Geschichte

Gedenken am Gleis 17

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu haben am Berliner Mahnmal »Gleis 17« an die Deportation von Berliner Juden erinnert. Sie legten am Donnerstag Kränze an der Gedenkstätte am S-Bahnhof Grunewald nieder und liefen an dem stillgelegten Gleis entlang.

Die Deutsche Bahn hat das Mahnmal 1998 eingerichtet. Es soll an die Rolle der ehemaligen Reichsbahn erinnern, die 1941 mit Deportationszügen deutscher Juden in Ghettos, Konzentrations- und Vernichtungslager begonnen hatte.

VERANTWORTUNG »Das ist ein sehr bewegender, berührender Moment«, sagte Scholz. An diesem Ort seien viele Menschen in den Tod gefahren. Man können nicht an einem solchen Ort stehen, ohne an die »furchtbare Zerstörung jüdischen Lebens in Europa, durchgeführt von Deutschen«, zu denken, so Scholz. Deutschland habe die Verantwortung, nicht zu vergessen. Er sprach zugleich von der Verantwortung, jüdisches Leben in Deutschland zu schützen, sowie über die enge Verbundenheit und Freundschaft mit Israel. »Die Sicherheit Israels ist eine deutsche Staatsräson«, betonte der Kanzler.

Netanjahu betonte, bis heute hörten die Rufe nach Vernichtung der Juden nicht auf. »Wir haben gelernt, dass das jüdische Volk in der Lage sein muss, sich selbst zu verteidigen«, sagte er. Das werde an einem solchen Ort besonders deutlich. Er würdigte zugleich die heutige zuverlässige Freundschaft zu Deutschland. »Ich danke Kanzler Scholz für diese wichtige und bewegende Zeremonie«, so Netanjahu.

ZENTRALRAT An der Gedenkveranstaltung nahm auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, teil. Am Rande der Erinnerungsstunde traf Schuster den israelischen Regierungschef. Dabei kam es auch zu einem Gespräch zwischen Schuster und Netanjahu.

»Der Deutschland-Besuch von Ministerpräsident Netanjahu findet in politisch schwierigen Zeiten statt. Ich habe dem Ministerpräsidenten meine Sorge darüber ausgedrückt, dass seine Regierung die israelische Gesellschaft zunehmend spaltet und dabei ist, Vertrauen in das demokratische Israel zu verspielen«, betonte Schuster. »Jüdinnen und Juden in Deutschland und in aller Welt stehen fest an der Seite Israels und wollen dies auch weiterhin tun.«

Weitere Teilnehmer des Gedenkens waren unter anderem Daniel Botmann, Geschäftsführer des Zentralrats der Juden, Zentralratsvizepräsident Abraham Lehrer, Israels Botschafter in Berlin, Ron Prosor, Gideon Joffe, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Rabbiner Yehuda Teichtal von Chabad und Gemeinderabbinerin Gesa Ederberg.

HINTERGRUND Am 18. Oktober 1941 verließ der erste sogenannte Osttransport den Grunewalder Bahnhof in Richtung Litzmannstadt (Lodz). In dem Zug waren mehr als 1000 jüdische Kinder, Frauen und Männer.

Bis zum Frühjahr 1942 wurden von dem noblen Villenviertel aus ungefähr 10.000 deutsche Juden deportiert und größtenteils ermordet. Von anderen Berliner Bahnhöfen fuhren ab 1942 weitere Deportationszüge ab. Insgesamt wurden in der NS-Zeit mehr als 50.000 Berliner Juden ermordet. epd/ja

Lesen Sie mehr zum Besuch von Israels Premierminister Benjamin Netanjahu in Berlin in unserer nächsten Printausgabe.

Soziale Medien

Musk nach Millionenstrafe gegen X: EU abschaffen

Beim Kurznachrichtendienst X fehlt es an Transparenz, befand die EU-Kommission - und verhängte eine Strafe gegen das Unternehmen von Elon Musk. Der reagiert auf seine Weise

 07.12.2025

Jerusalem

Merz: Deutschland wird immer an der Seite Israels stehen

Der Bundeskanzler bekräftigt bei seiner Israel-Reise die enge Partnerschaft. Am Sonntag besucht er die Schoa-Gedenkstätte Yad Vashem und trifft Premierminister Benjamin Netanjahu

von Sara Lemel  07.12.2025 Aktualisiert

Diplomatie

»Dem Terror der Hamas endgültig die Grundlage entziehen«

Es ist eine seiner bisher wichtigsten Auslandsreisen, aber auch eine der schwierigsten. Kanzler Merz ist für zwei Tage im Nahen Osten unterwegs

 06.12.2025

Jerusalem

Merz trifft Netanjahu und besucht Holocaust-Gedenkstätte

Es ist einer der wichtigsten Antrittsbesuche von Kanzler Merz - aber auch einer der schwierigsten. In den Beziehungen zu Israel gab es in den letzten Monaten einige Turbulenzen

von Michael Fischer  06.12.2025

Akaba/Jerusalem

Merz zu Nahost-Reise aufgebrochen: Antrittsbesuch in Israel 

Das Renten-Drama ist überstanden, jetzt geht es für den Kanzler erstmal ins Ausland. Heute und morgen steht ein besonderer Antrittsbesuch auf seinem Programm

 06.12.2025

Wien

EBU: Boykott hat keine Folgen für Finanzierung des ESC 2026

Der Gesangswettbewerb steht unter Druck. Die Boykott-Welle hat laut der Europäischen Rundfunkunion aber keine Auswirkungen auf dessen Finanzierung. Es werden aktuell rund 35 Staaten erwartet

 05.12.2025

Offenbach

Synagoge beschmiert, Kinder durch Graffiti eingeschüchtert

Rabbiner Mendel Gurewitz: »Ich war der Meinung, dass wir hier in Offenbach mehr Toleranz zwischen den unterschiedlichen Kulturen und Religionen haben als etwa in Frankfurt oder in anderen Städten.«

 05.12.2025

Gaza

Wie die Hamas Hilfsorganisationen gefügig machte

Einer Auswertung von »NGO Monitor« zufolge konnten ausländische Organisationen in Gaza nur Hilsprojekte durchführen, wenn sie sich der Kontrolle durch die Hamas unterwarfen

von Michael Thaidigsmann  05.12.2025

Washington D.C.

Trump plant Übergang in Phase II des Gaza-Abkommens

Der nächste große Schritt erfolgt dem Präsidenten zufolge schon bald. Ein »Friedensrat« soll noch vor Weihnachten präsentiert werden

 05.12.2025