Paul-Spiegel-Preis

»Eine ganz besondere Ehre«

Herr Manneke, Sie engagieren sich seit Jahren gegen Rassismus und Rechtsextremismus. Warum?
Ich kam 1995 in die Lüneburger Heide. Zuvor war ich 13 Jahre lang Auslandspfarrer der Evangelischen Kirche in Südafrika gewesen, auch zur Zeit der Apartheid. Das hat mich sensibel gemacht für Rassismus, Ausgrenzung, Diffamierung und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Als ich dann meine Stelle in Unterlüß angetreten habe, musste ich mit Schrecken feststellen, dass sich nur 20 Kilometer entfernt ein Schulungszentrum befand, das von dem Rechtsanwalt und NPD-Politiker Jürgen Rieger betrieben wurde und ein Treffpunkt der rechtsextremen Szene war. Es gab bereits eine Protestgruppe, der ich mich sofort anschloss, bis 1998 das Schulungszentrum vom Land geschlossen wurde. Gerade in unserer Region ist Rechtsextremismus stark verbreitet. Im Umkreis von 50 Kilometern gibt es vier Neonazi-Kameradschaften.

Warum ausgerechnet im Süden der Lüneburger Heide?
Niedersachsen hat einige Regionen, in de­nen Rechtsextreme besonders aktiv sind: die Lüneburger Heide, den Harz, das Schaumburger Land. Das hat auch damit zu tun, dass diese Gegenden dünn besiedelt und strukturell schwach sind, es gibt nicht viel Industrie und nur wenige Arbeitsplätze. »Wir erobern die Städte vom Land aus«, hatte Rieger damals gesagt und damit einen Nerv getroffen. Solch gefährlichen Populisten müssen wir Einhalt gebieten. Gemeinsam haben wir das »Netzwerk Südheide gegen Rechtsextremismus« gegründet.

Wie reagiert die Szene darauf?

Eine Erfahrung, die auch viele meiner Mitstreiterinnen und Mitstreiter machen, ist: Wer sich Rechtsextremen in den Weg stellt, ist Anfeindungen ausgesetzt. Das ist fast so sicher wie das Amen in der Kirche. Schon 1996 wurden die ersten Hakenkreuze an die Kirchentür geschmiert. Zweimal standen Neonazis nachts vor meiner Haustür und brüllten ihre Parolen, 2011 gab es einen Brandanschlag auf unser Pfarrhaus. Ich erlebe Hetze im Internet, erhalte anonyme Zuschriften und fand vor Kurzem eine tote Ratte an der Türklinke. Jedes Mal erstatte ich Anzeige und mache die Sache öffentlich.

Sie erhalten für Ihr Engagement den Paul-Spiegel-Preis für Zivilcourage 2018. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?
Sehr viel! Es ist das erste Mal, dass ich für mein Engagement gewürdigt werde. Und dass diese Auszeichnung vom Zentralrat der Juden kommt, ehrt mich besonders, da gerade Rechtsextreme sehr intensiv Antisemitismus betreiben und Juden im Visier haben. Die Kirche leidet übrigens ebenso un­ter den Anfeindungen, bei denen sie als »Judensekte« bezeichnet wird. Und da sich auch Paul Spiegel gegen Fremdenfeindlichkeit und Ras­sismus stark engagiert hat, freue ich mich sehr.

Mit dem Pfarrer der Friedenskirche Unterlüß sprach Detlef David Kauschke.

Berlin

Gericht vertagt Verhandlung über Lahav Shapiras Klage gegen Freie Universität

Warum die Anwältin des jüdischen Studenten die Entscheidung der Richter trotzdem als großen Erfolg wertet. Die Hintergründe

 15.07.2025 Aktualisiert

Berlin

Vor 90 Jahren: Antisemitische Ausschreitungen am Kudamm

Am 15. Juli 1935 griff bei diesem Pogrom ein Nazi-Mob jüdische Passanten an. Zahlreiche Menschen wurden verletzt

 15.07.2025

Andenken

Berliner SPD: Straße oder Platz nach Margot Friedländer benennen

Margot Friedländer gehörte zu den bekanntesten Zeitzeugen der Verbrechen der Nationalsozialisten. Für ihr unermüdliches Wirken will die Berliner SPD die im Mai gestorbene Holocaust-Überlebende nun sichtbar ehren

 15.07.2025

Menlo Park

Zuckerberg kündigt riesige KI-Rechenzentren an

Der Facebook-Gründer will bei Künstlicher Intelligenz vorn liegen. Dafür nimmt er hunderte Milliarden Dollar in die Hand

 15.07.2025

München

Angriff auf Juden: Marokkaner muss ins Gefängnis

Das Verbrechen ereignete sich vor einem Jahr in der Münchner Innenstadt

 15.07.2025

Berlin

Organisationen unterstützen Lahav Shapiras Klage gegen die Freie Universität

Die Klage sei von »grundsätzlicher Bedeutung für alle Studierenden«, sagt etwa der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt

 15.07.2025

Untersuchung

BBC verletzte Sorgfaltspflicht mit Gaza-Doku

Wie sich herausstellt, ist der jugendliche Erzähler in einer BBC-Doku der Sohn eines Hamas-Vertreters. Das sorgt für heftige Kritik. Es ist nicht der einzige Fall, bei dem Sender schlecht aussieht

 15.07.2025

Judenhass

AJC Berlin: »Pro-palästinensische« Demos erinnern an Querdenker

Israelfeindliche Demonstranten und Querdenker? Aus Sicht des Direktors des American Jewish Committee gibt es da durchaus Gemeinsamkeiten. Was er jetzt von der deutschen Zivilgesellschaft erwartet

von Johannes Peter Senk  14.07.2025

Medien

Die Deutsche Welle und Israel: Mitarbeiter werfen ihrem Sender journalistisches Versagen vor

Die Hintergründe

von Edgar S. Hasse  14.07.2025