Interview

»Das können wir nicht länger tolerieren«

Die schleswig-holsteinische Bildungsministerium war Mitglied im »Zukunftsteam« von CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet Foto: imago images/Eibner

Frau Prien, Sie haben auf Twitter den Ausschluss von Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen aus der CDU gefordert. Welche Gründe sehen Sie für diesen Schritt?
Es reicht jetzt wirklich. Maaßen hat sich in den vergangenen Wochen und Monaten immer weiter vom demokratischen Grundkonsens in der CDU entfernt. Seine jüngsten Einlassungen zur Impfung sind völlig inakzeptabel. Man kann eine Diskussion über die Impfpflicht führen oder über Sinn und Unsinn einzelner Corona-Schutzmaßnahmen. Wenn ein ehemaliger Spitzenbeamter und Verfassungsschützer verschwörungstheoretischen Unsinn verbreitet und sich dabei sogar auf den Antisemiten Sucharit Bhakdi bezieht, dann können wir als CDU das nicht länger tolerieren.

Womit erklären Sie sich den Wandel Maaßens vom obersten deutschen Verfassungsschützer zum Wortführer von Rechtsaußen?
Darüber will ich nicht spekulieren.

Sollte Maaßen tatsächlich ausgeschlossen werden, bestünde nicht die Gefahr eines Aderlasses am rechten Rand der CDU und eines Austritts zahlreicher Mitglieder?
Wir stehen als christdemokratische Volkspartei für ein breites Meinungsspektrum. Dazu gehört auch tief konservatives Gedankengut. Aber die klare Abgrenzung gegen rechtsradikale Verschwörungsmythen und Corona-Leugner ist Teil der christdemokratischen DNA.

Ausschlussverfahren sind oft langwierig und risikobehaftet, wie im Fall von Thilo Sarrazin und der SPD. Böte man damit Maaßen nicht eine noch größere öffentliche Bühne?
Das ist in der Tat eine schwierige Abwägung. Aber um es mit dem früheren hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch zu sagen, wenn man eine Volkspartei mit einer großen politischen Bandbreite haben will, dann muss sie die Kraft haben zu sagen, wo die Grenzen sind. Wenn die Partei diese Kraft nicht hat, zerreißt es sie.

Glauben Sie, dass er selbst antijüdische Ressentiments hegt oder bewusst mit solchen spielt?
Ich werde mir nicht Herrn Maaßens Kopf zerbrechen. Jedenfalls wäre beides mit christdemokratischen Werten nicht vereinbar.

Halten Sie die Szene der Coronaleugner und Impfverweigerer, zu denen ja auch der Mediziner Bhakdi gehört, überhaupt für »resozialisierbar«?
Wenn Menschen nur noch in Echokammern unterwegs sind, wird das fast unmöglich. Aber man darf die Bereitschaft zum Dialog nicht aufgeben.

Das Interview mit der schleswig-holsteinischen Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur sowie Vorsitzenden des Jüdischen Forums in der CDU führte Michael Thaidigsmann.

Kommentar

Die Kluft zwischen Juden und Nichtjuden wird offensichtlich

Es lebt sich grundsätzlich anders mit dem Wissen, dass ein Regime, das den eigenen Tod zur Staatsdoktrin erhoben hat, sich in aller Ruhe daran macht, dieses Ziel zu erreichen. Wer sich nicht bedroht fühlt, kann dagegen gelassen auf Verhandlungen setzen, für deren Scheitern andere den Preis zahlen müssen.

von Esther Schapira  22.06.2025

Extremismus

Karin Prien stellt »Demokratie Leben« auf den Prüfstand

Fließen Fördergelder des Bundes auch an Akteure, die mit Antisemitismus in Verbindung stehen könnten? Das legen Recherchen der »Welt am Sonntag« nahe. Die Familienministerin verspricht eine Prüfung.

 22.06.2025

Krieg gegen Iran

USA warfen 14 bunkerbrechende Bomben auf Atomanlagen ab

US-Verteidigungsminister Pete Hegseth informierte bei einer Pressekonferenz über die Angriffe

 22.06.2025 Aktualisiert

Diplomatie

Europäer nach US-Angriff auf Iran düpiert

Noch am Freitag hatten die Außenminister Frankreichs, Großbritanniens, Deutschlands und der EU versucht, Iran mit diplomatischen Mitteln vom Atomprogramm abzubringen

von Jörg Blank  22.06.2025

Schoa-Gedenken

Zentralrat setzt auf digitale Erinnerung

Es gibt immer weniger Zeitzeugen der Nazi-Verbrechen. Darum wird an neuen Formen des Erinnerns gearbeitet. Der Zentralrat der Juden befürwortet Digitales wie Computerspiele - aber nicht auf Kosten der Würde der Opfer

von Leticia Witte  22.06.2025

Krieg gegen Iran

Angela Merkel: Israel muss sich wehren können

Die Altkanzlerin hat auch eine Meinung zum Nahost-Konflikt. Das Recht Israels, sich gegen eine Auslöschung zur Wehr zu setzen, steht für sie außer Frage

 22.06.2025

Nahost

Setzen die Angriffe auf die iranischen Atomanlagen radioaktive Strahlung frei?

Die internationale Atombehörde IAEA meldet sich mit einer ersten Einschätzung zu Wort

 22.06.2025

Judenhass

Entsetzen über antisemitische Gewalttat in Berlin

Ein alarmierter Beamter zog seine Schusswaffe, woraufhin der Kufiya-Träger sein Messer niederlegte

 22.06.2025

Rabbiner Pinchas Goldschmidt

Skandal in Sarajevo

Wenn europäische Rabbiner zur Zielscheibe eines Regierungsboykotts werden, ist das nicht mehr legitime Kritik an Israel. Es ist Hasspropaganda

von Rabbiner Pinchas Goldschmidt  21.06.2025