Antisemitismus

»Die absurdesten Sachen«

Anetta Kahane Foto: dpa

Frau Kahane, die Amadeu Antonio Stiftung und Sie persönlich wurden in jüngster Zeit angegriffen. Was genau ist passiert?
Es gab zwei Attacken, die uns Sorgen bereitet haben. Zum einen ein Angriff auf unsere Webseite, eine sogenannte DDoS-Attacke. Und in der vergangenen Woche wurden an dem Gebäude, in dem wir sitzen, Absperrbänder und Plakate mit der Aufschrift: »Hier beginnt der Überwachungsstaat« angebracht.

Wer steht hinter den Attacken?
Im Falle des Angriffs auf unsere Räumlichkeiten war es wohl die völkische Bewegung der »Identitären«, die sich auch damit rühmt.

Warum Ihre Stiftung? Warum jetzt?

Angriffe gegen uns gab es schon häufiger. Zugenommen hat es, seit wir in der Taskforce des Bundesjustizministeriums mitarbeiten, wo es um die Bekämpfung von Hatespeech und die Entwicklung von Counterspeech-Strategien geht.

Weshalb?
Da kulminieren viele Vorwürfe: Stasi, Jude, Zensur, Volkstod – die absurdesten Sachen. Ich habe ja schon eine Strafanzeige wegen Genozid am deutschen Volk bekommen.

Aber dass Sie bei der Stasi waren, stimmt ja.

Es wurde in diesen Tagen eine Studie von Helmut Müller-Enbergs vorgestellt, der die Vorwürfe gegen mich untersucht hat. Ich wurde in der Tat 1974 als 19-Jährige vom Ministerium für Staatssicherheit verpflichtet. Meine Aufgabe war nicht, Leute zu bespitzeln, sondern man wollte mich in Diplomatenkreisen einsetzen: in der Hoffnung, dass Dienste versuchen, mich anzuwerben. Ich habe nachweislich keine Spitzelberichte geschrieben, ich habe nachweislich niemandem geschadet.

Acht Jahre lang waren Sie dabei.
Ja, 1982 bin ich ausgestiegen. Grund war, dass ich mitbekommen habe, dass dieser Staat, den meine Eltern, die als Juden und Kommunisten gegen die Nazis gekämpft hatten, mit aufgebaut hatten, auch Nazis duldete, dass ich merkte, wie rassistisch und antisemitisch auch DDR-Bürger – und keinesfalls nur Westdeutsche – waren. Nach dem Ausstieg hatte ich Nachteile im Beruf.

Werden Sie eher als Ex-Stasimitarbeiterin oder als Jüdin angegriffen?
In dem Diskurs, wie er um die Amadeu Antonio Stiftung geführt wird, dominieren die Angriffe mit Bezug auf die Stasi. In den Mails, die ich persönlich erhalte, findet sich auch viel Antisemitisches. Das sind ja Vorwürfe, die nicht so gut in die öffentliche Kritik passen.

Sind Sie eigentlich schon persönlich angegriffen worden? Haben Sie Angst?
Angst ist ein abstrakter Begriff. Ich lebe ja nicht in einer Kleinstadt, wo man ständig gesehen wird. In Berlin kann ich U-Bahn fahren, und daran nimmt niemand Anstoß. Außerdem machen wir oft die Erfahrung, dass wir mit unserer Arbeit auf der Metaebene eher geschützt sind als engagierte Aktivisten vor Ort.

Mit der Vorstandsvorsitzenden der Amadeu Antonio Stiftung sprach Martin Krauß.

Jom Hasikaron

Israel gedenkt der Terroropfer und Kriegstoten

Seit dem 7. Oktober 2023 sind 850 israelische Soldaten und 82 Sicherheitskräfte getötet worden

 30.04.2025

Josef Schuster

»Was bedeutet die Schoa heute noch für Deutschland?«

In seiner Rede zum 80. Jahrestag der Befreiung des KZ Bergen-Belsen reflektiert der Zentralratspräsident die Herausforderungen und Gefahren, vor denen die Erinnerung an die Schoa heute steht. Eine Dokumentation

von Josef Schuster  29.04.2025

Mauthausen

Überlebenswunderkind Eva Clarke: Geburt im KZ vor 80 Jahren

Es war eines der größten und gefürchtetsten Konzentrationslager der Nazizeit. Im Mai 1945 wurde es von US-Soldaten befreit. Unter den Überlebenden waren eine Mutter und ihr Neugeborenes

von Albert Otti  29.04.2025

Umfrage

Mehrheit hält AfD wegen deutscher Geschichte für unwählbar

Zum 80. Jahrestag des Kriegsendes fragt die »Memo«-Studie Menschen in Deutschland nach dem Blick zurück

 29.04.2025

Potsdam

Brandenburgs CDU-Chef Redmann fordert besseren Schutz für Synagoge

Vermutlich wurde in Halle ein zweiter Anschlag auf die Synagoge verhindert. Brandenburgs CDU-Chef Redmann fordert deshalb dazu auf, auch die Potsdamer Synagoge besser zu schützen

 29.04.2025

Menschenrechte

Immer schriller: Amnesty zeigt erneut mit dem Finger auf Israel

Im neuesten Jahresbericht der Menschenrechtsorganisation wirft sie Israel vor, einen »live übertragenen Völkermord« zu begehen

von Michael Thaidigsmann  29.04.2025

Berlin

Streit um geforderte Yad-Vashem-Straße

Zwischen dem Freundeskreis Yad Vashem und dem Roten Rathaus herrscht Unmut

von Imanuel Marcus  29.04.2025

Den Haag

Strafgerichtshof verpflichtet Chefankläger zur Vertraulichkeit

Karim Khan, der unter anderem gegen Benjamin Netanjahu einen Haftbefehl erwirkt hat, darf einem Bericht des »Guardian« zufolge künftig nicht mehr öffentlich dazu Stellung nehmen

 29.04.2025

Urteil

»Impfen macht frei«-Bild ist Volksverhetzung

Ein 65-Jähriger hatte während der Corona-Pandemie die Schutzmaßnahmen der Regierung mit dem Holocaust verglichen

 29.04.2025