Gefangenenaustausch

Bundeskanzler Scholz: »Niemand hat sich diese Entscheidung einfach gemacht«

Bundeskanzler Olaf Scholz erklärte am Flughafen Köln Bonn, warum sich die Bundesregierung für den Gefangenenaustausch entschieden hat Foto: picture alliance/dpa/dpa-Pool

Nach dem Gefangenaustausch zwischen Russland, Belarus und mehreren westlichen Ländern hat Bundeskanzler Olaf Scholz betont, die Bundesregierung habe sich die Entscheidung für eine Ausweisung des »Tiergartenmörders« Wadim Krassikow nicht leichtgemacht. »Diese schwierige Entscheidung wurde von den betroffenen Ressorts und der Koalition nach sorgfältiger Beratung und Abwägung gemeinsam getroffen«, sagte der SPD-Politiker am Abend am Flughafen Köln Bonn. 

Er sprach von einer Schutzverpflichtung gegenüber deutschen Staatsbürgern und strich die Solidarität mit den USA heraus. Scholz sagte: »Niemand hat sich diese Entscheidung einfach gemacht, einen zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Mörder nur nach wenigen Jahren der Haft abzuschieben.«

Der »Tiergartenmörder« Wadim Krassikow hatte 2019 in einer Parkanlage in Berlin einen Georgier tschetschenischer Herkunft getötet, der in Deutschland Schutz gesucht hatte. Kremlchef Wladimir Putin nahm den Mörder öffentlich in Schutz, weil er aus russischer Sicht einen Staatsfeind beseitigt hatte. Das Berliner Kammergericht sah es 2021 als erwiesen an, dass Wadim Krassikow im staatlichen russischen Auftrag handelte.

Scholz: Oppositionsführer frühzeitig informiert

Angesichts der Bedeutung der Angelegenheit habe er auch frühzeitig den Oppositionsführer informiert, sagte Scholz, ohne Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) namentlich zu nennen. Dieser habe ihm ausdrücklich versichert, dass er mit den Entscheidungen der Bundesregierung einverstanden sei.

Nach dem Austausch, der in Ankara stattfand, habe er mit US-Präsident Joe Biden telefoniert, berichtete Scholz. Biden habe ihm gesagt, dass er »sehr dankbar ist für die Kooperation unserer beiden Länder in dieser wichtigen Angelegenheit«, sagte der Kanzler am Flughafen, wo einige der in Russland und Belarus freigelassenen Gefangenen am späten Abend erwartet werden. 

Die Bundesregierung habe über mehrere Monate in enger Kooperation mit den USA und europäischen Partnern eine Lösung für zu Unrecht in Russland inhaftierte politische Gefangene gesucht, sagte der Kanzler. Unter den Menschenrechts- und Antikriegs-Aktivisten seien auch Schlüsselfiguren des Netzwerks des im Februar in Haft umgekommenen russischen Oppositionellen Alexej Nawalny. Zu den Freigelassenen zählten zudem mehrere Deutsche und deutsch-russische Staatsbürger, »die unter fadenscheinigen Gründen, etwa des Vorwurfs des Hochverrats, angeklagt und zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt wurden«. 

Er freue sich, mehrere der Freigelassenen, die von Ankara nach Deutschland gebracht würden, begrüßen zu können, sagte Scholz. Einige der US-Bürger seien direkt in Richtung USA geflogen. dpa/ja

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