Sechs Millionen in der Schoa ermordete Jüdinnen und Juden, Millionen andere Tote, zerstörte Städte und Länder: Wenige Wochen nach Ende des Zweiten Weltkriegs berieten die Alliierten im Sommer 1945 auf der Potsdamer Konferenz über die Folgen für den Aggressor Deutschland und die Neuordnung der Welt. Am 17. Juli begannen die Verhandlungen im Schloss Cecilienhof.
Das Bauwerk im englischen Landhausstil mit 176 Zimmern war von 1913 bis 1917 als letzter Schlossbau der Hohenzollern errichtet worden. Bis 1945 war Cecilienhof die Residenz des letzten deutschen Kronprinzenpaares Wilhelm und Cecilie von Preußen. Nun kamen dort die Staats- und Regierungschefs der drei Siegermächte USA, Großbritannien und Sowjetunion zusammen, US-Präsident Harry S. Truman, der britische Premierminister Winston Churchill, der dann von seinem Nachfolger Clement Attlee abgelöst wurde, und Josef Stalin.
Genug Raum für die »Großen Drei«
Die Lage Potsdams und des Schlosses seien der Grund dafür gewesen, dass die unweit von Berlin gelegene Stadt für das Treffen ausgewählt wurde, schreibt der Historiker Jürgen Luh. Das Schloss sei bei den alliierten Bombenangriffen ohne größere Schäden davongekommen. Dort sei ebenso wie in den großen Villen im nahen Babelsberg genug Raum vorhanden gewesen, um die »Großen Drei« und ihre Delegationen komfortabel unterzubringen und zu tagen.
Während der 16 Konferenztage hätten 13 Sitzungen der Staats- und Regierungschefs stattgefunden, schreibt Luh. Dem seien nach einem streng geregelten Tagesablauf ab acht Uhr morgens vorbereitende Gespräche der zuständigen Vertreter der Delegationen vorangegangen und ab elf Uhr Sitzungen der Außenminister James Byrnes, Wjatscheslaw Molotow und Anthony Eden, der später durch Ernest Bevin abgelöst wurde.
Entnazifizierung, Entmilitarisierung, Demokratisierung und Dezentralisierung
Schließlich einigten sich die Siegermächte in einem als »Potsdamer Abkommen« bekannt gewordenen Protokoll vom 2. August auf Grundsätze im Umgang mit Deutschland: Entnazifizierung, Entmilitarisierung, Entschädigungen mit Demontage von Industrieanlagen, Demokratisierung und Dezentralisierung.
»Alliierte Armeen führen die Besetzung von ganz Deutschland durch, und das deutsche Volk fängt an, die furchtbaren Verbrechen zu büßen«, lautet einer der Beschlüsse. Und: »Der deutsche Militarismus und Nazismus werden ausgerottet.« Die Alliierten vereinbarten auch, sich - falls erforderlich - auf weitere Maßnahmen zu verständigen, »die notwendig sind, damit Deutschland niemals mehr seine Nachbarn oder die Erhaltung des Friedens in der ganzen Welt bedrohen kann«. Es sei nicht die Absicht der Alliierten, »das deutsche Volk zu vernichten oder zu versklaven«, heißt es dort weiter: »Die Alliierten wollen dem deutschen Volk die Möglichkeit geben, sich darauf vorzubereiten, sein Leben auf einer demokratischen und friedlichen Grundlage von Neuem wiederaufzubauen.« Wenn unablässig auf dieses Ziel hingearbeitet werde, könne das deutsche Volk dann »zu gegebener Zeit seinen Platz unter den freien und friedlichen Völkern der Welt« einnehmen.
Oder-Neiße-Linie als neue deutsche Ostgrenze
In Potsdam erkannten die Westmächte auch die Oder-Neiße-Linie als neue deutsche Ostgrenze vorläufig an. Im Abschnitt »XIII. Ordnungsgemäße Überführung deutscher Bevölkerungsteile« hieß es, die deutsche Bevölkerung aus Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn sei »in ordnungsgemäßer und humaner Weise« auszuweisen. Am Rande der Verhandlungen beschloss Präsident Truman den Atombomben-Einsatz der USA gegen den mit Deutschland verbündeten Kriegsgegner Japan. Bald darauf kapitulierte das Land und der Krieg ging auch in der Pazifikregion zu Ende.
Schloss Cecilienhof gehört heute zur Stiftung Preußische Schlösser und Gärten. Mit der Potsdamer Konferenz habe es »seine größte historische Bedeutung« gehabt, betont Stiftungsdirektor Christoph Martin Vogtherr. Wegen umfangreicher Sanierungen ist es derzeit geschlossen. Die Stiftung lädt zu virtuellen Besichtigungen im Internet ein. »Die Engländer und Amerikaner wollen uns knebeln«, wird Stalin dort zitiert. Und von Truman heißt es: »Stärke ist das Einzige, was die Russen verstehen.«