Brüssel

EU gegen Israel

Bedrohte Wissenschaftsfreiheit: Auch die Hebräische Universität Jerusalem (HU) könnte von der EU-Regelung betroffen sein. Foto: Flash 90

Die Europäische Union (EU) hat eine Regelung beschlossen, mit der sie schärfer als bislang gegen den Bau israelischer Siedlungen im Westjordanland vorgehen möchte. Die EU-Kommission verlangt, dass künftig keine EU-Gelder mehr vergeben werden dürfen, wenn ein Teil der Empfänger seinen Sitz außerhalb Israels Grenzen von 1967 hat, also etwa im Westjordanland, auf den Golanhöhen oder in Ost-Jerusalem.

Das Dekret betrifft den Wissenschafts-, Jugend-, Kultur- und Sportaustausch zwischen den Ländern der EU und Israel. Eine Zusammenarbeit der Union mit israelischen Behörden, die ihren Sitz in Ost-Jerusalem haben, etwa dem Justizministerium, ist künftig nur dann möglich, wenn sich dessen Aktivitäten auf das israelische Territorium vor dem Sechstagekrieg 1967 beziehen.

kein boykott Israelischen Diplomaten wurde in Brüssel, als sie sehr früh über diesen Beschluss der EU-Kommission informiert wurden, gesagt, dass dies gerade einen Boykott gegen Israel und israelische Waren verhindern solle. So berichtet es jedenfalls die Tageszeitung Haaretz mit Verweis auf diplomatische Quellen. Die EU, so habe es dort geheißen, »will sicher gehen«, dass die Partizipation Israels etwa an wissenschaftlichen Austauschprogrammen künftig nicht infrage gestellt werde und dass Israel »alle Möglichkeiten des neuen EU-Finanzrahmens« nutzen könne.

Die Geschäftsträgerin der EU-Vertretung in Israel, Sandra De Waele, erklärte im israelischen Rundfunk, die EU erkenne »seit jeher« die israelische Präsenz im Westjordanland und auf den Golanhöhen nicht an und halte die Siedlungspolitik für völkerrechtlich illegal.

Aus den Reihen der EU-Repräsentanten ist auch zu erfahren, dass die EU-Kommission die Regelung schon am 30. Juni verabschiedet habe, sie aber erst am 30. Juli offiziell veröffentlichen wolle. Nach EU-Angaben soll die Regelung von 2014 bis 2020 gelten; israelische Quellen berichten, dass sie schon an diesem Freitag, 19. Juli, in Kraft träte.

»Wir werden keine externen Diktate bezüglich unserer Grenzen akzeptieren«, erklärte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nach einer Dringlichkeitssitzung. Der Times of Israel sagte er, er werde es nicht akzeptieren, dass Tausende Israelis, die in diesen Gebieten leben, ausgeschlossen würden. Der israelische Minister für Bau- und Wohnungswesen, Uri Ariel, sprach von einer »rassistischen Entscheidung, die das jüdische Volk diskriminiert und an den Boykott gegen Juden vor 66 Jahren erinnert«. Der Minister für regionale Entwicklung, Silvan Shalom, meinte, die Regelung zeige, wie »abgerückt« Europa von der Wirklichkeit im Nahen Osten sei.

wohnsitz Ein von Haaretz zitierter hoher Beamter des Außenministeriums sagte: »Wir sind nicht bereit, diese Klausel in unsere Verträge mit der Europäischen Union einzufügen und zu unterzeichnen.« Das Ergebnis wäre dann ein Stopp jeder Zusammenarbeit in Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Sport.

