Einspruch

Deutschland trägt Kippa

Zentralratspräsident Josef Schuster Foto: Thomas Lohnes/ZR

Einspruch

Deutschland trägt Kippa

Josef Schuster findet Symbole wichtig und fordert zugleich entschiedenes Handeln gegen Judenhass im Alltag

von Josef Schuster  25.04.2018 16:42 Uhr

Als ich vor drei Jahren öffentlich davor warnte, als Jude in bestimmten Großstadtvierteln mit Kippa herumzulaufen, löste dies Erstaunen und Entsetzen aus. Offenbar hatte bis zu meiner Bemerkung, die ich selbst eher banal fand, kaum jemand in der Mehrheitsgesellschaft den alltäglichen Antisemitismus wahrgenommen, dem viele Juden ausgesetzt sind.

Auch in den seither vergangenen drei Jahren ist es zu antisemitischen Vorfällen gekommen, über die in den Medien und sozialen Netzwerken berichtet wurde. Sie sind aber nur ein Bruchteil dessen, was Juden in Deutschland tatsächlich erleben. Ob auf dem Fußballplatz oder auf Facebook, ob in der Schule oder beim Einkaufen – Antisemitismus spielt sich häufig unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit ab und wird nicht angezeigt. Verletzend und verstörend ist er immer.

warnung Ich bedauere es zutiefst, dass sich meine Warnung erst jüngst durch den antisemitischen Angriff in Prenzlauer Berg als berechtigt erwiesen hat. Viel lieber wäre es mir, wenn ich dauernd widerlegt würde.

Dem ist nicht so. Und endlich wird dieser wuchernde Alltags-Antisemitismus auch in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen. Deutschland trägt Kippa – in mehreren Städten gab es Solidaritätskundgebungen oder wird es sie geben.

Solche Symbole sind wichtig. Sie genügen aber nicht. In der nichtjüdischen Mehrheitsgesellschaft sollte jeder sein Verhalten im Alltag selbstkritisch hinterfragen. Wir sollten auch genau hinschauen, wer solidarisch die Kippa aufgesetzt hat – und wer nicht. Fanatisierte muslimische Jugendliche werden wir mit der Aktion ebenso wenig erreicht haben wie Neonazis. Hier sind viel mehr und nachhaltigere Maßnahmen notwendig.

Solidarität brauchen wir weiterhin. Von den Menschen, die im Café sitzen und beobachten, wie ein Jude angegriffen wird. Ob sie ihm helfen und eingreifen – das ist entscheidend. Nicht ihre Kopfbedeckung.

Der Autor ist Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland.

Zentralrat

Empathie mit Juden hat »dramatisch abgenommen«

Die im November 2024 erfolgte Befragung jüdischer Gemeinden hatte auch ergeben, dass fast die Hälfte der Gemeinden nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel und dem Krieg in Gaza von antisemitischen Vorfällen betroffen waren

 09.09.2025

Der Rest der Welt

Warum ich wegen Annalena Baerbock »Sex and the City« gucke

Die Ex-Außenministerin ist Präsidentin der UN-Generalversammlung und zeigt auf Instagram ihr Carrie-Brad­shaw-mäßiges Leben in New York

von Katrin Richer  09.09.2025

London

Israels Präsident Herzog besucht Großbritannien

Der Besuch des israelischen Präsidenten erfolgt auf Einladung jüdischer Organisationen in einer spannungsgeladenen Zeit

 09.09.2025

Rechtsterrorismus

Ex-Innenminister Beckstein: NSU-Morde »größte Niederlage des Rechtsstaats«

25 Jahre nach dem ersten NSU-Mord zieht der frühere bayerische Innenminister Beckstein ein gemischtes Fazit zur Aufklärung. Er spricht außerdem über weitere mögliche Mitwisser - und räumt Fehler ein

von Hannah Krewer  09.09.2025

Tunesien

Feuer an Bord eines Schiffs der »Gaza Sumad Flotilla«

Die Aktivisten sprechen von einem israelischen Drohnenangriff. Doch die tunesischen Behörden glauben nicht an diese Theorie

 09.09.2025

Washington D.C.

Demokraten zeigen angebliches Trump-Schreiben an Epstein

Ein angebliches Geburtstagsschreiben Donald Trumps an den Sexualstraftäter sorgt für Aufsehen. Jetzt stellen Demokraten das fragliche Dokument ins Netz. Die Republikaner zürnen

 09.09.2025

Berlin

Polizei zählt 899 antisemitische Delikte in drei Monaten

Die Linken-Politikerin Bünger fordert mehr Schutz für jüdisches Leben und warnt zugleich vor einer »Kriminalisierung« von Gaza-Protesten

 09.09.2025

Berlin/Ulm

Ron Prosor: Angriff auf israelischen Rüstungskonzern Elbit in Ulm ist ein terroristischer Akt

In Ulm ist eine israelische Firma angegriffen worden. Die Polizei vermutet einen politischen Hintergrund. Nun äußert sich der Botschafter des Landes

 09.09.2025

Saarbrücken

Saarland setzt Signal gegen Antisemitismus - Verfassung wird geändert

Der saarländische Landtag will den Schutz jüdischen Lebens in die Verfassung schreiben. Eine Einigung von SPD und CDU macht den Weg dafür frei. Auch der Verfassungsgerichtshof soll gestärkt werden

 08.09.2025