Nach Frankreich will auch Kanada Palästina als Staat anerkennen. »Kanada beabsichtigt, den Staat Palästina in der 80. Sitzung der UN-Vollversammlung im September 2025 anzuerkennen«, sagte Ministerpräsident Mark Carney.
Er begründete den Schritt mit zunehmend schlechteren Aussichten auf eine Zweistaatenlösung in Nahost und prangerte die Lage im Westjordanland sowie die humanitäre Katastrophe im Gazastreifen an. Unter dem Begriff Zweistaatenlösung wird verstanden, dass Israel und ein unabhängiger Palästinenserstaat friedlich Seite an Seite existieren, was die Palästinenserführung stets abgelehnt hat.
Kanada schließt sich damit als erstes G7-Land der französischen Ankündigung von vergangener Woche an. Auch Großbritannien drohte Israel zuletzt offen mit einer Anerkennung Palästinas, falls die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu den Krieg nicht beenden sollte.
Auf Nachfrage stellte Carney klar, dass es sich um eine Absichtserklärung seiner Regierung handle. Theoretisch sei ein Szenario möglich, dass er seine Entscheidung wieder zurücknehme, auch wenn er sich das zurzeit nicht vorstellen könne, sagte Carney. »Wenn es kein Szenario gäbe, würden wir sofort handeln.«
»Oh, Kanada!!!«
Israels Regierung verurteilte Carneys Entscheidung. Der Kurswechsel der kanadischen Regierung sei eine Belohnung für die palästinensische Terrororganisation Hamas, kritisierte das Außenministerium. Er schade den Bemühungen um eine Waffenruhe im Gaza-Krieg und eine Freilassung der von den Terroristen im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln.
Seit dem Jahr 2000 haben die Palästinenser zweimal Friedenspläne abgelehnt, die ine Zweistaatenlösung ermöglicht hätten. Die ihr angebotene Gründung eines palästinensischen Staates neben Israel – in Gaza und weit über 90 Prozent des Westjordanlandes mit einem autonomen Ost-Jerusalem als Hauptstadt – wies sie zurück.
US-Präsident Donald Trump kritisierte Kanada für seine Ankündigung, einen palästinensischen Staat anerkennen zu wollen. Er verknüpfte dies mit den Bemühungen um ein Handelsabkommen mit dem nördlichen Nachbarn der USA. »Wow! Kanada hat gerade angekündigt, die Eigenstaatlichkeit Palästinas zu unterstützen. Das wird es uns sehr schwer machen, ein Handelsabkommen mit ihnen zu schließen. Oh, Kanada!!!«, schrieb Trump auf Truth Social.
»Palästinensischer Pseudostaat«
Die jüdische Dachorganisation Centre for Israel and Jewish Affairs (CIJA) wandte sich ebenfalls gegen eine Anerkennung. Die Ankündigung des Premiers »beruht auf dem fehlgeleiteten Vertrauen in vage Zusagen des Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, der für seine Korruption, mangelnde demokratische Glaubwürdigkeit und die Finanzierung von Terroristen berüchtigt ist«, erklärte CIJA-Chef Noah Shack.
Eine Anerkennung »ohne echte Veränderungen vor Ort« sei »ein Rezept für einen weiteren gescheiterten palästinensischen Pseudostaat, der von Terroristen kontrolliert wird«, so Shack. im/dpa