Ronen Steinke

Ermittlungen aus Den Haag

Ronen Steinke Foto: Peter von Felbert

Ronen Steinke

Ermittlungen aus Den Haag

Die Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs bedeutet einen Einschnitt für Israel – aber auch für die Hamas

von Ronen Steinke  11.02.2021 08:30 Uhr

In Jerusalem ist diese Nachricht unter Protest aufgenommen worden; Israels Premier Benjamin Netanjahu spricht von einer »Pervertierung der Justiz«, sein Verteidigungsminister Benny Gantz von »politischer Voreingenommenheit«: Die Richter des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag haben den Weg frei gemacht für Ermittlungen gegen israelische Politiker und Offiziere wegen möglicher Kriegsverbrechen in den Palästinensergebieten.

einschnitt Nach Jahren der juristischen Diskussionen bedeutet dies einen wirklichen Einschnitt für Israel. Nicht, weil die Juristen in Den Haag etwa nur einseitig gegen Israel losgaloppieren wollten. Nein: Obwohl es Palästinenser waren, die das Gericht vor Jahren angerufen haben, sind die Juristen nun nicht an deren politische Wünsche gebunden.

Die Richter haben von Beginn an klargemacht, dass sie sich beim Blick auf die Kriege der vergangenen Jahre auch für die Hamas interessieren würden.

Im Gegenteil: Sie haben von Beginn an klargemacht, dass sie sich beim Blick auf die Kriege der vergangenen Jahre auch für die Hamas interessieren würden, deren Raketenterror und Missbrauch von Zivilisten als Schutzschilde.

Die Juristen in Den Haag sind keine Eiferer. Schon gar nicht sind sie Antisemiten, wie Netanjahu jetzt tönt. Trotzdem hat die israelische Führung nun viel mehr von ihnen zu fürchten als die palästinensische.

BEFEHLSKETTEN Das hat einen praktischen Grund. Es dürfte den Ermittlern viel leichter fallen, israelische Politiker strafrechtlich zu überführen als deren palästinensische Gegner – ganz unabhängig davon, wie schwer die jeweiligen Vorwürfe wiegen.

Ermittlungen müssen sich immer gegen konkrete Personen richten. Aber die Ränge der Hamas sind schwer zu durchdringen. Dagegen stehen die klaren Befehlsketten in Israel. Namen, Gesichter. Hinzu kommt: Wenn internationale Haftbefehle gegen beide Seiten gleichermaßen erlassen würden, also gegen Mitglieder der Regierung Netanjahu ebenso wie gegen Hamas-Führer, wen von beiden würde dies wohl mehr schmerzen?

Die Strategen der Hamas stehen ohnehin auf Terrorlisten. Es würde an ihrem Pariastatus in weiten Teilen der Welt kaum viel ändern. Für Israels Politiker hingegen wäre es ein weiterer Schritt hin zur internationalen Isolation.

Der Autor ist Jurist und Redakteur der »Süddeutschen Zeitung«.

Jubiläum

Stimme der Demokratie

Vor 75 Jahren wurde der Zentralrat der Juden in Deutschland gegründet. Heute hat das Gremium vielfältige Aufgaben und ist unverzichtbarer Teil dieses Landes

von Detlef David Kauschke  17.09.2025

Europäische Union

Wie die EU-Kommission Israel sanktionieren will

Ursula von der Leyens Kommission will Israel alle Handelsvergünstigungen streichen. Doch eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten ist (noch) nicht in Sicht. Die Hintergründe

von Michael Thaidigsmann  17.09.2025

Meinung

Sánchez missbraucht ein Radrennen für seine Israelpolitik

Dass Spaniens Regierungschef die Störer der Vuelta lobte, ist demokratieschwächend und gehört zu seinem Kalkül, Israel weltweit zu isolieren

von Nicole Dreyfus  17.09.2025

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  17.09.2025

Zentralrat

Schuster: Zwei-Staaten-Lösung nach Friedensverhandlungen mit Israel

Ein jeweils selbstständiger Staat Israel und Palästina - dafür spricht sich auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland aus. Unter bestimmten Voraussetzungen

von Leticia Witte  17.09.2025

Köln

Antisemitische Ausschreitungen bei Kreisliga-Spiel

Spieler des Vereins Makkabi wurden offenbar beschimpft, bespuckt und körperlich attackiert

 17.09.2025

Antisemitismus

Berliner Treitschkestraße wird am 1. Oktober umbenannt

Der Straßenname erinnert künftig an die im KZ Theresienstadt gestorbene ehemalige Direktorin des früheren jüdischen Blindenheims von Steglitz, Betty Katz (1872-1944)

 17.09.2025

Kritik

Toni Krahl hat »kein Verständnis« für israelfeindliche Demonstrationen

Was in der Region um Israel passiere, sei ein Drama, das sich über Jahrzehnte entwickelt habe, sagte Krahl

 17.09.2025

Berlin

Ahmetovic: Berlin muss Weg für Israel-Sanktionen freimachen

Der SPD-Politiker fordert, dass die schwarz-rote Koalition ihre »Blockadehaltung« beendet und die Vorschläge von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für konkrete Maßnahmen gegen den jüdischen Staat unterstützt

 17.09.2025