Dokumentation

»Es ist nicht die Zeit für ›Ja, aber‹, es ist Zeit für Solidarität«

Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland Foto: picture alliance/dpa

Liebe Ehrengäste und Redner und vor allem liebe Freundinnen und Freunde, die hier heute am Brandenburger Tor ihre Solidarität mit Israel und mit der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland zeigen.

Was würden Sie mir antworten, wenn ich Ihnen sage: Deutschland muss sich bei all seinem globalen Engagement stets an das Völkerrecht halten? Sie würden wahrscheinlich sagen, was will der von mir – als wenn das eine Frage wäre. Deutschland ist schließlich ein demokratischer Rechtsstaat.

Aber genau das ist es, was Sie durch die Bank nonstop zu hören bekommen, wenn es um Israel geht. Genauer gesagt, wenn es um den Verteidigungskrieg Israels gegen die Terrororganisation Hamas in Gaza geht. Israel solle sich an das Völkerrecht halten, aha. Und das kommt von den Leuten, die nicht in der Lage waren, die relativierende Resolution der UNO zum Krieg in Gaza abzulehnen; die nicht in der Lage waren, den historischen Moment in der internationalen Diplomatie zu erkennen. Den Moment, in dem es keine Komplexität oder Abwägungen gab, sondern einfach nur eine klare Haltung!

Diese Leute weisen nun beständig Israel daraufhin, dass es sich an diese universellen Gebote der Menschlichkeit zu halten habe. Sie suggerieren also, das sei bei Israel nötig. Sie leisten damit den Verächtern Israels, den Judenhassern in aller Welt Vorschub. Sie bedienen deren Narrative: Die Narrative der Dämonisierung Israels, die in der Ablehnung des Existenzrechts des Staates münden! Wir müssen Schluss machen mit diesen Unterschwelligkeiten. Es ist nicht die Zeit für »Ja, aber«, es ist die Zeit für Solidarität mit Israel, liebe Freundinnen und Freunde!

Die Vernichtungsideologie der Hamas richtet sich nicht nur gegen Israel. Sie richtet sich gegen Juden in aller Welt, auch in Deutschland. Die Lage der jüdischen Gemeinden in Deutschland ist dramatisch. Sie sind massiv unter Druck angesichts des antisemitischen Aufruhrs auf deutschen Straßen – viele von ihnen haben in den vergangenen Wochen direkt antisemitische Angriffe zu spüren bekommen.

Ich habe es vor einigen Wochen gesagt und es gilt noch immer: Ich erkenne zuweilen dieses Land nicht wieder. Es ist etwas aus den Fugen geraten. Es ist noch die Gelegenheit, dies zu reparieren, doch dafür muss man sich auch eingestehen, was in den letzten Jahren schiefgelaufen ist, was man nicht hat sehen können oder wollen.

Antisemitismus ist in Deutschland in der Mitte der Gesellschaft gang und gäbe; vor allem israelbezogener Antisemitismus, wie sich zeigt; in den Hörsälen, in den Theatern, auch in den bürgerlichen Vorstadthäusern.

An der Universität der Künste hier in Berlin treten Studenten schwarz gekleidet in Anmutung von Hamas-Terroristen auf. Sie hatten ihre Hände rot bemalt – eine klare Referenz auf die Ermordung zweier israelischer Soldaten durch einen islamistischen Mob in Gaza vor über 20 Jahren. Orchestriert wird das Ganze von Gastprofessoren aus dem globalen Süden – wie kann das sein? Wer nach dem 7. Oktober noch glaubt, BDS sei harmloses Geschwurbel, dem ist nicht zu helfen, liebe Freundinnen und Freunde.

Israel wurde am 7. Oktober ins Mark getroffen. Die einzige Demokratie im Nahen Osten verteidigt seine Bürger gegen islamistischen Terror – hier darf es keine Relativierungen geben. Dabei muss es natürlich Empathie für die leidende Zivilbevölkerung in Gaza geben. Diese Menschen sind ebenso Geiseln der Hamas, wie die immer noch über 100 verschleppten Israelis, die in den Tunneln der Terroristen um ihr Leben bangen.

