Meinung

Die Kippa als Museumsstück

Michael Wuliger Foto: Marco Limberg

Dass die Kippa ins Museum gehört, ist eine These, die zahlreiche säkulare Juden sofort unterschreiben würden. Aber nicht aus Gründen der Religionskritik wird das Bonner Haus der Geschichte der Bundesrepublik im September eine jüdische Kopfbedeckung in seine zeithistorische Sammlung aufnehmen. Das neue Exponat hat der in München lebende Amerikaner Terry Swartzberg gestiftet, der sich seit zwei Jahren grundsätzlich nur mit Kippa in der Öffentlichkeit zeigt und nach eigenen Angaben deshalb noch nie angefeindet wurde – nicht in der bayerischen Landeshauptstadt, nicht in der NPD-Hochburg Sächsische Schweiz, nicht einmal in Berlin-Neukölln.

Wenn das so stimmt, gehört diese Kippa tatsächlich ins Museum. Sie wäre dann nämlich ein Unikat. Andere Kippaträger haben nicht so gute Erfahrungen gemacht. Sie berichten von abschätzigen Blicken, verbalen Anpöbeleien, gar tätlichen Angriffen. Der Zentralrat hat deshalb davor gewarnt, sich in bestimmten Gegenden als Jude zu erkennen zu geben. Manche Rabbiner raten inzwischen ihren Gläubigen, die Kippa sicherheitshalber unter einer Baseballkappe zu verstecken.

Magie Vielleicht besitzen Swartzbergs Kippot – er nennt eine ganze Sammlung davon sein eigen – ja magische Kräfte. Dank einer geheimen kabbalistischen Formel wehren sie automatisch Antisemiten ab. Eine andere Erklärung könnte sein, dass Terry, seinen Fotos im Internet nach zu urteilen, großgewachsen und athletisch aussieht. Mit so jemandem legt man sich nicht so schnell an, Kippa oder keine auf dem Kopf. In jedem Fall beweist der Mann, dass Kippatragen sich lohnt. Nicht nur fühlt er sich, wie er den Medien sagte, mit seiner Kopfbedeckung »befreit«. Sie zahlt sich auch praktisch aus. Swartzberg hat sich mit seiner Kippa einen Namen in den Münchner Medien gemacht und jetzt sogar ein Buch über seine Erfahrungen geschrieben. Nicht zufällig arbeitet er in der PR-Branche.

Das Haus der Geschichte der Bundesrepublik könnte derweil seine Sammlung zeitgenössischer deutscher Judaica weiter ausbauen. Wie wäre es zum Beispiel mit einem Exponat zur Beschneidungsdebatte vor zwei Jahren? Etwas Hübsches für die Vitrinen findet sich zu diesem Thema bestimmt. Eltern neugeborener jüdischer Jungen, die etwas stiften wollen, mögen sich bitte in Bonn melden.

Der Autor ist Publizist in Berlin.

Ostdeutschland

Zentralrat warnt vor AfD-Regierung: »Echte Gefahr für jüdisches Leben«

Der Präsident des Dachverbands der jüdischen Gemeinden sieht in den hohen Umfragewerten der AfD zehn Monate vor den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt einen »Weckruf«

von Joshua Schultheis  05.11.2025

Berlin

Dobrindt verbietet islamistische Vereinigung Muslim Interaktiv

Zudem laufen gegen die Vereine Generation Islam und Realität Islam vereinsrechtliche Ermittlungen

von Martina Herzog  05.11.2025 Aktualisiert

Medien

So erzeugt man einen gefährlichen Spin

Wie das Medienunternehmen »Correctiv« den Versuch unternimmt, die Arbeit des israelischen Psychologen Ahmad Mansour fragwürdig erscheinen zu lassen

von Susanne Schröter  05.11.2025

USA

Sozialist Mamdani wird neuer Bürgermeister von New York

Die Demokraten-Hochburg New York bekommt einen neuen Bürgermeister

 05.11.2025

Judenhass

Berlin-Kreuzberg: Antisemitische Parolen in Schule - Lehrerin angespuckt

Die Hintergründe

 04.11.2025

Meinung

Wenn deutsche Linke jüdische Selbstbestimmung ablehnen

In einer Resolution delegitimiert die Linksjugend Israel als koloniales, rassistisches Projekt. Dabei ist der Staat der Juden nicht zuletzt eine Konsequenz aus den Verbrechen der Deutschen im Nationalsozialismus

von Frederik Schindler  04.11.2025

Auswärtiges Amt

Deutschland entschärft Reisehinweise für Israel

Nach Beginn des Gaza-Krieges hatte das Auswärtige Amt vor Reisen in Teile Israels gewarnt. Dies gilt so nicht mehr. Der Außenminister begründet das mit gewachsenem Vertrauen in den Friedensprozess

 04.11.2025

Würdigung

Margot Friedländer wird mit Sonderbriefmarke geehrt

Wie das Finanzministerium mitteilte, war die Sonderbriefmarke für Friedländer ein »besonderes Anliegen« von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil

 04.11.2025

Jerusalem

Nach Eklat in Jerusalem: Westfälische Präses setzt auf Dialog

Projekte, Gedenkorte und viele Gespräche: Die Theologin Ruck-Schröder war mit einer Delegation des NRW-Landtags fünf Tage in Israel und im Westjordanland. Angesichts der Spannungen setzt sie auf dem Weg zur Verständigung auf Begegnungen und Dialog

von Ingo Lehnick  04.11.2025