Nach mehreren Antisemitismus-Vorfällen tagt der Aufsichtsrat der Technischen Universität Berlin (TU) am Montag in einer Sondersitzung zur Zukunft von Präsidentin Geraldine Rauch.
Die digitale Sitzung begann laut einer TU-Sprecherin um 8.00 Uhr. Das Kuratorium - der Aufsichtsrat der Universität - hat elf Mitglieder, darunter Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD).
Die Präsidentin der TU steht massiv in der Kritik, weil sie mehrere antisemitischen Post auf der Plattform X im Kontext des Gaza-Kriegs mit einem »Gefällt mir« markiert hatte. Die 41-Jährige hatte sich dafür entschuldigt und von »tiefer Reue« gesprochen.
Vergangenen Donnerstag erklärte sie, im Amt bleiben zu wollen, obwohl sich eine knappe Mehrheit des Akademischen Senats für ihren Rücktritt ausgesprochen hatte. Rauch verwies unter anderem darauf, dass die Abstimmung nicht bindend sei. Der Akademische Senat habe keinen Abwahlantrag gestellt.
Möglich ist, dass sich das Kuratorium am Montag nun mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit für eine Abwahl entscheidet. Es könnte allerdings auch eine Stellungnahme oder ein Meinungsbild veröffentlichen. Entscheidet sich das Gremium für eine Abwahl, gibt es zwei weitere Hürden: Das Thema würde noch einmal in den Akademischen Senat der TU gehen, der ebenfalls mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit für oder gegen eine Abwahl stimmen müsste. Am Ende müsste dann der Erweiterte Akademische Senat über die Zukunft Rauchs entscheiden.
Rauchs Entscheidung, im Amt bleiben zu wollen, wurde stark kritisiert. Bundeskanzler Olaf Scholz strich die unter Druck stehende Präsidentin aus seinem Beraterkreis des sogenannten Zukunftsrates. Rücktrittsforderungen kamen unter anderem vom Internationalen Auschwitz Komitee und dem Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner.
Die TU-Präsidentin kündigte an, die Arbeit gegen Antisemitismus an der Hochschule stärken zu wollen. Bei der Berliner Wissenschaftsverwaltung beantragte sie ein Disziplinarverfahren gegen sich selbst, um eine objektive Aufklärung der Vorwürfe zu ermöglichen. In einer schriftlichen Erklärung am Donnerstag hatte Rauch zudem versichert, an ihren Fehlern arbeiten zu wollen.
Die Debatte um den Krieg in Gaza beschäftigt die Berliner Hochschulen immer wieder. Während an der TU über die Hochschulleitung diskutiert wird, hat die Humboldt-Universität nach dem Ende einer Besetzungsaktion am 23. Mai einen Ausblick gegeben. »Ziel ist es, den normalen Lehrbetrieb im Gebäude so schnell wie möglich wieder aufzunehmen. Momentan findet die Lehre an anderen Standorten der HU oder digital statt. Wir hoffen, das Gebäude in einigen Wochen wieder öffnen zu können«, hieß es vergangene Woche auf der Homepage.
Die Universität gehe insgesamt von einem Schaden am Gebäude in Höhe von etwa 150.000 Euro aus. Die Hochschule habe Strafantrag wegen Sachbeschädigung gestellt und Strafanzeige - etwa wegen der Verwendung von Kennzeichen einer verbotenen Organisation (Hamas). Darunter fallen demnach auch Graffiti und Beschmierungen wie das rote Dreieck.
Strafanträge wegen Hausfriedensbruchs wurden laut der Universität gegen alle Personen gestellt, die sich nach den letzten Aufforderungen zum Verlassen des Gebäudes durch die Präsidentin und durch den Vizepräsidenten noch rechtswidrig in dem Gebäude aufhielten beziehungsweise verschanzt hatten.
Israelfeindliche und antisemitische Aktivisten hatten das Institut für Sozialwissenschaften aus Protest gegen Israel und zur Unterstützung der Palästinenser besetzt. Die Universitätsleitung duldete dies zunächst und setzte auf einen Dialog mit Besetzern und Wissenschaftlern. Später wurde die Besetzung von der Polizei geräumt. Das Gebäude wurde während der Besetzung stark beschädigt. Auch Universitätspräsidentin Julia von Blumenthal geriet wegen ihres Kurses unter Druck. dpa