Interview

»Es trägt Verantwortung in die Gesellschaft hinein«

Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, beklagt wachsenden Antiziganismus infolge des Ukraine-Kriegs und der Corona-Pandemie. Das vor genau zehn Jahren eingeweihte Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas in Berlin habe indes das Bewusstsein für den Völkermord an der Minderheit geschärft, sagt Rose in unserem Interview.

Herr Rose, inwieweit hat das Denkmal seinen Zweck erfüllt, an die Opfer zu erinnern und auf Antiziganismus aufmerksam zu machen?
Das, was wir hauptsächlich erreicht haben, waren politische Erfolge. Die Gesellschaft haben wir noch zu wenig erreicht im Zusammenhang mit dem, was geschehen ist und was Vorurteile anbelangt. Das Denkmal hat ein Bewusstsein geschaffen, dass Holocaust auch die Vernichtung einer halben Million Sinti und Roma im nationalsozialistisch besetzten Europa heißt. Das Denkmal ist nicht nur das Denkmal der Erinnerung für Sinti und Roma, es ist vor allem ein Denkmal der Gesellschaft, das bewusst macht, dass man aufgrund der Kenntnis der Geschichte dem Antiziganismus genauso entgegenwirken muss wie dem Antisemitismus. Es ist kein Denkmal, das eine zementierte Schuld repräsentiert, sondern eines, das die Verantwortung in die Gesellschaft hinein trägt, Antiziganismus zu ächten.

Wie steht der Zentralrat der Sinti und Roma zu den Plänen für einen S-Bahn-Ausbau am Denkmal?
Es muss alles dafür getan werden, dass das Denkmal so wenig wie möglich tangiert wird. Wenn es keine andere Möglichkeit als diese Trasse gibt, die unterhalb des Denkmals durchführt, sind wir dazu gesprächsbereit. Wir sind Teil der Gesellschaft und können uns einem so wichtigen Projekt nicht in den Weg stellen. Es muss sicherstellt werden, dass die Erschütterungen keine Auswirkungen auf die Gestaltung dieses runden Sees der Trauer haben und dass die Funktionsfähigkeit des Denkmals durch das Ritual des täglichen Auflegens einer Blume würdevoll sichergestellt ist.

Inwiefern wirken sich die Folgen des Ukraine-Kriegs und der Corona-Pandemie auf den Antiziganismus aus?
Wir spüren, dass die Wirtschafts- und Energiekrise sich auf die alte Tradition begibt, Sündenböcke aus der Gesellschaft auszugrenzen. Rechtsextreme bieten der Gesellschaft einen Schuldigen, einen Sündenbock an. Deswegen sind wachsender Antiziganismus und Antisemitismus in der Gesellschaft wieder bedrohlich für unsere Minderheiten.

Meinung

Die Schweiz hat die richtigen Konsequenzen aus den Terrorvorwürfen gegen die UNRWA gezogen - anders als Berlin

Ein Kommentar von unserer Redakteurin Nicole Dreyfus

von Nicole Dreyfus  25.04.2024

Berlin

JSUD fordert Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit Teheran

»Ohne den Iran hätte der 7. Oktober nicht passieren können«, sagt die Vorsitzende Hanna Veiler

 25.04.2024

Virginia

Biden: »Dieser unverhohlene Antisemitismus ist verwerflich und gefährlich«

US-Präsident Biden verurteilt antiisraelische Proteste an Universitäten

 25.04.2024

Terror

Argentinien schreibt Irans Innenminister zur Fahndung aus

Er war offenbar 1994 an dem Bombenanschlag 1994 auf das jüdische Gemeindezentrum Amia beteiligt

 25.04.2024

Oranienburg

Mehr antisemitische Vorfälle in Gedenkstätte Sachsenhausen

»Geschichtsrevisionistische Tabubrüche und Grenzverschiebungen von rechts« werden registriert

 25.04.2024

USA

Antiisraelische Proteste an US-Unis weiten sich aus

Auch in Texas und Kalifornien kommt es zu Festnahmen

 25.04.2024

Berlin

Ausstellung im Haus der Wannsee-Konferenz beschädigt

Kuratorin: «Auffällig, dass ausgerechnet Plakate zum israelbezogenen Antisemitismus beschädigt wurden«

 24.04.2024

Kommentar

AfD in Talkshows: So jedenfalls nicht!

Die jüngsten Auftritte von AfD-Spitzenpolitikern in bekannten Talk-Formaten zeigen: Deutsche Medien haben im Umgang mit der Rechtsaußen-Partei noch viel zu lernen. Tiefpunkt war das Interview mit Maximilian Krah bei »Jung & Naiv«

von Joshua Schultheis  24.04.2024

Umfrage

Studie: Für die meisten muslimischen Schüler ist der Koran wichtiger als deutsche Gesetze

Fast die Hälfte der Befragten will einen islamischen Gottesstaat

 22.04.2024