Siedlungspolitik

Enttäuschte Freunde

Unstimmigkeiten: Zwischen Angela Merkel und Benjamin Netanjahu soll es einen heftigen Wortwechsel gegeben haben. Foto: bundesbildstelle

Heftiger Knatsch unter Freunden? Die Online-Ausgabe der Tageszeitung »Haaretz« berichtet am Freitag von einer Krise in den deutsch-israelischen Beziehungen. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Israels Premier Benjamin Netanjahu sollen sich in einem Telefongespräch am vergangenen Montag deutlich die Meinung über den Friedensprozess im Nahen Osten gesagt haben. Die Zeitung zitiert eine offizielle Quelle, der zufolge das Gespräch mit gegenseitigen Anschuldigungen in einer »äußerst angespannten« Atmosphäre stattgefunden habe. Die Kanzlerin sei regelrecht »erzürnt« gewesen.

Netanjahu soll dabei seine Enttäuschung über das deutsche Abstimmungsverhalten im UN-Sicherheitsrat zum Ausdruck gebracht haben. Merkel ihrerseits habe Israels Regierungschef kritisiert, »nicht einen einzigen Schritt« unternommen zu haben, um den Frieden zu befördern. Netanjahu habe versichert, in Kürze eine diplomatische Initiative mit einem neuen Friedensplan präsentieren zu wollen.

ton der kanzlerin Mark Regev, Sprecher des israelischen Premierministers, wollte den Vorgang auf Anfrage der Jüdischen Allgemeinen nicht kommentieren. Er sagte nur, es sei nicht üblich, zu Presseberichten Stellung zu nehmen. Der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, wollte am Freitag vor der Bundespressekonferenz in Berlin ebenfalls keine Details der vertraulichen Unterredung wiedergeben. »Ich kann nur sagen, dass der Ton, den die israelische Zeitung da von Quellen, die ich nicht kenne, berichtet bekommen zu haben glaubt, mit Sicherheit nicht der Ton der Kanzlerin ist«, so Seibert. Er bestätigte, dass der gegenwärtige Stillstand des Friedensprozesses ein wichtiger Gesprächsgegenstand während des Telefonats war. Diesen Stillstand habe die Bundeskanzlerin in vielen öffentlichen Äußerungen kritisiert, weil sie davon überzeugt sei, dass dort im Moment eine wichtige Chance vergeben werde.

Hintergrund des Streits: Am Freitag vergangener Woche hatte die Bundesrepublik mit weiteren 13 ständigen und nichtständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates einer israelkritischen Resolution zugestimmt. In dem Papier ging es um eine Verurteilung der Siedlungspolitik in den 1967 besetzten Gebieten. die ein »Hindernis für einen Frieden in Nahost« darstelle. Die USA haben die Resolution durch ihr Veto gestoppt. Die UNO sei der falsche Ort zur Lösung des Nahost-Konflikts, lautete die Begründung.

Beitrag leisten Jerusalem begrüßte die amerikanische Position, die »zur Wiederaufnahme des diplomatischen Prozesses« beitrage. Gleichzeitig sei bedauerlich, dass die anderen Sicherheitsratsmitglieder davon Abstand genommen hätten, den gleichen Beitrag zu leisten.

Unterdessen gibt es eine Unterschriftenaktion des Frankfurter Vereins »Honestly Concerned«, in der die Zustimmung Deutschlands zur Verurteilung Israels im UN-Sicherheitsrat verurteilt wird. Darin heißt es: »Die arabische Welt brennt. Doch der UN-Sicherheitsrat hat nichts Besseres zu tun, als drei Stunden lang über Israels Siedlungspolitik zu debattieren, mit dem Ziel, sie als illegal zu verurteilen.« Am Freitagvormittag hatten bereits 3.600 Personen die Petition unterzeichnet. Initiator Sacha Stawski kündigte an, Bundeskanzlerin Merkel, Bundesaußenminister Westerwelle sowie alle Mitglieder des Bundestages über die Unterschriftenaktion zu informieren.

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