Gedenken

»Bis hierhin und nicht weiter«

Jens-Christian Wagner, Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Herr Wagner, was sind derzeit die größten Herausforderungen für KZ-Gedenkstätten?
Der mittlerweile große zeitliche Abstand zum Geschehen, der Abschied von den Zeitzeugen und der Umstand, dass bei vielen in Deutschland das Bewusstsein dafür nachlässt, welche Relevanz die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus für unser demokratisches Selbstverständnis hat. Außerdem die Angriffe auf die Erinnerungskultur von rechtsaußen und die rasante Verbreitung von Fake History im Netz.

Wie wollen Sie das Bewusstsein für die Geschichte der Täter schärfen?
Es geht darum, nicht nur um die Opfer zu trauern, sondern danach zu fragen, warum sie zu Opfern wurden. Also vor allem nach der Motivation der Täterinnen und Täter zu fragen und sich damit auseinanderzusetzen, wie die nationalsozialistische Gesellschaft als eine radikal rassistisch strukturierte Gesellschaft funktioniert hat. Wenn wir das sauber aus der Geschichte herausarbeiten, können wir unseren Gästen in den Gedenkstätten deutlich machen, welche Wirkung autoritäres Denken und ein manichäisches Freund-Feind-Bild auch heute haben.

AfD-Politiker haben in Buchenwald Hausverbot …
Sie dürfen nicht an Veranstaltungen teilnehmen, haben aber als Privatpersonen kein Hausverbot. Auch Björn Höcke könnte sich in unserer Dauerausstellung darüber informieren, welche Folgen rassistisches und antisemitisches Denken hatte. Aber er hat ja zuletzt erklärt, dass ihn die Geschichte des 20. Jahrhunderts nicht interessiert.

Wie würde es sich auf Ihre Arbeit auswirken, wenn die AfD bei den Landtagswahlen in Thüringen stärkste Kraft würde?
Ich halte es nicht für wahrscheinlich, dass Höcke im Herbst Ministerpräsident wird. Aber auch eine Minderheitsregierung von Gnaden der AfD wäre eine Gefahr. In beiden Fällen hätte die AfD direkten Einfluss auf unseren Stiftungsrat – allerdings könnte sie nur zwei von insgesamt acht Sitzen belegen. Aber eine AfD-Mehrheit im Landtag hätte auch die Möglichkeit, unsere Finanzierung drastisch zu reduzieren. Was wir jetzt brauchen, ist eine geschichtsbewusste, demokratische Mehrheit im Land, die den Revisionisten in der AfD deutlich sagt: bis hierhin und nicht weiter.

Gedenkstättenleiter haben den Entwurf eines »Rahmenkonzepts Erinnerungskultur« von Kulturstaatsministerin Claudia Roth kritisiert. Wie ist der aktuelle Stand?
Soweit ich gehört habe, ist dieses Papier mittlerweile obsolet. Die Gedenkstätten haben intern Leitlinien erstellt, wie eine Überarbeitung des Konzepts aussehen könnte. Zentral ist, dass die historischen Tatorte gestärkt werden. Und es muss klar bleiben, dass die Auseinandersetzung mit den Verbrechen des Nationalsozialismus Priorität hat gegenüber allen anderen Epochen und Verbrechenskomplexen – und nicht nivelliert wird.

Mit dem Leiter der Gedenkstätte Buchenwald sprach Ayala Goldmann.

Israel

Ein zarter Neuanfang

Bei seinem Antrittsbesuch in Jerusalem wollte Bundeskanzler Friedrich Merz das zuletzt stark belastete Verhältnis zum jüdischen Staat kitten. Ist es ihm gelungen? Eine Analyse

von Philipp Peyman Engel  07.12.2025

Jerusalem

Netanjahu: »Stellen Sie sich vor, jemand würde Deutschland vernichten wollen«

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz lobte der Premierminister Bundeskanzler Merz als verständigen Gesprächspartner und rechtfertigte Israels hartes Vorgehen gegen die Hamas

 07.12.2025 Aktualisiert

Israel

Berichte: Netanjahu traf Blair heimlich zu Gaza-Zukunft

Bei einem Treffen zwischen Netanjahu und Blair soll es um Pläne für die Zukunft des Gazastreifens gegangen sein. Für Blair ist eine Rolle in Trumps »Friedensrat« vorgesehen

 07.12.2025

Justiz

Gericht bestätigt Verbot der Parole »From the river to the sea«

Ein von der Stadt Bremen erlassenes Verbot sei rechtmäßig, entschied nun das Verwaltungsgericht Bremen

 07.12.2025

Yad Vashem

Merz: »Wir werden die Erinnerung lebendig halten«

Es ist einer der wichtigsten Antrittsbesuche für Kanzler Merz. Der zweite Tag in Israel beginnt für ihn mit dem Besuch eines besonderen Ortes

 07.12.2025

Umfrage

KAS-Studie: Antisemitische Vorurteile nehmen bei Türkeistämmigen zu

Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat eine neue Studie zum Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft vorgelegt. Dabei wurden auch Einstellungen zu Juden abgefragt

 07.12.2025

Simi Valley

»Vorbildliche Verbündete«: Hegseth nennt Israel und Deutschland

Die Signale, die jüngst aus den USA in Richtung Europa drangen, waren alles andere als positiv. Der US-Verteidigungsminister findet nun allerdings nicht nur Lob für den jüdischen Staat, sondern auch für einige EU-Staaten

 07.12.2025

Soziale Medien

Musk nach Millionenstrafe gegen X: EU abschaffen

Beim Kurznachrichtendienst X fehlt es an Transparenz, befand die EU-Kommission - und verhängte eine Strafe gegen das Unternehmen von Elon Musk. Der reagiert auf seine Weise

 07.12.2025

Jerusalem

Merz: Deutschland wird immer an der Seite Israels stehen

Der Bundeskanzler bekräftigt bei seiner Israel-Reise die enge Partnerschaft. Am Sonntag besucht er die Yad Vashem und trifft Premierminister Netanjahu

von Sara Lemel  07.12.2025 Aktualisiert