Meinung

Exportschlager Rabbiner

Rabbiner Henry Brandt Foto: Gregor Zielke

Meinung

Exportschlager Rabbiner

Viele jüdische Geistliche, die in Deutschland ausgebildet wurden, gehen ins Ausland. Das zeugt von Wertschätzung

von Henry Brandt  02.09.2014 08:51 Uhr

Drei der vier Rabbiner, die am Dienstag nach ihrer Ausbildung am Potsdamer Abraham Geiger Kolleg in Breslau ordiniert wurden, werden nicht in Deutschland arbeiten. Sie gehen nach Frankreich oder Südafrika, und so könnte ja der Verdacht aufkommen, es sei hierzulande, keine 70 Jahre nach der Schoa, zu einer Art Rabbinerüberproduktion gekommen.

hohes niveau Ein solcher Verdacht wäre grundfalsch. Nach den Ordinationen, die wir in den vergangenen Jahren hatten, sowohl liberal als auch orthodox, gingen die neuen Rabbiner meist in deutsche Gemeinden. Dass es im aktuellen Fall anders ist, stellt bloß einen Zufall dar. Gleichwohl zeigt der Umstand, dass sich Gemeinden aus anderen Ländern für »unsere« Rabbiner interessieren, auf welch hohem Niveau sich die Rabbinerausbildung in Deutschland befindet.

So gesehen ist es sehr zu begrüßen, dass auch außerhalb Deutschlands geistige Führer, die ein fortschrittliches und modernes Judentum verkörpern, in Gemeinden tätig sind. Schließlich ist es auch ein positives Zeichen, dass deutsche Rabbiner in Länder wie Polen gehen, wo es keine eigene Rabbinerausbildung mehr gibt. Ohnehin sollte man das jüdische Leben nicht nach politischen Grenzen bemessen. Anderen Gemeinden zu helfen, völlig gleichgültig, in welchem Staat sie liegen, ist eine Mizwa. Dass die Ordination des Abraham Geiger Kollegs jetzt im polnischen Breslau stattfindet, ist symbolischer Ausdruck dieser Verpflichtung.

gemeinden Hinzu kommt für die jetzt ordinierten Rabbiner, dass vergleichsweise immer weniger Stellen in Deutschland existieren – obwohl die jüdische Gemeinde in den vergangenen Jahrzehnten stark angewachsen ist. Bedauerlicherweise gibt es immer noch etliche Gemeinden – auch hier gilt: gleichgültig, ob liberal oder orthodox –, die glauben, ohne Rabbiner auskommen zu können. Als ob es für jüdisches Leben nur jemanden bräuchte, der vorbetet. Als ob nicht ein Rabbiner für das Leben in einer Gemeinde von besonderer Bedeutung wäre: als Ansprechpartner, Ratgeber, Zuhörer – nicht nur im Gottesdienst.

Wenn in Deutschland ausgebildete Rabbiner sich in Gemeinden in anderen Ländern einbringen, ist das ein schönes Zeichen dafür, dass deutsches Judentum ein wertvoller Bestandteil der jüdischen Welt geworden ist.

Der Autor ist Vorsitzender der Allgemeinen Rabbinerkonferenz sowie Rabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde Schwaben-Augsburg und der Gemeinde Bielefeld.

Meinung

Ein Friedensplan, der keiner ist?

Die von den Amerikanern vorgelegten Punkte zur Beendigung des Ukraine-Kriegs sind kein fairer Vorschlag, sondern eine Belohnung für den russischen Aggressor

von Alexander Friedman  24.11.2025

Münster

Gericht macht Unterschiede bei propalästinensischen Parolen

Wann ist Kritik am Staat Israel von der Meinungsfreiheit gedeckt? Ein Gericht in NRW sieht das generelle Verbot, das Existenzrecht Israels zu bestreiten, als rechtswidrig an

 24.11.2025

Berlin

Friedrich Merz besucht Israel

Als Kanzler ist es sein erster Aufenthalt im jüdischen Staat. Die Beziehungen hatten zuletzt unter Druck gestanden

 24.11.2025

Portrait

Die Frau, die das Grauen dokumentieren will

Kurz nach dem 7. Oktober 2023 gründete die israelische Juristin Cochav Elkayam-Levy eine Organisation, die die Verbrechen der Hamas an Frauen und Familien dokumentiert. Unser Redakteur sprach mit ihr über ihre Arbeit und ihren Frust über die Vereinten Nationen

von Michael Thaidigsmann  24.11.2025

Potsdam

BSW-Fraktionsvize tritt nach Reaktion auf AfD-Zitat zurück

Die Landtagsfraktion in Brandenburg ist nach vier Parteiaustritten in einer Krise. Nun tritt auch noch Fraktionsvize Dorst von seinem Amt zurück. Die Hintergründe

 24.11.2025

Soziale Medien

Plattform X: Israelfeindliche und antisemitische Inhalte aus Pakistan und der Türkei

Ein neues Transparenz-Feature zeigt: Angeblich von westlichen »Israelkritikern« betriebene Konten werden in Wirklichkeit aus anderen Teilen der Welt bearbeitet

 24.11.2025

Washington D.C.

Trump kündigt Einstufung der Muslimbrüder als Terrororganisation an

Der Organisation würde mit diesem Schritt der Zugang zu finanzieller Unterstützung verwehrt. Die Muslimbruderschaft wird immer wieder mit radikalen Ablegern in Verbindung gebracht

 24.11.2025

Existenzrecht Israels

Objektive Strafbarkeitslücke

Nicht die Gerichte dafür schelten, dass der Gesetzgeber seine Hausaufgaben nicht macht. Ein Kommentar

von Volker Beck  23.11.2025

Dortmund

Ermittlungen gegen Wachmann von NS-Gefangenenlager 

Die Polizei ermittelt gegen einen Ex-Wachmann des früheren NS-Kriegsgefangenenlagers in Hemer. Er soll an Tötungen beteiligt gewesen sein - und ist laut »Bild« inzwischen 100 Jahre alt

 22.11.2025