Nach den massiven Übergriffen auf die Drusengemeinschaft in Syrien hat der israelische Drusenführer Scheich Muwafaq Tarif schwere Vorwürfe gegen die neue syrische Führung erhoben. Im Gespräch mit dem israelischen Radiosender 103FM zeigte sich der spirituelle Führer der Drusen erschüttert über das Ausmaß der Gewalt und zog Parallelen zur Terrororganisation Hamas.
»Wir haben diesen Film mit der Hamas schon einmal gesehen – es sind dieselben Leute«, sagte Tarif wörtlich. Anlass war der jüngste Angriff militanter Kräfte in drusischen Gebieten im Süden Syriens, bei dem laut Tarif »Hunderte getötet und Tausende verletzt« wurden.
Auch von systematischen Vergewaltigungen, Plünderungen und gezielter Tötung von Zivilisten und Verletzten berichtete der Scheich: »Sie sind in Häuser eingedrungen, haben Krankenschwestern vergewaltigt und getötet, Patienten massakriert – das alles ist dokumentiert.«
Verrat und Täuschung
Trotz eines vereinbarten Waffenstillstands hätten die Angriffe auf Drusendörfer in der Nacht zum Donnerstag angehalten. Die Rede sei von ethnischer Säuberung, »Haus für Haus«, so Tarif weiter. Besonders hart kritisierte er den syrischen Interimspräsidenten Ahmed al-Sharaa, dem er Verrat und Täuschung vorwarf: »Es war ein Fehler, die Sanktionen gegen ihn aufzuheben – er hat sich nicht geändert.«
Tarif widersprach in dem Interview auch der Darstellung, es handele sich bei dem Konflikt um eine lokale Auseinandersetzung zwischen Drusen und Beduinen. »Welche Beduinen? Wer kommt mit Panzern, Scharfschützen und gepanzerten Fahrzeugen, um einen lokalen Streit zu schlichten?«, fragte er rhetorisch. Vielmehr handele es sich um einen koordinierten Vormarsch islamistischer Kräfte auf drusisches Gebiet: »Sie haben Dorf um Dorf übernommen, alles geplündert, nichts zurückgelassen.«
Besonders verstörend seien Videos, die das Vorgehen der Angreifer dokumentieren. »Was man dort sieht, erinnert an das, was die Nazis Rabbinern angetan haben«, so Tarif. Ein hochbetagter Scheich sei öffentlich gedemütigt und anschließend getötet worden. Die Drusen seien gezielt angegriffen worden, »weil sie nicht an das glauben, was die Islamisten glauben«, betonte der Geistliche.
Handeln zu zögerlich
Laut Tarif sind mittlerweile keine israelischen Drusen mehr in Syrien. Die letzten Rückkehrer hätten sich rechtzeitig in Sicherheit bringen können. Dennoch forderte er israelische Drusen auf, nicht eigenmächtig zu handeln: »Wir sollten nur an der Grenze protestieren, nicht selbst eingreifen.«
Mit Blick auf die israelische Politik zeigte sich Tarif enttäuscht: »Die Regierung, der Premierminister, das Militär – sie alle hatten erklärt, dass kein Leid über die Drusen kommen werde. Und doch ist es geschehen.« Er habe mit dem Regierungschef, dem Verteidigungsminister und hohen Militärs gesprochen, doch das Handeln sei zu zögerlich gewesen. »Wir hätten früher, entschlossener eingreifen müssen.«
Der Radiosender 103FM, der das Gespräch mit Scheich Muwafaq Tarif führte, berichtete auch über die Reaktion der israelischen Sicherheitskreise. Demnach sei man sich der Lage bewusst, ein Eingreifen jedoch »politisch und militärisch heikel«. ja