Niedersachsen

Comeback in Cloppenburg

Einer – wenn auch bescheidenen – grünen Karriere in der Provinz stehen Dunkels Ansichten offensichtlich nicht im Weg. Foto: dpa

Obwohl Ulf Dunkel immer wieder mit judenfeindlichen Äußerungen auffällt, macht der Politiker bei den Grünen in Niedersachsen Karriere. Seine Partei steht hinter ihm.

Kurz vor der niedersächsischen Landtagswahl im Januar 2013 bekam Ulf Dunkel die 15 Minuten Ruhm, die Andy Warhol einst auch den nicht ganz so hellen Kerzen auf der Torte prophezeite: Denn der damalige Cloppenburger Direktkandidat der Grünen, mit Listenplatz 34 ohnehin ohne jede Chance, in den Landtag einzuziehen, erlangte Ende Dezember 2012 mit einem Gedicht über Beschneidung bundesweite Aufmerksamkeit.

Darin bezeichnete er Juden und Muslime als »Arschlöcher« und reimte »Wetzt das Messer, singt ein Lied, ab die Vorhaut von dem Glied.« Nach massiven Protesten erklärte Dunkel damals, er würde sein Mandat nicht annehmen, wenn er denn gewählt werden würde – was nicht eintrat, da die Grünen kein Direktmandat in Niedersachsen holten.

Geschäftsführer Weitere Konsequenzen hatte sein Ausfall nicht. Die Grünen leiteten damals ein Ausschlussverfahren gegen ihren einstigen Landtagskandidaten ein. Der entschuldigte sich, und alles endete lediglich mit einer Verwarnung. Heute ist Dunkel Geschäftsführer der Cloppenburger Grünen und sitzt für seine Partei im Rat der Stadt Löningen.

Doch seine Obsession mit den Themen »Juden« und »Beschneidung« scheint Dunkel weiterhin zu pflegen: Außerhalb von Wahlkämpfen ist die Beschneidung auf seiner Facebookseite das wichtigste Thema. Aber auch zu bundespolitischen Fragen äußert sich Dunkel gerne und ausführlich. Als ein Satiremagazin im Sommer meldete, SPD, Grüne und Linke hätten sich auf Volker Beck (Grüne) als Präsidentschaftskandidat geeinigt, kommentierte das Dunkel auf Facebook mit der Frage, ob man nicht dem Zentralrat der Juden und dem Zentralrat der Muslime die Entscheidung überlassen müsse, wer »Bundespräser« werde.

Verschwörungstheorien
Verschwörungstheorien schätzt Dunkel offenbar: So hält er den Anschlag auf das World Trade Center für einen »Inside Job« – demnach hätten die USA die Flugzeuge in die Hochhäuser gejagt und nicht Al Qaida. Und zu einem US-Schauspieler stellte er seinen Lesern die Frage: »Ist Jude Law ein Schauspieler oder das Gesetz der Doofen, dass man Israel nicht kritisieren darf?«

Michael Jäger, Vorstandsmitglied des Kreisverbandes der Cloppenburger Grünen, kennt die Vorwürfe gegen Dunkel: »Herr Dunkel wird seit seinem Eintreten für universelle Menschenrechte und gegen die am 12.12.2012 vom Bundestag beschlossenen gesetzlichen Regelungen zur Beschneidung aus religiösen Gründen von einigen Personen und Gruppierungen des Antisemitismus beschuldigt und regelrecht verfolgt«, teilte er dieser Zeitung mit.

Den »Verfolgten« sieht er indes im Recht: »Herr Dunkel ist kein Antisemit, sondern ein scharfer Kritiker der Beschneidung schutzbefohlener Kinder – gleich welcher Ethnie, Volksgruppe oder Religion. In dieser Haltung genießt er die Solidarität seines Kreisverbands sowie meine persönliche Unterstützung, die sich auch nicht dadurch ändert, dass interessierte Kreise immer wieder olle Kamellen aus der Mottenkiste graben und daraus neue Kampagnen zu stricken versuchen.«

Einer wenn auch bescheidenen grünen Karriere in der Provinz stehen Dunkels Ansichten also nicht im Weg. Die Grünen sind offenbar eine tolerante Partei – zumindest solange es nicht um Zigaretten oder Fleischverzehr geht.

Umfrage

KAS-Studie: Antisemitische Vorurteile nehmen bei Türkeistämmigen zu

Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat eine neue Studie zum Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft vorgelegt. Dabei wurden auch Einstellungen zu Juden abgefragt

 09.12.2025

Naher Osten

Bericht: Keine Rolle für Tony Blair bei Gaza-Friedensrat

Anstelle Blairs ist der bulgarische Diplomat und ehemalige Nahostgesandte Nickolay Mladenov im Gespräch, wie die »Financial Times« vermeldete

 09.12.2025

Frankfurt am Main

Lufthansa Cargo stoppt Militärtransporte nach Israel

Während die politischen Beziehungen zwischen Berlin und Jerusalem eine Annäherung erleben, ist dies im Luftfahrt-Bereich nicht der Fall. Warum?

 08.12.2025

Berlin

Presseschau zum Israel-Besuch von Kanzler Friedrich Merz

Wie bewerten deutsche Leit- und Regionalmedien Merz‘ Antrittsbesuch bei Ministerpräsident Benjamin Netanjahu?

 08.12.2025

Toronto

Miriam Mattova aus Uber geworfen, weil sie Jüdin ist

»Was passiert ist, ist nicht nur ein unangenehmer Moment. Es ist eine Erinnerung daran, warum es wichtig ist, sich zu äußern«, sagt das Model

 08.12.2025

Gaza

Wie die Hamas Hilfsorganisationen gefügig machte

Einer Auswertung von »NGO Monitor« zufolge konnten ausländische Organisationen in Gaza nur Hilsprojekte durchführen, wenn sie sich der Kontrolle durch die Hamas unterwarfen

von Michael Thaidigsmann  08.12.2025

Jerusalem

Ein neuer Sound?

Unterwegs mit Bundeskanzler Friedrich Merz bei seiner Antrittsreise in Israel

von Philipp Peyman Engel  07.12.2025

Jerusalem

Netanjahu: »Stellen Sie sich vor, jemand würde Deutschland vernichten wollen«

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz lobte der Premierminister Bundeskanzler Merz als verständigen Gesprächspartner und rechtfertigte Israels hartes Vorgehen gegen die Hamas

 09.12.2025 Aktualisiert

Israel

Berichte: Netanjahu traf Blair heimlich zu Gaza-Zukunft

Bei einem Treffen zwischen Netanjahu und Blair soll es um Pläne für die Zukunft des Gazastreifens gegangen sein. Für Blair ist eine Rolle in Trumps »Friedensrat« vorgesehen

 07.12.2025