Einspruch

Das Judentum schrumpft nicht

Heide Sobotka Foto: Stephan Pramme

Mehr als 1000 Mitglieder weniger als im Jahr zuvor verzeichnet die Mitgliederstatistik der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) für das Jahr 2016. Die Zahlen sinken, die Medien schreien auf: Mitgliederschwund! Ja, das stimmt, doch Hand aufs Herz, wer sich mit der jüdischen Community auskennt, durfte nichts anderes erwarten.

Wir alle haben uns über die Zuwanderung aus der ehemaligen Sowjetunion in den 90er-Jahren gefreut. Neue Gemeinden entstanden, jüdisches Leben blühte auf. Doch die, die kamen, waren in der Mehrheit ältere Juden, die die Gemeinden mit ihren Traditionen und ihrer Kultur bereicherten. Wer heute über den demografisch bedingten Schwund klagt, vergisst dies.

Synagoge Vor etwa 15 Jahren gab es viele warnende Stimmen, dass die Zukunft allein den Großgemeinden gehöre. Doch in Rottweil wurde im Februar eine Synagoge eingeweiht, Cottbus hat im Februar 2015 eine ehemalige Kirche als Gotteshaus bezogen, die Gemeinde Regensburg legte 2016 den Grundstein für eine neue Synagoge, und in Potsdam wartet ein Baugelände darauf, dass es endlich losgeht. Jüdisches Leben funktioniert.

Nur dürfen sich die Gemeinden nicht durch Streitereien – zum Beispiel über die richtige Art zu beten, über religiöse Ausrichtungen – selbst demontieren. Dann brauchen sie sich nicht zu wundern, dass Mitglieder austreten oder kein Interesse am Gemeindeleben haben. Gemeinsame Unternehmungen verbinden, das hat nicht zuletzt der Gemeindetag in Berlin gezeigt.

So einfach es klingt: Gemeinsame Projekte bringen Menschen zusammen. Es ist eigentlich so einfach, und dann wachsen auch die Gemeinden wieder. Die jüdische Gemeinschaft kann die Prognosen Lügen strafen und die Gemeinden attraktiv machen, dann werden auch die Mitgliederzahlen wieder steigen, zehn, 15 Jahre wird es dauern, wenn man sich anstrengt. Aber die Zeit muss sein.

Interview

»Die Genozid-Rhetorik hat eine unglaubliche Sprengkraft«

Der Terrorismusforscher Peter Neumann über die Bedrohungslage für Juden nach dem Massaker von Sydney und die potenziellen Auswirkungen extremer Israel-Kritik

von Michael Thaidigsmann  16.12.2025

Wirtschaft

Hightech-Land Israel: Reiche sieht Potenzial für Kooperation

Deutschland hat eine starke Industrie, Israel viele junge Start-ups. Wie lassen sich beide Seiten noch besser zusammenbringen? Darum geht es bei der Reise der Bundeswirtschaftsministerin

 16.12.2025

Meinung

Der Stolz der australischen Juden ist ungebrochen

Der Terroranschlag von Sydney hat die jüdische Gemeinschaft des Landes erschüttert, aber resigniert oder verbittert ist sie nicht. Es bleibt zu hoffen, dass die Regierung künftig mehr für ihren Schutz tut

von Daniel Botmann  16.12.2025

IS-Gruppen

Attentäter von Sydney sollen auf den Philippinen trainiert worden sein

Die Hintergründe

 16.12.2025

Hamburg

Mutmaßlicher Entführer: Mussten im Block-Hotel nichts zahlen

Der israelische Chef einer Sicherheitsfirma, der die Entführung der Block-Kinder organisiert haben soll, sagt im Gericht aus. Die Richterin will wissen: Wer zahlte für die Unterbringung im Luxushotel der Familie?

 16.12.2025

Interview

Holocaust-Überlebender Weintraub wird 100: »Ich habe etwas bewirkt«

Am 1. Januar wird Leon Weintraub 100 Jahre alt. Er ist einer der letzten Überlebenden des Holocaust. Nun warnt er vor Rechtsextremismus und der AfD sowie den Folgen KI-generierter Fotos aus Konzentrationslagern

von Norbert Demuth  16.12.2025

Magdeburg

Anschlag geplant? 21-Jähriger reiste legal ein

Mit einem Visum kam er nach Deutschland, dann informierte er sich über Waffen und glorifizierte Anschläge. Zu dem in Vorbereitungshaft genommenen Mann werden Details bekannt

 16.12.2025

Sydney

Jüdisches Ehepaar stirbt beim Versuch, einen der Angreifer zu stoppen

Boris und Sofia Gurman versuchten, das Massaker vom Bondi Beach zu verhindern, und bezahlten dafür mit ihrem Leben

 16.12.2025

Bundestag

Ramelow: Anschlag in Sydney war Mord »an uns allen«

Erstmals gab es in diesem Jahr eine Chanukka-Feier im Bundestag. Sie stand unter dem Eindruck des Anschlags auf eine Feier zum gleichen Anlass am Sonntag in Sydney

 16.12.2025