Interview

»Bücher für Kinder fehlen«

Rachel Salamander Foto: imago

Frau Salamander, welches interessante Buch lesen Sie derzeit?
»Machloikes« von Michel Bergmann. Den Titel finde ich aber verglichen mit dem herz- erfrischenden Roman eher abweisend. Schon das jiddische Wort für Streitereien und Durcheinander hat keinen sympathischen Klang. Mit Neugierde habe ich auf diese Fortsetzung nach dem ersten Teil »Die Teilacher« gewartet.

Würden Sie es Ihren Kunden empfehlen?
Unbedingt. Besser als in diesen beiden Bänden kann man die Geschichte der Juden unmittelbar nach dem Krieg in Deutschland nicht erzählen. Die Bücher leben vom richtigen Ton, seinem gelungenen Witz und einer authentischen Kenntnis. Ein Lesevergnügen.

Welches war im vergangenen Jahr der Renner unter den jüdischen Titeln?
Zu Recht ein Renner war jedenfalls Sándor Márais »Die Befreiung«. Es ist der letzte in Ungarn verfasste Roman des Autors. Er spielt in Budapest 1945. Die Russen rücken in die belagerte Stadt vor. Mit der ihm eigenen Intensität verfolgt der Romancier anhand einiger in einem Keller Untergeschlüpfter den dramatischen Übergang von Krieg zu Frieden, von Kollaboration zu Anstand.

... und der größte Verkaufs-Flop?
Das Buch von Daniel Mendelsohn »Die Verlorenen. Eine Suche nach sechs von sechs Millionen«. Es ist das wesentlichste Buch der Nachgeborenengeneration, hat aber – gemessen an seiner überwältigenden Größe – nicht genügend Käufer gefunden. Vielleicht ergeht’s dem Taschenbuch besser.

Die Buchbranche legt noch einmal mit 90.000 Neuerscheinungen zu. Können Sie bei der Qual der Wahl bei »jüdischen Büchern« helfen? Welches Kinderbuch lohnt sich dieses Jahr?
Mit Ungeduld warte ich auf die längst angekündigte »Jüdische Geschichte für Kinder erzählt« von dem großen Historiker Simon Dubnow. Im November soll es endlich so weit sein. Hoffentlich. Denn die Lücke bei Geschichtsbüchern für jüdische Kinder ist immer noch schmerzlich spürbar.

... und welches Sachbuch muss der Interessierte lesen?
Jeder jüdische Haushalt oder an jüdischer Geschichte Interessierte sollte sich die gerade im Erscheinen befindliche, von dem Historiker Dan Diner herausgegebene »Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur« (EJGK) anschaffen. Der erste Band ist bereits auf dem Markt, fünf weitere und ein Registerband folgen in überschaubarem Abstand. Die EJGK ist originär in ihrer Einteilung, verknüpft jüdische Moderne mit der Nachmoderne, geht also von 1750 bis 1950. Ihre mehr als 800 Artikel sind nicht nach den herkömmlichen Stichworten angeordnet, sondern entsprechend der Bedeutung von Text- und Ortsgedächtnis für die jüdischen Lebenswelten ausgerichtet. Für mich ein Standardwerk.

Mit der Leiterin der Literaturhandlung Berlin/München und Herausgeberin der »Literarischen Welt« sprach Hans-Ulrich Dillmann.

Berlin

»Berlin verneigt sich«

Zwei Monate nach ihrem Tod wird die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer in Berlin gewürdigt. Der Bundespräsident mahnt vor Politikern und Weggefährten, das Erbe der Jahrhundertfrau weiterzutragen

von Alexander Riedel  09.07.2025 Aktualisiert

Berlin

Berufungsverhandlung gegen X wegen antisemitischer Inhalte

Der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antisemitismus, Felix Klein, unterstütze den Prozess

 09.07.2025

Langenau

»Die Aktivisten wollen den Pfarrer und seine Familie zermürben«

Württembergs Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl fordert konkrete Schritte gegen »propalästinensische« Störer vor der Martinskirche. Die Stadt habe »versucht, es auszusitzen«

 09.07.2025

Berlin

Lahav Shapira verklagt FU: Prozess beginnt Dienstag

Der attackierte Student wirft seiner Universität vor, zu wenig gegen Antisemitismus auf dem Campus getan zu haben

 09.07.2025

Meinung

BSW und AfD: Zwei Ausprägungen desselben autoritären Denkens

Sahra Wagenknecht und ihre Partei nähern sich den Rechtsextremen immer weiter an. Spätestens jetzt ist klar: Am BSW gibt es nichts Progressives

von Igor Matviyets  09.07.2025

Interview

»Schau ma mal, dann seng ma scho«

Josef Schuster über 75 Jahre Zentralrat der Juden in Deutschland, Herausforderungen für die Gemeinden und die Frage, ob er für eine weitere Amtszeit kandidieren will

von Leticia Witte  09.07.2025

Berlin

Merz: Israels Angriffe auf Iran sind völkerrechtskonform

Sind die israelischen Angriffe auf den Iran vom Völkerrecht gedeckt? Der Kanzler nimmt dazu nun eine eindeutige Haltung ein

 09.07.2025

Berlin

Millionenförderung für jüdisches Leben

Die sogenannten Staatsleistungen machten dabei fast 8,9 Millionen Euro in dieser Summe aus. Als Zuwendung für personelle Sicherheitsleistungen flossen den Angaben zufolge 6,1 Millionen Euro

 09.07.2025

Skandal-Band

Felix Klein fordert, Konzerte von »Bob Vylan« abzusagen

Das britische Punk-Duo hatte bei einem Auftritt israelischen Soldaten den Tod gewünscht

von Hannah Schmitz  09.07.2025