Meinung

Der Deutschen liebste Obsession

Elf Jahre ist es her, dass Bruno Ganz mit seiner Version des untergehenden Diktators die Massen begeisterte. Überragend, jubelte man. Grandios, schrien sie. Eine Meisterleistung, tippte die Tagespresse. Ja, eine Meisterleistung. So kann man das Stockholm-Syndrom tatsächlich nennen, mit dem sich Deutschland seit nunmehr 70 Jahren moralisch über Wasser hält.

Wer mit Elend kokettiert, kann durchaus auch mit dem Täter sympathisieren. So leben zwischen München und Hamburg, Köln und Berlin Geiseln der Vergangenheit, die sich medial zu gerne von ihrer Vergangenheit geißeln lassen. Aber bitte nur, wenn Adolf Hitler, der historische Geiselnehmer, als schrulliger, mal cholerischer, selten wirklich angsteinflößender Onkel mit Charakterbart daherkommt.

stahltüren Während das personifizierte Böse über Jahrzehnte zu Hause tabuisiert wurde, öffneten sich innerhalb der vergangenen zehn Jahre die Stahltüren jenes Bunkers, der Adolf Hitlers letzte Ruhestätte werden sollte. Ob in Form von Helge Schneider, Christoph Maria Herbst oder Oliver Masucci: Es ist Popcorn-Kino für Großdeutsche und Kleingeister, das mit einem verwirrten Hitler halb Deutschland in die Kinos zieht, während sich Geschichte wiederholt.

Führerlos durch die Nacht, schallt es währenddessen in den Drehpausen. Einspringen für das blonde und braune Glück müssen dann Helene Fischer, der Traum jeder BdM-Fantasie, und Pegida, der Albtraum des Fortschritts. Die aktuellen Geschehnisse reichen wohl nicht, um die Führersehnsucht zu stillen. Fortschritt klingt nun einmal nicht so schön wie Gleichschritt.

werbefigur Der Hipster-Hitler – von der Wehrmacht zur Werbefigur, mit dem Produzenten und Regisseure postum Millionen scheffeln. Seitenscheitel, markantes Gesichtshaar, rollendes »R«. Im Prenzlauer Berg würde er nicht auffallen. Wir schaffen das. Mit der Vermenschlichung des Unmenschlichen. Schenkelklopfer trifft Schulterzucken – im Scheinwerferlicht trifft Gleichgültigkeit auf Begeisterungsfähigkeit.

Er ist wieder da, ein falscher Hitler auf echter Leinwand, großes Kino. Dschingis Khan, Pol Pot, Josef Stalin: Männer, aus denen Albträume, selten Filme gemacht wurden. Doch Adolf Hitler bleibt weiterhin ein Leinwandstar. Es ist wohl ein dämonisches Perpetuum mobile, das, einmal in Gang gesetzt, die Drecksarbeit alleine verrichtet. Nun bleibt zu klären, ob es tatsächlich heißt: »Er ist wieder da« oder lieber doch »War er jemals weg?«.

Die Autorin lebt als Texterin und Kolumnistin in Berlin.

Australien

Mann solidarisiert sich mit Sydney-Attentätern – Festnahme

Bei dem Verdächtigen wurden Einkaufslisten für den Bau einer Bombe und Munition gefunden. Es erging bereits Anklage

 24.12.2025

Washington

US-Regierung nimmt deutsche Organisation HateAid ins Visier

Die beiden Leiterinnen der gemeinnützigen Organisation wurden wegen angeblicher Zensur amerikanischer Online-Plattformen mit Einreiseverboten belegt

 24.12.2025

Großbritannien

Israelfeindlicher Protest: Greta Thunberg festgenommen

In London treffen sich Mitglieder der verbotenen Gruppe Palestine Action zu einer Protestaktion. Auch die schwedische Aktivistin ist dabei. Die Polizei schreitet ein

 23.12.2025

Stockholm

Was bleibt von den Mahnungen der Überlebenden?

Der Schoa-Überlebende Leon Weintraub warnt vor der AfD und Fanatismus weltweit. Was für eine Zukunft hat die deutsche Erinnerungskultur?

von Michael Brandt  23.12.2025

Israel

Netanjahu warnt Türkei

Israel will die Zusammenarbeit mit Griechenland und Zypern stärken. Gleichzeitig richtet der Premier scharfe Worte an Ankara

 23.12.2025

New York

Mitglieder von Mamdanis Team haben Verbindungen zu »antizionistischen« Gruppen

Laut ADL haben mehr als 80 Nominierte entsprechende Kontakte oder eine dokumentierte Vorgeschichte mit israelfeindlichen Äußerungen

 23.12.2025

Düsseldorf

Reul: Bei einer Zusammenarbeit mit der AfD wäre ich weg aus der CDU

Die CDU hat jede koalitionsähnliche Zusammenarbeit mit der AfD strikt ausgeschlossen. Sollte sich daran jemals etwas ändern, will Nordrhein-Westfalens Innenminister persönliche Konsequenzen ziehen

 23.12.2025

Interview

»Diskrepanzen zwischen warmen Worten und konkreten Maßnahmen«

Nach dem Massaker von Sydney fragen sich nicht nur viele Juden: Wie kann es sein, dass es immer wieder zu Anschlägen kommt? Auch der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antisemitismus, Felix Klein, sieht Defizite

von Leticia Witte  22.12.2025

Washington D.C.

Kritik an fehlenden Epstein-Dateien: Minister erklärt sich

Am Freitag begann das US-Justizministerium mit der Veröffentlichung von Epstein-Akten. Keine 24 Stunden später fehlen plötzlich mehrere Dateien - angeblich aus einem bestimmten Grund

von Khang Mischke  22.12.2025