Einspruch

Die nächste Enttäuschung

ZWST-Direktor Aron Schuster Foto: Uwe Steinert

Zehntausende jüdische Zugewanderte in Altersarmut warten weiterhin auf eine Anerkennung ihrer Lebensleistung und historischen Verantwortung für die Wiederherstellung jüdischen Lebens in Deutschland im Rahmen einer Härtefallregelung. Während sie zur moralischen Spielmasse in einer finanziellen Auseinandersetzung zwischen Bund und Ländern über die Ausgestaltung eines Härtefallfonds werden, folgt mit dem Bürgergeld die nächste Enttäuschung.

Angesichts der rasant steigenden Preise insbesondere für Energie und Lebensmittel stellt die geplante Erhöhung der Regelsätze zum 1. Januar keine Verbesserung des Lebensstandards dar. Eine gesellschaftliche Teilhabe wird hierdurch auch zukünftig nicht möglich sein. Die weiteren Regelungen wie etwa zum Schonvermögen zielen ausschließlich auf vorübergehende Arbeitslosigkeit ab und helfen Bürgergeldberechtigten im Alter nicht weiter.

verschlechterung Beim ehrenamtlichen Engagement droht sogar eine deutliche Verschlechterung. Ältere Bundesfreiwilligendienstleistende im Transferleistungsbezug müssten eine Kürzung Ihres Bürgergeldes hinnehmen, weil die Anrechnungsfreiheit des Taschengeldes mit einem Höchstalter von 25 Jahren verknüpft wird.

Hunderte Freiwillige in den Einsatzstellen der Zentralwohlfahrtsstelle, die zu einem hohen Anteil einen Migrationshintergrund und den höchsten Altersdurchschnitt im Vergleich mit anderen Zentralstellen aufweisen sowie größtenteils auf Grundsicherung angewiesen sind, werden von der drohenden finanziellen Altersdiskriminierung maßgeblich betroffen sein.

Soziales Engagement darf nicht nur ein Hobby für Privilegierte und finanziell Bessergestellte sein.

Ausschluss von zivilgesellschaftlichem Engagement aufgrund von finanzieller Benachteiligung bedeutet auch den Ausschluss von gesellschaftlicher Teilhabe und sozialem Zugang von vulnerablen Gruppen. Soziales Engagement darf nicht nur ein Hobby für Privilegierte und finanziell Bessergestellte sein, sondern muss für Menschen jeglichen Hintergrundes zugänglich sein und sozial gerecht belohnt werden

Die Blockade der Opposition im Bundesrat und die daraus folgenden Kompromisse im Vermittlungsausschuss werden die Bürgergeldreform aller Voraussicht nach nur verschlimmbessern. Ein Großteil der jüdischen Gemeinschaft Deutschlands wird auch mit dem Bürgergeld arm bleiben.

Der Autor ist Direktor der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST).

Deutschland

»Völlige Schamlosigkeit«: Zentralrat der Juden kritisiert AfD-Spitzenkandidat für NS-Verharmlosung

Der AfD-Spitzenkandidat aus Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, äußert sich einschlägig in einem Podcast zur NS-Zeit

von Verena Schmitt-Roschmann  21.11.2025

München

»Wir verlieren die Hoheit über unsere Narrative«

Der Publizist und Psychologe Ahmad Mansour warnte in München vor Gefahren für die Demokratie - vor allem durch die sozialen Netzwerke

von Sabina Wolf  21.11.2025

Tobias Kühn

Wenn Versöhnung zur Heuchelei wird

Jenaer Professoren wollen die Zusammenarbeit ihrer Universität mit israelischen Partnern prüfen lassen. Unter ihnen ist ausgerechnet ein evangelischer Theologe, der zum Thema Versöhnung lehrt

von Tobias Kühn  21.11.2025

Kommentar

Martin Hikel, Neukölln und die Kapitulation der Berliner SPD vor dem antisemitischen Zeitgeist

Der bisherige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln ist abgestraft worden - weil er die Grundwerte der sozialdemokratischen Partei vertreten hat

von Renée Röske  21.11.2025

Gespräch

»Der Überlebenskampf dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

Deutschland

»Hitler ist niedergekämpft worden. Unsere Städte mussten in Schutt und Asche gelegt werden, leider«

Militanter Linker, Turnschuhminister, Vizekanzler und Außenminister: Das sind die Stationen im Leben des Grünenpolitikers Joschka Fischer. Warum er heute vom CDU-Kanzler Konrad Adenauer ein anderes Bild als früher hat

von Barbara Just  21.11.2025

Berlin

Bundesinnenministerium wechselt Islamismusberater aus

Beraterkreis statt Task Force: Die schwarz-rote Bundesregierung setzt einen anderen Akzent gegen islamistischen Extremismus als die Ampel. Ein neues Expertengremium, zu dem auch Güner Balci gehören wird, soll zunächst einen Aktionsplan erarbeiten

von Alexander Riedel  21.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  21.11.2025 Aktualisiert