Einspruch

Erdogans Chuzpe

Was ist Chuzpe? Wenn ein Elternmörder vor Gericht mildernde Umstände einfordert, weil er Vollwaise ist. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan ist derzeit dabei, diese Definition noch zu überbieten.

Weil er sich zu Recht Granateneinschläge aus Syrien auf seinem Staatsgebiet nicht länger bieten lassen will, droht Erdogan seit geraumer Zeit mit militärischer Intervention und fordert bei der Nato die Stationierung deutscher Patriot-Abwehrraketen an der syrischen Grenze an. Zugleich nimmt er sich die Freiheit, auf irakischem Staatsgebiet gegen die kurdische PKK vorzugehen – Luftangriffe eingeschlossen. Für zivile Opfer dieser Operationen interessiert sich in der Weltöffentlichkeit übrigens niemand.

hasstiraden Israel aber, seinerseits ständigem Raketenbeschuss aus Gaza ausgesetzt, wird von Erdogan als »terroristischer Staat« denunziert, wenn es sich mit chirurgischen Schlägen gegen die militärische Struktur der Hamas zur Wehr setzt. Seine antiisraelische Agitation, die den »Zionisten« nach antisemitischem Muster »Massaker an Kindern« in Gaza unterstellt, unterscheidet sich kaum noch von den Hasstiraden seiner arabischen Freunde wie den ägyptischen Muslimbrüdern und der Hamas, als deren Schutzmacht er die Türkei etablieren will.

Nicht nur bei der Eindämmung des auf die ganze Region überspringenden Gemetzels in Syrien, sondern auch im Kampf gegen den Terrorismus wären die Türkei und Israel eigentlich natürliche Verbündete. Doch Erdogan führt, seiner islamistischen Ideologie und seinen großtürkischen Hegemonieträumen folgend, sein Land immer weiter in den Irrationalismus. Noch stellt er Israels Existenzrecht nicht explizit infrage, doch seine Rhetorik kommt dem mittlerweile bedrohlich nahe. Der Westen muss sich indes ernsthaft fragen, wie lange er sich noch einen Partner leisten kann, der sich offen mit terroristischen Judenhassern wie der Hamas solidarisiert.

Der Autor ist Politischer Korrespondent der »Welt« und »Welt am Sonntag«.

Berlin

Friedrich Merz besucht Israel

Als Kanzler ist es sein erster Aufenthalt im jüdischen Staat. Die Beziehungen hatten zuletzt unter Druck gestanden

 25.11.2025

TV-Tipp

Ein äußerst untypischer Oligarch: Arte-Doku zeigt Lebensweg des Telegram-Gründers Pawel Durow

Der Dokumentarfilm »Telegram - Das dunkle Imperium von Pawel Durow« erzählt auf Arte und in der ARD-Mediathek die Geschichte der schwer fassbaren Messengerdienst-Plattform-Mischung und ihres Gründers Pawel Durow

von Christian Bartels  25.11.2025

Israel

Antisemitismus-Beauftragter wirft Sophie von der Tann Verharmlosung der Hamas-Massaker vor

Die ARD-Journalistin soll in einem Hintergrundgespräch gesagt haben, dass die Massaker vom 7. Oktober eine »Vorgeschichte« habe, die bis zum Zerfall des Osmanischen Reiches zurückreiche

 25.11.2025

Interview

»Weder die Verwaltung noch die Politik stehen an meiner Seite«

Stefan Hensel hat seinen Rücktritt als Antisemitismusbeauftragter Hamburgs angekündigt. Ein Gespräch über die Folgen des 7. Oktober, den Kampf gegen Windmühlen und kleine Gesten der Solidarität

von Joshua Schultheis  25.11.2025

Ramallah

Nach Hammer-Angriff auf Israeli - mutmaßlicher Täter getötet

Vor mehr als einem Jahr kam ein israelischer Wachmann im Westjordanland bei einem Angriff ums Leben. Seitdem haben israelische Sicherheitskräfte nach dem flüchtigen Täter gesucht

 25.11.2025

Orange Day

Palina Rojinski spricht über Gewalt in früherer Beziehung

Wie viele Frauen hat auch die Moderatorin einst in einer Beziehung Gewalt durch ihren Partner erfahren. Darüber spricht sie nun auf Instagram. Sie will anderen Mut machen, sich Hilfe zu holen

 25.11.2025

Entscheidung

Berlin benennt Platz nach Margot Friedländer

Jahrzehntelang engagierte sich die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer für Aussöhnung. Nun erfährt die Berlinerin nach ihrem Tod eine besondere Ehrung

 25.11.2025

Hanau

Rabbiner antisemitisch beleidigt

Für die Gemeinde ist die Pöbel-Attacke kein Einzelfall

 25.11.2025

Berlin

RIAS: Polizei erfasst antisemitische Taten lückenhaft

Der Bundesverband sagt, es gebe strukturelle Probleme, Unsicherheiten im Umgang mit Betroffenen und ein insgesamt unzureichendes Bild antisemitischer Hasskriminalität in den offiziellen Statistiken

 25.11.2025