Meinung

Besuch des großen Bruders

Die Erwartungen könnten kaum geringer sein. Neueste Umfragen – kurz vor seinem Besuch in Israel erhoben – zeigen, dass mehr als die Hälfte der Israelis dem US-Präsidenten Barack Obama bei der Wahrung israelischer Sicherheitsinteressen misstraut. Nach Jahren der Spannung zwischen Obama und Premierminister Benjamin Netanjahu ist dies keine Überraschung. Trotzdem gab sich der US-Präsident im israelischen Fernsehen vor seinem Besuch unerwartet optimistisch. Dem Interviewer verriet er, dass er mit keinem anderen Partner so viele Gespräche unter vier Augen geführt habe wie mit Netanjahu.

Das Besuchsprogramm des Präsidenten ist pragmatisch. Drei Ziele sind es, die Obama erreichen möchte: Die amerikanisch-israelische Verständigung zu wichtigen Sicherheitsthemen in Nahost soll verstärkt, die Chemie zwischen den beiden Regierungen verbessert und die Unterstützung der israelischen Öffentlichkeit für die bilaterale Partnerschaft ausgebaut werden. Konkret geschieht das etwa, indem das Vorgehen gegen den Iran und die ständige nukleare Bedrohung Israels koordiniert wird.

annäherung Tatsächlich nähern sich beide Länder in dieser Frage immer weiter an. Sie schließen nämlich beide eine »Containment«-Option aus, also die Vorstellung, ein nuklear bewaffneter Iran könne eingedämmt werden. Stattdessen sind sich beide einig, dass Teherans Atomwaffenprogramm frühzeitig gestoppt werden muss.

Auch der Ton zwischen beiden Partnern verändert sich: Statt einseitig Druck auf die Jerusalemer Regierung wegen der Siedlungspolitik auszuüben, will Obama gemeinsam mit der israelischen Führung nach politischen Lösungen in einem zunehmend instabilen Nahen Osten suchen. Der Besuch Obamas könnte den Anfang vom Ende des Weges signalisieren, eine große Friedensvereinbarung à la Oslo suchen zu wollen. Eher die kleinen Schritte sind es jetzt, die die Verhandlungen voranbringen könnten – wobei die fortbestehenden Differenzen über die palästinensische Flüchtlingsfrage, den Status Jerusalems oder die Siedlungen berücksichtigt werden müssen.

Die Visite signalisiert zudem, dass ohne die USA und Israel im Nahen Osten kein Problem gelöst wird. Da ist es auch hilfreich, dass die Sympathiewerte in den USA für Israel in den letzten zehn Jahren kontinuierlich gewachsen sind.

Die Autorin ist Direktorin des American Jewish Committee Berlin.

Flensburg

Antisemitisches Schild löst Empörung aus

»Juden haben hier Hausverbot!« steht im Schaufenster eines Geschäftes. Aus der Lokalpolitik kamen deutliche Reaktionen

 18.09.2025

Antrittsbesuch

Merz reist nach Madrid: Differenzen in Haltung zu Israel

Insgesamt läuft es gut in den Beziehungen zwischen Deutschland und Spanien. Bei einem Thema gibt es aktuell aber Streit

 18.09.2025

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  18.09.2025 Aktualisiert

Washington D.C./Jerusalem

Trump und Netanjahu: Zerwürfnis nach Doha-Angriff

Hinter den Kulissen soll der amerikanische Präsident einem Zeitungsbericht zufolge über den israelischen Regierungschef geschimpft haben

 18.09.2025

Doha

Nach Schlag in Katar: Hamas-Anführer gibt TV-Interview

Ghazi Hamad, der als Planer der Massaker vom 7. Oktober gilt, gibt sich als Opfer des »zionistischen Feindes«

 18.09.2025

Jubiläum

Stimme der Demokratie

Vor 75 Jahren wurde der Zentralrat der Juden in Deutschland gegründet. Heute hat das Gremium vielfältige Aufgaben und ist unverzichtbarer Teil dieses Landes

von Detlef David Kauschke  17.09.2025

Europäische Union

Wie die EU-Kommission Israel sanktionieren will

Ursula von der Leyens Kommission will Israel alle Handelsvergünstigungen streichen. Doch eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten ist (noch) nicht in Sicht. Die Hintergründe

von Michael Thaidigsmann  17.09.2025

Meinung

Sánchez missbraucht ein Radrennen für seine Israelpolitik

Dass Spaniens Regierungschef die Störer der Vuelta lobte, ist demokratieschwächend und gehört zu seinem Kalkül, Israel weltweit zu isolieren

von Nicole Dreyfus  17.09.2025

Zentralrat

Schuster: Zwei-Staaten-Lösung nach Friedensverhandlungen mit Israel

Ein jeweils selbstständiger Staat Israel und Palästina - dafür spricht sich auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland aus. Unter bestimmten Voraussetzungen

von Leticia Witte  17.09.2025