Jena

Anzeige wegen Volksverhetzung

In der Kritik: Jenas Oberbürgermeister Albrecht Schröter Foto: dpa

Gegen den Oberbürgermeister von Jena, Albrecht Schröter (SPD), wurde wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung Anzeige gestellt. Wie die Thüringische Landeszeitung berichtet, ist die Staatsanwaltschaft Gera mit der Ermittlung betraut. Grund sind Äußerungen Schröters zur Flüchtlingspolitik. Der SPD-Politiker, der vor seiner Politkarriere als evangelischer Pfarrer wirkte, hatte gesagt: »Die islamfeindliche US-Politik der vergangenen Jahrzehnte trägt ihre Früchte.« Daher müsse Deutschland »aus seiner vornehmen Zurückhaltung gegenüber Israel als Besatzerstaat heraustreten«.

Dazu sagte Schröter der Jüdischen Allgemeinen: »Die Anzeige ist haltlos. Das wird sich im staatsanwaltlichen Verfahren herausstellen.« Zudem werde so sein Grundrecht auf Meinungsfreiheit verletzt. Inhaltlich sei das, wozu er sich geäußert hatte, »eine Frage, mit der sich bereits die EU kritisch beschäftigt«. Die EU-Kommission bereite eine Kennzeichnungspflicht für Produkte aus von Israel besetzten Gebieten vor. Das sei kein Boykott, sondern ein Hinweis an den Kunden, der mit seinem Kaufverhalten selbst entscheiden könne, »wie er zur Siedlungspolitik steht«. Im Übrigen, so Schröter weiter, unterstütze er »den Kauf von Waren aus dem Staat Israel ausdrücklich«.

boykott Der Strafantrag soll von Andreas Neumann aus dem Landkreis Augsburg gestellt worden sein, der Mitglied einer Gemeinde messianischer Juden ist, heißt es in der Thüringischen Landeszeitung. Er bezieht sich dem Vernehmen nach nicht nur auf die jüngsten Äußerungen Schröters, sondern auch darauf, dass der OB vor drei Jahren einen Aufruf von Pax Christi unterzeichnet hatte, in dem dafür geworben wurde, keine »Waren aus völkerrechtswidrigen israelischen Siedlungen« zu kaufen.

Die Ostthüringer Zeitung berichtet, Neumann habe von Schröter eine Unterlassungserklärung gefordert und ihm mit 15.000 Euro Strafe gedroht. So stehe es in einem Fax, das Neumann an Schröters Büro im Jenaer Rathaus gesandt habe.

Die Thüringische Landeszeitung zitiert Neumann so: »Der Aufruf des Herrn Schröter hat klaren antisemitischen Charakter und ist nach meinem Empfinden eine deutliche Volksverhetzung!« Er richte sich nämlich nicht nur gegen die israelische Regierung, sondern gegen das jüdische Volk. »Erst zwei Generationen vor meiner Zeit mussten meine Vorfahren ›eine Kennzeichnung‹ tragen, man nannte es den gelben Stern.« Daran erinnere ihn die Forderung einer Kennzeichnungspflicht israelischer Produkte.

landesgemeinde Auch die Jüdische Landesgemeinde Thüringen kritisiert Schröter massiv. Wenn der Jenaer OB »den Schuldsuchenden mit seiner Sicht Israel als Sündenbock anbietet, bedient er das uralte Klischee ›Die Juden sind schuld‹«, erklärte der Vorsitzende der Landesgemeinde, Reinhard Schramm.

Kritik an Schröter war auch von Parteikollegen geäußert worden. Der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Gunter Weißgerber schrieb im Onlinedienst »Huffington Post«: »Jeder Nazi, den du ansonsten verbal stets bekämpfst, wird dir Beifall spenden. Dessen ungeachtet blökst du ihm Israel-Einstellungen wie kleine Leckerlis vor seine krumpligen Thügida-Hufe.« Schröter, so Weißberger, beschäme die gesamte SPD.

Erst im Juli hatte sich Albrecht Schröter für eine Städtepartnerschaft zwischen Jena und Ramallah eingesetzt. Auf seine Initiative hin und mit Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung findet im November in Jena eine deutsch-palästinensische Konferenz statt. ja

Terrorismus

Waffenkurier der Hamas wohnte in unmittelbarer Nähe zum Zentralrat der Juden

Im Auftrag der Terrororganisation Hamas sollen mehrere Männer jüdische und proisraelische Ziele unter anderem in Berlin ausgespäht und Waffen eingeschmuggelt haben. Nun berichten »Zeit« und »Welt« über die Hintergründe

 27.11.2025

Bildung

Im Land der Täter

Bis März soll die Entscheidung fallen, wo die Dependance der Schoa-Gedenkstätte Yad Vashem in Deutschland angesiedelt wird

von Michael Thaidigsmann  27.11.2025

München

Uschi Glas: Christen müssen jüdische Mitbürger schützen

Uschi Glas mahnt Christen zum Schutz von Juden. Sie warnt vor neuer Ausgrenzung und erinnert an eigene Erfahrungen nach dem Krieg. Was sie besonders bewegt und warum sie sich Charlotte Knobloch verbunden fühlt

von Hannah Krewer  27.11.2025

Entscheidung

Uni Jena lehnt Prüfung von Kontakten mit israelischen Hochschulen ab

Die Friedrich-Schiller-Universität Jena wird Kooperationen mit israelischen Hochschulen nicht auf mögliche Verbindungen zum Militär überprüfen. Der Senat lehnte einen entsprechenden Antrag von Teilen der Professorenschaft ab

 27.11.2025

Berlin

Der falsche Konsens

Der israelische Militärhistoriker Danny Orbach stellt im Bundestag eine Studie und aktuelle Erkenntnisse zum angeblichen Genozid im Gazastreifen vor – und beklagt eine einseitige Positionierung von UN-Organisationen, Wissenschaft und Medien

 27.11.2025

Berlin

Prozess um Angriff am Holocaust-Mahnmal: »Tat zugegeben«

Polizisten berichten von der Begegnung mit dem Angeklagten wenige Stunden nach der Tat

 27.11.2025

Debatte um Hamas-Nähe

Mitglieder des ZDF-Kontrollgremiums fordern Konsequenzen

Nachdem ein mutmaßlicher Terrorist über eine Partnerfirma an Produktionen des öffentlich-rechtlichen Senders mitgewirkt hat, soll der Fall nun parlamentarisch aufgearbeitet werden

 27.11.2025

Berlin

Späte Gerechtigkeit? Neue Schiedsgerichte zur NS-Raubkunst

Jahrzehnte nach Ende der Nazi-Zeit kämpfen Erben jüdischer Opfer immer noch um die Rückgabe geraubter Kunstwerke. Ab dem 1. Dezember soll es leichter werden, die Streitfälle zu klären. Funktioniert das?

von Cordula Dieckmann, Dorothea Hülsmeier, Verena Schmitt-Roschmann  27.11.2025

USA

Staatsanwaltschaft rollt den Fall Etan Patz neu auf

Der jüdische Junge Etan Patz verschwindet am 25. Mai 1979 auf dem Weg zur Schule. Jahre später wird er für tot erklärt

 26.11.2025