Es müssen Ross und Reiter genannt werden, wer für all das verantwortlich ist: Es war die Hamas, die am 7. Oktober 2023 so viele Juden an einem Tag ermordet hat wie seit der Schoa nicht mehr. Und es ist folgerichtig, dass Israel alles unternimmt, um seine Bürger schützen. Und wenn Israel entschieden hat die Terrororganisation Hamas endgültig auszuschalten, dann haben wir das zu akzeptieren und Israel dabei zu unterstützen.

Ich danke Ihnen, dass Sie heute hier sind, um auch dies ganz klarzumachen. Es tut gut, diese Solidarität zu sehen und zu spüren!

Wir müssen zusammen stehen für Israel! Israel ist das Bollwerk der westlichen Welt gegen den Fanatismus.

Wir müssen zusammenstehen für jüdisches Leben in Deutschland! Wir müssen zusammenstehen gegen Antisemitismus!
Am Israel Chai!

Zentralrat der Juden

»Margot Friedländer war eine mutige und starke Frau«

Josef Schuster hat mit bewegenden Worten auf den Tod der Holocaust-Überlebenden reagiert

 09.05.2025

Reaktion

Steinmeier: Friedländer hat Deutschland Versöhnung geschenkt

Bundespräsident Steinmeier trauert um Margot Friedländer, mit der er auch persönlich verbunden war. Nun ist die Holocaust-Überlebende im Alter von 103 Jahren gestorben

von Thomas Struk  09.05.2025

Porträt

Ein Jahrhundertleben

Tausende Schüler in Deutschland haben ihre Geschichte gehört, noch mit über 100 Jahren trat sie als Mahnerin auf. Margot Friedländer war als Holocaust-Zeitzeugin unermüdlich

von Verena Schmitt-Roschmann  09.05.2025

Nachruf

Trauer um Holocaust-Überlebende Margot Friedländer 

Mit fast 90 kehrte Margot Friedländer zurück nach Berlin, ins Land der Täter. Unermüdlich engagierte sich die Holocaust-Zeitzeugin für das Erinnern. Nun ist sie gestorben - ihre Worte bleiben

von Caroline Bock  09.05.2025

Interview

»Es gilt für mich eine Null-Toleranz-Politik gegen Antisemitismus«

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer über seine erste Amtshandlung, seine Vorgängerin Claudia Roth und den Umgang mit der antisemitischen BDS-Bewegung

von Philipp Peyman Engel  09.05.2025

Berlin

Israelfeindlicher Post: »Die Linke« distanziert sich von Vorstandsmitglied

Eine Landkarte von Israel, die mit den Farben der palästinensischen Flagge gefüllt ist und für eine Vernichtung des jüdischen Staates steht, geht dem höchsten Parteigremium zu weit

 09.05.2025

Berlin

Antisemitismus und Lage in Gaza: Merz telefoniert mit Netanjahu

Der Kanzler habe seine Hoffnung zum Ausdruck gebracht, »dass bald Verhandlungen über einen Waffenstillstand in Gang kommen«

 09.05.2025

Berlin

Verleihung von Bundesverdienstkreuz an Margot Friedländer verschoben

Erst vor einem Monat erhielt die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer den Preis des Westfälischen Friedens. Die Verleihung einer weiteren hohen Auszeichnung findet kurzfristig jedoch nicht stat

 09.05.2025

Berlin

»Jetzt lebt es sich besser in diesem Land«

Lea Rosh hat sich jahrelang für das Denkmal für die ermordeten Juden Europas eingesetzt. Ist das ihr Lebenswerk? Darauf antwortet sie im Interview

von Verena Schmitt-Roschmann  09.05.2025