord Caradon gilt als der Verfasser der Resolution 242. Er legte von Anfang an Wert darauf, dass er bewusst auf die Formulierung »bedingungsloser Rückzug Israels« verzichtet habe. Nicht einmal die Frage, aus welchen Gebieten Israel abzuziehen habe, ist eindeutig. Unmissverständlich unterstreicht sie hingegen die »Unzulässigkeit, Gebiete durch Krieg zu erwerben«. Damit war schon 1967 der Grundstein für eine Umdeutung der historischen Wahrheiten gelegt.

Der Sechstagekrieg war nämlich keineswegs ein Versuch, »Gebiete durch Krieg zu erwerben«, sondern er war ein Versuch, sein eigenes Staatsgebiet vor einem Überfall der arabischen Nachbarn zu schützen. Würde man also Eroberungen, die sich aus Verteidigungskriegen ergeben, verbieten, könnte das jeden Aggressor ermutigen, einen Krieg ohne das Risiko eines eigenen Verlustes zu führen.

siedlungsbau Israel hat sich seit 1967 durchaus aus besetzten Gebieten zurückgezogen: Sinai, Südlibanon oder Gaza. Israel hat auch den Siedlungsbau mehrfach ausgesetzt. Beides, ohne nennenswerte Fortschritte im Friedensprozess erreicht zu haben. Wenn sich Israel diesen neuen EU-Bestimmungen unterwirft, kann es sich weitere Verhandlungen und der fleißige US-Außenminister John Kerry, der gerade den Friedensfaden wieder aufnimmt, die Reisekosten sparen.

Berlin war übrigens selbstverständlich immer eingebunden und hat allen Beschlüssen zugestimmt, obwohl es per Veto, wie jüngst bei den Entscheidungen zur Deckelung des CO2-Ausstoßes bei Neuwagen bewiesen, den Beschluss hätte kippen können.

Trotz aller gegenteiligen Beteuerungen aus Brüssel fördert die EU mit ihren neuen Richtlinien nun auch noch die breite Boykottbewegung gegen Israel. Ob links (Die Grünen) oder rechts (NPD), alle können sich jetzt auf Brüssel berufen, wenn sie »Made in Israeli settlements« und »East-Jerusalem« auf den Produkten haben wollen, was nichts anderes heißt, aber besser klingt als: »Kauft nicht bei Juden«.

Absurderweise trifft dieser Boykott die Palästinenser selbst: Schätzungsweise 30.000 palästinensische Arbeitsplätze hängen am Warenexport aus den jüdischen Siedlungen. Egal, es geht ja nicht um die reale Verbesserung der Lebenssituation der Palästinenser. Es geht um das politisch reine Gewissen der selbstgerechten Besserwisser in Brüssel und Berlin.

Georg M. Hafner

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