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»Ein Nürnberger Bub«

Yaron Lischinsky Foto: Israeli Embassy Washington

Nach dem Mord an Yaron Lischinsky und Sarah Milgrim, die am Mittwochabend vor dem Capital Jewish Museum in Washington D. C. erschossen wurden, als sie eine Veranstaltung verließen, trifft der Schock viele Menschen, die die Angestellten der israelischen Botschaft in der Hauptstadt der USA persönlich kannten – darunter Israels Botschafter in Berlin, Ron Prosor.

»Der erschütternde Mord an Yaron Lischinsky und Sarah Milgram lässt mich fassungslos zurück. Yaron habe ich persönlich gekannt, er war einer meiner Studenten am Abba-Eban-Institut für Internationale Diplomatie«, sagte er der Jüdischen Allgemeinen.

»Yaron glaubte daran, dass Frieden mit Israels Nachbarn möglich sei. Yaron wollte seiner Sarah bald einen Heiratsantrag machen. Den Ring dazu hat er bereits gekauft. Das junge Paar teilte die Leidenschaft für Demokratie und interkulturelles Verständnis. Die beiden standen am Anfang ihres Lebens, als sie kaltblütig von einem Extremisten erschossen wurden«, so der israelische Botschafter in Berlin.

Weiter sagte Ron Prosor: »Sie wurden ermordet, weil sie sich für den Staat Israel einsetzten. Diejenigen, die Israel seit Monaten dämonisieren und delegitimieren, haben ein Klima geschaffen, in dem diese Tat gedeihen konnte. Die Saat des Hasses ist aufgegangen. Meine Gedanken sind bei der Familie von Yaron und Sarah. Möge die Erinnerung an sie ein Segen sein. Wir werden sie niemals vergessen.«

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Auch die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) trauert um Lischinsky und Milgrim. Lischinsky sei ein »langjähriger Brückenbauer in den deutsch-israelischen Beziehungen« gewesen, war Gründungsmitglied der Israelisch-Deutschen Gesellschaft, der Schwesterorganisation der DIG, und hatte das Jugendforum (JuFo) der DIG mitaufgebaut.

»Die DIG ist tief erschüttert über diesen antisemitischen Doppelmord und trauert um die Opfer«, schreibt DIG-Präsident Volker Beck in einer Pressemitteilung. »Unser aufrichtiges Mitgefühl gilt den Familien und Freunden der Getöteten. Yaron Lischinsky war ein außergewöhnlicher Mensch. In Teilen in Bayern aufgewachsen, sprach er fließend Deutsch und bewegte sich mit großer Selbstverständlichkeit zwischen den Kulturen. Wir erinnern an ihn als aufgeschlossenen, klugen und tief engagierten Menschen, dessen Interesse an den deutsch-israelischen Beziehungen und an Wegen zu friedlicher Koexistenz im Nahen Osten auf sein gesamtes Umfeld ausstrahlte.«

»Yaron war talentierter, herzensguter Mensch – und unser Freund. Er wird sehr fehlen.«

Lischinsky habe zahlreiche politische wie kulturelle Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit dem JuFo der DIG organisiert und leistete damit einen bedeutenden Beitrag zur Stärkung der deutsch-israelischen Beziehungen.« Ohne ihn, so beschreiben es enge Freunde, wäre diese Organisation niemals entstanden.

»Yaron war einer von uns, ein Nürnberger Bub«, heißt es auf der Facebook-Seite der DIG. »Er und seine Freundin wollten sich nächste Woche in Jerusalem verloben.« Yaron sei ein »unglaublich herzlicher, intelligenter, ruhiger und interessierter Mensch« gewesen. »Als leidenschaftlicher Fotograf richtete er seine Linse auf die besonderen Ecken und Details, die anderen oft entgingen. Ein talentierter, herzensguter Mensch – und unser Freund. Er wird sehr fehlen.«

»Er war einer von uns«

Die Münchnerin Antonia Pfeifer, die Yaron Lischinksy aus der gemeinsamen Zeit beim JuFo kannte, beschrieb ihn im Gespräch mit dieser Zeitung so: »Er war sehr engagiert, hat viele Events mit jungen Israelis und Deutschen organisiert und sich für den Austausch sehr eingesetzt. Als er 2022 nach Washington ging, um seine Stelle bei der israelischen Botschaft anzutreten, hat er das als Riesenehre beschrieben und sich wirklich sehr gefreut.« Sie nannte den Getöteten einen »herzlichen und lieben Menschen«.

»Mein Herz blutet, dass diese zwei jungen, engagierten Seelen durch einen radikalen Extremisten ausgelöscht wurden. Mir fällt es noch schwer, das alles zu realisieren«, schreibt die in Israel lebende Jenny Havemann, die Lischinsky von DIG-Treffen kannte, auf Instagram. Und sie ist wütend: »Mein Frust zieht sich bereits über Monate hinweg. Ich beobachte, wie mehr und mehr Menschen sich radikalisieren. Das sind nicht nur Menschen auf Social Media, sondern Menschen in Schlüsselfunktionen: Journalist:innen, Lehrkräfte, Politiker:innen, … Wie weit geht diese Radikalisierung? Wie reagiert die Gesellschaft darauf?«

Auch der in Israel lebende Media-Influencer Aaron Morali kannte Lischinsky persönlich. Sie lernten sich 2017 bei Taglit in Israel kennen, wo Lischinsky als Sicherheitsmann der deutschen Gruppe im Einsatz war. Sein Tod sei »ein großer Schock. Er war einer von uns«, sagte Morali dieser Zeitung und beschreibt ihn als »einen lebensfreudigen, lustigen und zugleich schüchternen« Menschen. »Wir werden ihn nie vergessen«. ja

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