Interview

»Ein klares Bekenntnis«

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen Foto: Rafael Herlich

Frau Ministerin, Ihre Entscheidung für eine jüdische Militärseelsorge hat viele überrascht. Warum jetzt, warum so schnell?
Es war an der Zeit. Mich erfüllt mit Freude zu sehen, wie jüdisches Leben in Deutschland blüht. Und wir haben seit einiger Zeit eine deutlich wachsende Zahl von Frauen und Männern, die in den deutschen Streitkräften ihren Dienst leisten. Sie sind bereit, alles für unser Land zu geben, und sie haben Sorgen, Fragen oder einfach Gesprächsbedarf. Sie haben wie alle Soldatinnen und Soldaten Anspruch auf seelsorgerische Betreuung. Deswegen gehen wir jetzt das Thema Militärrabbiner an.

Wie viele Militärrabbiner wird es geben?
Wir tasten uns an die richtige Zahl heran und werden natürlich darauf achten, wie das neue Angebot angenommen wird. Die etwa 300 jüdischen Soldatinnen und Soldaten können sich an eine zentrale Ansprechstelle wenden. Weil sie an Hunderten Standorten verstreut ihren Dienst tun, wird der Militärrabbiner viel über Telefon und Skype Verbindung halten. Natürlich kann er alle Dienststellen in der ganzen Bundeswehr bereisen und auch in die Einsatzgebiete reisen.

Kümmern sich die Rabbiner nur um jüdische Soldaten?
Selbstverständlich werden in Zukunft Militärrabbiner die gleichen Aufgaben übernehmen wie unsere christlichen Seelsorger. Dazu gehört nicht nur die konfessionsübergreifende Betreuung, sondern zum Beispiel auch das Mitgestalten des Lebenskundlichen Unterrichts für die übrige Truppe.

In der Wehrpflichtarmee galt, dass Juden nicht eingezogen werden. Gibt es nun eine neue Ära?
Zum einen ist die Bundeswehr ja schon länger eine Freiwilligenarmee, zum anderen lassen wir eine alte Tradition neu aufleben. Jüdische Soldaten in deutschen Streitkräften und auch Militärrabbiner waren früher ein fester Bestandteil des soldatischen Alltags. Daran knüpfen wir an. Ich sehe die Wiedereinführung von Militärrabbinern aber auch als wichtiges Zeichen gegen einen aufkeimenden Antisemitismus in Teilen der Gesellschaft – ein klares Bekenntnis zu unseren jüdischen Kameradinnen und Kameraden.

Gibt es Probleme, wenn ein jüdischer Soldat mit rechten Thesen konfrontiert wird?
Ich gehe davon aus, dass alle Soldatinnen und Soldaten rechte Thesen strikt und mutig zurückweisen und das nicht erst ihren jüdischen Kameradinnen und Kameraden überlassen. Sie schwören denselben Eid auf unsere Verfassung und dass sie unserem Land treu dienen. Dass sie seine Werte verteidigen – dazu gehört auch der Respekt vor der Würde jedes Einzelnen. Sie kämpfen Schulter an Schulter mit Angehörigen anderer Konfessionen. Die Bundeswehr ist stolz auf ihre weltanschauliche Neutralität. Schon deswegen dulden wir keine rechtsextremistischen Tendenzen. Jede Meldung, jeder Vorfall wird genauestens untersucht und ihnen nachgegangen. Das ist mir ein wichtiges Anliegen.

Mit der Bundesverteidigungsministerin sprach Martin Krauß.

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