Meinung

Geschichtskosmetik auf Ungarisch

In Ungarn hat man mit sofortiger Wirkung den geschäftsführenden Direktor des Holocaust-Zentrums in Budapest gefeuert. Der Vorgang wäre an sich nichts Ungewöhnliches, wenn es sich nur um die Ablösung eines Museumsleiters oder um den Wunsch nach neuen Konzepten handeln würde. Doch stattdessen droht eine dreiste Verfälschung des Holocaust in Ungarn.

Orbán Ein Staatssekretär der rechten Fidesz-Partei von Ministerpräsident Victor Orbán hatte kritisiert, dass im Holocaust-Zentrum die Verbindung zwischen der grausamen Deportation der ungarischen Juden und der Wiederbesetzung der Südslowakei und Karpato-Ukraine durch die Ungarn dokumentiert werde. Gerade in diesen Gebieten begannen Pessach 1944 die Deportationen, doch die Orbán-Regierung behauptet, wie es auch in der Präambel der neuen ungarischen Verfassung steht, dass bis zur Besatzung durch die Deutschen am 19. März 1944 niemand große Schuld auf sich geladen hätte. Und was danach geschah, dafür könnten die Magyaren ja nun wirklich nichts. Doch es war die von der Fidesz-Partei als »ritterlich« gelobte Honvéd-Armee, die die Mordtaten in Neusatz, dem heutigen Novi Sad, und in Kamjanez-Podilskyj verübt hatte.

Immerhin: Das Orbán-Regime hat nun mit Szabolcs Szita einen erfahrenen und verdienten Historiker gefunden, der das Holocaust-Zentrum im Auftrag einer neu gegründeten Stiftung leiten wird. Es bleibt nur zu hoffen, dass er und seine Mitarbeiter eine weitere ungarische Geschichtskosmetik zu verhindern wissen.

Doch den Autor dieser Zeilen schmerzt es besonders, und zwar seit langem, dass für das Holocaust-Gedenkzentrum kein anderes Gebäude in Budapest gefunden werden konnte, als eine der schönsten Synagogen im 9. Bezirk der Stadt, in Franzstadt, die von einem der bekanntesten Synagogenarchitekten, Leopold Baumhorn, erbaut wurde.

Der Autor war bis 2002 Landesrabbiner von Württemberg.

Berlin

Merz und Wegner nennen Lübcke-Statue geschmacklos

Auch Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) äußerte Unmut: Das Schicksal eines von einem Rechtsradikalen ermordeten Politiker zu instrumentalisieren, sei an Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten

 04.12.2025

Bayern

Landtag wirbt für Yad Vashem-Außenstelle in München

Ein fraktionsübergreifenden Antrag – ohne Beteiligung der AfD - für eine Außenstelle der israelischen Gedenkstätte im Freistaat liegt vor

 04.12.2025

Ehrung

»Ahmad Mansour kämpft nicht gegen Symptome, sondern gegen Ursachen«

Der Islamismusexperte Ahmad Mansour wurde mit dem Hanns-Martin-Schleyer-Preis ausgezeichnet. Die Laudatio hielt Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Wir dokumentieren die Rede

von Josef Schuster  04.12.2025

Kulturbetrieb

»Wie lange will das politische Deutschland noch zusehen?«

Der Bundestagskulturausschuss hörte Experten zum Thema Antisemitismus an. Uneins war man sich vor allem bei der Frage, wie weit die Kunstfreiheit geht

von Michael Thaidigsmann  04.12.2025

Graz

Verharmlosung von NS-Verbrechen: Haft für Deutschen in Österreich

Lange Haftstrafe für einen Publizisten: Was steckt hinter dem Urteil, und wie stufen Extremismusforscher seine bereits eingestellte Zeitschrift ein?

 04.12.2025

Analyse

Der Kanzler in Israel: Antritt mit Spannung

Friedrich Merz besucht am Samstag Israel. Die Beziehungen beider Länder sind so strapaziert wie selten zuvor. Entsprechend hoch sind die Erwartungen an die Reise des Bundeskanzlers

von Joshua Schultheis  04.12.2025

Preisvergabe

Charlotte Knobloch kritisiert Berichterstattung von Sophie von der Tann

Dass problematische Berichterstattung auch noch mit einem Preis ausgezeichnet werde, verschlage ihr die Sprache, sagt die Präsidentin der IKG München

 04.12.2025

USA

Netanjahu will trotz Mamdanis Warnung nach New York kommen

Der designierte Bürgermeister will Wege prüfen, den Haftbefehl des IStGH zu vollstrecken. Der israelische Regierungschef lässt sich davon nicht abschrecken

 04.12.2025

Verteidigung

Bundeswehr nimmt Raketenwehrsystem Arrow 3 in Betrieb

Deutschland baut als Reaktion auf die Bedrohung durch Russland die Luftverteidigung aus und hat ein System in Israel beschafft. Es soll feindliche Flugkörper schon in größter Höhe zerstören können

von Carsten Hoffmann  03.12.2025