NS-Verbrechen

Ermittlungen gegen KZ-Personal

Im vergangenen Jahr war Oskar Gröning, der »Buchhalter von Auschwitz«, zu vier Jahren Haft verurteilt worden.Das Urteil ist noch nicht rechtsgültig. Foto: dpa

Dass nun in acht weiteren Fällen wegen Beihilfe zum Mord ermittelt wird, ist der systematischen Arbeit der Zentralen Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg zu verdanken. »Wir haben einen juristischen Gedanken aus den Vorermittlungen zu Auschwitz und Majdanek auf andere Lager übertragen«, erklärt Jens Rommel, Leitender Oberstaatsanwalt und Chef der Zentralen Stelle. »Wenn in einem Lager systematisch Häftlinge ermordet werden, dann kann dazu auch ein einzelner Wachmann oder eine einzelne Beschäftigte allein durch ihren Dienst in der Lagerorganisation beigetragen haben.«

Nach den Vorermittlungen der Zentralen Stelle wurden zwischen Juli und Oktober 1944 im KZ Stutthof systematisch 65.000 Menschen ermordet. Im selben Zeitraum waren dort 3000 SS-Wachleute und Lagerpersonal beschäftigt. »Als Nächstes haben wir dann in unseren Akten, in Archiven und durch Auskünfte von Dienststellen Personal aus dieser Zeit ausfindig gemacht und geprüft, wer davon noch lebt«, sagt Rommel.

Zeugen »So konnten wir die Vorermittlungen zu vier Wachmännern und zu vier Zivilangestellten in der Lagerkommandantur an die Staatsanwaltschaften weiterleiten.« Die aufgrund der Wohnorte zuständigen Behörden haben die weitere Arbeit zu leisten: Durchsuchungen, Zeugenbefragung, ärztliche Untersuchung der Beschuldigten. »Erst dann kann über die Anklage entschieden werden«, sagt der Oberstaatsanwalt. »Wie lange diese Ermittlungen dauern, lässt sich nicht vorhersagen.«

Im vergangenen Jahr war Oskar Gröning, der »Buchhalter von Auschwitz«, zu vier Jahren Haft verurteilt worden, und der Auschwitz-Wachmann Reinhold Hanning erhielt im Juni dieses Jahres eine fünfjährigen Haftstrafe.

Doch nicht immer kommt es zum Prozess: Im April verstarb ein 93-jähriger ehemaliger Auschwitz-Wachmann kurz vor der Eröffnung des Prozesses.

urteil Auch das Urteil gegen Gröning ist immer noch nicht rechtsgültig. Das Internationale Auschwitz Komitee kritisiert die Justiz. »Der Bundesgerichtshof lässt sich viel Zeit«, beklagt Christoph Heubner, Vizepräsident des Komitees, das Fehlen eines Termins. »Dabei wird seine Entscheidung in diesem Falle bahnbrechende Auswirkungen haben.« Es geht um nichts Geringeres als die juristische Bewertung des KZ-Systems, also das, was Jens Rommel als Grundlage der Arbeit der Zentralen Stelle beschreibt.

Die Verzögerung empört viele Überlebende. »Waren die Verfahren von Lüneburg und Detmold für sie Anzeichen einer neuen Denkweise und Haltung bei deutschen Gerichten«, sagt Heubner mit Blick auf das Gröning-Verfahren, »so bestätigt sie der jetzige schleppende Verlauf des Revisionsverfahrens in ihrer grundsätzlich negativen Erfahrung.«

Umfrage

Klare Mehrheit der Palästinenser gegen Entwaffnung der Hamas

Mehr als die Hälfte der Palästinenser befürwortet die Massaker vom 7. Oktober 2023

 21.12.2025

Interview

»Die Zustände für Juden sind unhaltbar. Es braucht einen Aufstand der Anständigen«

Zentralratspräsident Josef Schuster über den islamistischen Anschlag von Sydney und das jüdische Leben in Deutschland nach dem 7. Oktober

 21.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Faktencheck

Berichte über israelischen Pass Selenskyjs sind Fälschung

Ukrainische Behörden ermitteln wegen hochrangiger Korruption. Doch unter diesen Fakten mischen sich Fälschungen: So ist erfunden, dass bei einer Razzia ein israelischer Pass Selenskyjs gefunden wurde

 20.12.2025

Analyse

Ankaras Machtspiele

Manche befürchten schon einen »neuen Iran«. Warum Israel die Türkei zunehmend als Bedrohung wahrnimmt

von Ralf Balke  20.12.2025

Bundestag

Zentralrat verteidigt Weimers Gedenkstättenkonzept

Der Ausschuss für Kultur und Medien hörte Experten zu der Frage an, ob über den Holocaust hinaus auch andere Verbrechen Teil der deutschen Erinnerungskultur sein sollen

 19.12.2025

Frankreich

Drei Jahre Haft für antisemitisches Kindermädchen

Ein französisches Gericht hat eine Algerierin zur einer Gefängnisstrafe verurteilt, weil sie einer jüdischen Familie Reinigungsmittel ins Essen, Trinken und die Kosmetika mischte

 19.12.2025

Berlin

Bericht über Missbrauch internationaler Hilfe durch Hamas im Bundestag vorgestellt

Olga Deutsch von der Organisation NGO Monitor sagt, während die Bundesregierung über Beiträge zum Wiederaufbau Gazas berate, sei es entscheidend, auf bestehende Risiken hinzuweisen

von Imanuel Marcus  19.12.2025

Meinung

Heute Juden, morgen Christen

Judenhass führt konsequent zum Mord. Dafür darf es kein Alibi geben

von Rafael Seligmann  19.12.2025