Die praktischen Auswirkungen des Dekrets sind noch unklar, die möglichen Folgen aber enorm. So hat die Hebräische Universität in Jerusalem Angst, aus Forschungskooperationen ausgeschlossen zu werden, weil sie Dozenten mit Wohnsitz in Ost-Jerusalem oder in Siedlungen beschäftigt. Ähnliche Bedenken werden von Sportorganisationen geäußert, wenn Athleten ihren Wohnsitz außerhalb der Grenzen von 1967 haben. Erstmals thematisiert hatte dies die EU bei dem Projekt EUROMED, einem Jugendaustauschprogramm. Laut Haaretz wurde die israelische Seite bei Verhandlungen in Brüssel schon jetzt aufgefordert, eine Territorialklausel zu akzeptieren.

tourismus Israelische Medien befürchten, dass sich die EU-Richtlinie auch auf die Tourismusbranche auswirkt – etwa wenn es um christliche Pilgertouren israelischer Unternehmen nach Bethlehem und Jericho geht, die eine wichtige Einnahmequelle der palästinensischen Autonomiebehörde sind.

Unklar ist auch, wie Deutschland künftig seine Entwicklungshilfe an Palästinenser in dem von Israel verwalteten C-Gebiet im Westjordanland handhaben will.

Bundesentwicklungshilfeminister Dirk Niebel hatte kürzlich in Jerusalem erklärt, dass Israel die anerkannte Verwaltungsmacht in diesem Gebiet sei und dass deshalb Entwicklungsprojekte wie etwa Solaranlagen oder Klärwerke nur mit israelischer Genehmigung errichtet werden könnten.

Meinung

Mit Martin Hikel geht einer, der Tacheles redet

Der Neuköllner Bürgermeister will nicht erneut antreten, nachdem ihm die Parteilinke die Unterstützung entzogen hat. Eine fatale Nachricht für alle, die sich gegen Islamismus und Antisemitismus im Bezirk einsetzen

von Joshua Schultheis  16.11.2025

Berlin

Merz verspricht Schutz jüdischen Lebens in Deutschland

Bei der diesjährigen Verleihung des Preises für Verständigung und Toleranz im Jüdischen Museum Berlin an Amy Gutmann und David Zajfman gab Bundeskanzler Friedrich Merz ein klares Versprechen ab

 16.11.2025

Meinung

Die Ukrainer brauchen unsere Hilfe

Die Solidarität mit ukrainischen Geflüchteten in Deutschland nimmt ab. Aus einer jüdischen Perspektive bleibt es jedoch wichtig, auch weiterhin nicht von ihrer Seite abzuweichen

von Rabbinerin Rebecca Blady  16.11.2025

Berlin

Angriff auf Leiter deutsch-arabischer Schule in Neukölln

Al-Mashhadani gilt als Kritiker islamistischer Netzwerke und setzt sich für einen arabisch-israelischen Austausch ein

 15.11.2025

Debatte

»Hitler hatte eine unentdeckte genetische sexuelle Störung«

Eine neue britische Dokumentation über Adolf Hitler sorgt für Diskussionen: Kann die Analyse seiner DNA Aufschluss über die Persönlichkeit des Massenmörders geben?

 15.11.2025

Deutschland

Auschwitz-Komitee: Geplante Auktion ist schamlos 

Ein Neusser Auktionshaus will einen »Judenstern« und Briefe von KZ-Häftlingen und deren Angehörigen versteigern. Das internationale Auschwitz-Komitee reagiert

 15.11.2025

Debatte

Verbot durch US-Präsident Trump: Wie gefährlich ist die »Antifa-Ost« wirklich?

In einem ungewöhnlichen Schritt stuft die Trump-Regierung vier linksextreme Organisationen als Terrorgruppen ein - in Europa. Betroffen ist auch eine Gruppierung in Deutschland

von Luzia Geier  14.11.2025

Nahostkonflikt

Indonesien will 20.000 Soldaten für Gaza-Truppe bereitstellen

Der US-Plan für die Stabilisierung des Küstenstreifens sieht eine internationale Eingreiftruppe vor. Einige Staaten haben bereits Interesse bekundet

 14.11.2025

Terror

Mutmaßliches Hamas-Mitglied in U-Haft

Der Mann soll Waffen für Anschläge auf jüdische und israelische Ziele transportiert haben

 14.11.2025