Organisation

»Eine andere jüdische Stimme«

Micha Brumlik Foto: dpa

Herr Brumlik, Sie haben am Sonntag mit anderen Gleichgesinnten den deutschen Ableger von JCall gegründet, der Initiative europäischer Juden für Frieden und Vernunft. Warum das?
Wir sind Bestandteil der europäischen Dachorganisation. Und die hat sich vorgenommen, der nicht gerade kooperationsbereiten Haltung der israelischen Regierungskoalition eine andere jüdische Stimme entgegenzusetzen.

Dazu braucht es einen nationalen Ableger?
JCall Europa hat schon bei seiner Konstituierung im vergangenen Jahr beschlossen, nationale Untergruppierungen zu schaffen: So können wir nicht nur auf die EU, sondern auch auf die jeweiligen Öffentlichkeiten und Regierungen Einfluss nehmen. Uns ist wichtig, die Zwei-Staaten-Lösung voranzubringen.

Wie groß ist JCall in Deutschland?
Wir waren bei der Gründung in Frankfurt am Main zehn Personen, unter anderem unser Erster Vorsitzender, Rabbiner Tovia Ben-Chorin aus Berlin, Hans Jakob Ginsburg, Cilly Kugelmann und Judith Bernstein.

Das sind Einzelne, die sich in Sachen Nahostkonflikt schon mehrfach öffentlich zu Wort gemeldet haben. Was soll ein Zusammenschluss bewirken?
Wir wollen als Gruppe auftreten, so bekommt jede unserer Stimmen mehr Gewicht. Und wir können dadurch besser in die jüdischen Gemeinden hinein wirken.

Es gibt inzwischen einige jüdische Interessenvertretungen, die sich mit dem Konflikt zwischen Palästinensern und Israelis beschäftigen. Wofür steht JCall?
Wir grenzen uns in zwei Richtungen ab: Zum einen von vielen – nicht allen – Vorsitzenden jüdischer Gemeinden in Deutschland, die der Meinung sind, dass Kritik an der israelischen Regierungspolitik das Land schwächen würde. Zum anderen setzen wir uns von den »European Jews for a Just Peace« ab, die gegenwärtig durch ihre Gaza-Aktion von sich reden machen. Ich kann nicht verstehen, wie man mit einer terroristischen Organisation wie der Hamas kooperieren kann. Wir beanspruchen für uns, einen Weg aufzuzeigen, den auch eine Mehrheit der Juden mittragen kann.

Was kritisieren Sie konkret an der Politik Jerusalems?
Premier Netanjahu kann sich offenbar in seiner eigenen Koalition nicht durchsetzen und den Siedlungsstopp um wenigsten zwei, drei Wochen verlängern. Das ist beschämend.

Und was ist mit der palästinensischen Seite?
Die im Westjordanland regierende Fatah hat schon vor Jahren die Existenz Israels anerkannt. Das ist sowohl eine realistische als auch eine produktive Einstellung. Bei der Hamas ist das genaue Gegenteil der Fall.

Setzt sich eine Gruppe wie JCall, die sich kritisch zur israelischen Regierungspolitik äußert, nicht der Gefahr aus, Beifall von der falschen Seite zu erhalten?
Nein, wir treten ohne Wenn und Aber für die Zwei-Staaten-Lösung ein. Die Hamas ist eindeutig dagegen. Die Islamisten haben mit mehreren mörderischen Terrorakten versucht, die aktuellen Friedensgespräche zwischen Israel und den Palästinensern in Washington zu torpedieren. Das Hamas-Regime im Gazastreifen ist weder zum Frieden bereit noch fähig.

Mit dem Frankfurter Erziehungswissenschaftler und Publizisten sprach Martin Krauß.

Meinung

Die AfD schreckt vor nichts mehr zurück

Im Bundestag bagatellisiert die AfD sogar den Völkermord an bosnischen Muslimen 1995, um gegen Muslime in Deutschland zu hetzen

von Michael Thaidigsmann  11.07.2025

Berlin

AfD-Eklat im Bundestag bei Debatte über Völkermord

Der Bundestag unterbricht seine Haushaltsberatungen für eine Diskussion zum Gedenken an das Kriegsverbrechen in Srebrenica vor 30 Jahren. Bei AfD-Reden kommt es zum Skandal

 11.07.2025

Justiz

Berufung wegen antisemitischer Inhalte auf X zurückgewiesen

Das Landgericht hatte die Klage im Juni 2024 mit Verweis auf fehlende internationale Zuständigkeit abgewiesen

 11.07.2025

Ravensbrück

Familie von KZ-Überlebender erhält Ring zurück

Im Frühjahr war es demnach einer Freiwilligen gelungen, die Familie von Halina Kucharczyk ausfindig zu machen

 11.07.2025

Thüringen

Voigt für deutsch-israelisches Jugendwerk in Weimar

Er führe dazu Gespräche mit israelischen Partnern, die bereits Interesse an einer Ansiedlung in Thüringen signalisiert hätten

 11.07.2025

Washington D.C.

US-Behörde wartet auf Daten zu attackierten Iran-Atomanlagen

In welche Tiefen drangen die bunkerbrechenden Bomben in die iranischen Atomanlagen vor? Die für die Entwicklung der Bomben zuständige Behörde hat darauf noch keine Antwort

 11.07.2025

Sarajevo/Berlin

Rabbiner: Srebrenica-Gedenken in Deutschland besonders wichtig

8.000 Tote und eine Wunde, die nicht verheilt: Heute gedenkt die Welt der Opfer des Massakers von Srebrenica. Das liberale Judentum sieht eine gemeinsame Verantwortung - auch bei der deutschen Erinnerungskultur

 11.07.2025

Brüssel

EU baut Drohkulisse gegen Israel auf

Die EU will Israel zu einer besseren humanitären Versorgung der Menschen in Gaza drängen - und präsentiert das Inventar ihrer Daumenschrauben

 11.07.2025

Berlin

Mehr Verfahren wegen Antisemitismus eingeleitet

Die Berliner Staatsanwaltschaft bearbeitet Hunderte Fälle mit antisemitischem Hintergrund

 11.07.2025