Exmatrikulations-Debatte

Spaenle fordert Rauswurf von Berliner Senatorin

Ina Czyborra (SPD), Berliner Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege Foto: picture alliance/dpa

Der bayerische Antisemitismusbeauftragte Ludwig Spaenle (CSU) hat Berlins Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) aufgefordert, seine Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) zu entlassen. Diese hatte am Dienstagabend nach dem schweren Angriff auf den jüdischen Studenten Lahav Shapira Forderungen abgelehnt, den Angreifer, mutmaßlich ein Kommilitone Shapiras, zu exmatrikulieren.

»Exmatrikulation aus politischen Gründen lehne ich auch grundsätzlich ab«, sagte sie dem RBB. Hochschulen seien Räume der Kommunikation und der Debatte. Weiter sagte sie: »Die Wissenschaft lebt von Austausch, lebt von Internationalität, lebt von internationalen Studierenden. Und natürlich gibt’s auch dann mal Konflikte auf dem Campus. Und die müssen wir eindämmen.«

Ludwig Spaenle kritisierte die Aussagen in einem Facebook-Post scharf: »Blanker Judenhass: die unerträglichen Äußerungen der Berliner Wissenschaftssenatorin, sind, falls wirklich so gefallen, nichts anderes als Antisemitismus in der Praxis. Hier ist der Regierende Bürgermeister gefordert. Es bleibt eigentlich nur die Entlassung.«

Auch der stellvertretende Landesvorsitzender der Berliner FDP, Sebastian Czaja, forderte den Czyborras Rücktritt. »Die Äußerungen der Wissenschaftssenatorin sind derart haarsträubend, sie begründen einen Rücktritt!«, sagte er zur »Bild«.

Der Bruder des Opfers, Shahak Shapira, reagierte verdutzt auf die Aussagen der Senatorin im RBB-Interview. »WHAT? ›Konflikt‹? Er hätte beinah an einer Hirnblutung sterben können«, schrieb er in einem Tweet.

Senatorin Czyborra weist Vorwürfe zurück

Die Wissenschaftssenatorin wies Spaenles Vorwürfe auf Anfrage der Jüdischen Allgemeinen mit Entschiedenheit zurück. Die Aussagen seien in der Berichterstattung teilweise aus dem Zusammenhang gerissen worden.

»Den Angriff auf den Studenten Lahav Shapira verurteile ich weiterhin auf das Schärfste. Gewalt gegen Menschen ist niemals gerechtfertigt«, teilte Ina Czyborra in einer Presseerklärung mit. Sie fordert von der Freien Universität, ein Hausverbot gegen den Täter durchzusetzen. »Das ist dringend erforderlich, um Opfer vor Gewalttätern zu schützen und auf dem Universitätsgelände einen sicheren Raum für die Studierenden zu schaffen.«

Die Wissenschaftssenatorin sieht die Forderung, Antisemiten zu exmatrikulieren, weiter sehr kritisch: »Sowohl einem Hausverbot als auch einer Exmatrikulation steht das Grundrecht auf freie Berufswahl entgegen. Es müssen, bevor über schärfere Maßnahmen diskutiert wird, die bisherigen Mittel ausgeschöpft werden, auch wenn dies am Ende gerichtlich verhandelt werden muss.«

Außerdem müsse zwischen Gewalttaten, Antisemitismus und Volksverhetzung auf der einen und politischen Meinungsäußerungen auf der anderen Seite unterschieden werden. »Exmatrikulationen aufgrund politischer Meinungen lehne ich weiterhin ab«, so die Senatorin. Dabei hatte bisher niemand gefordert, den mutmaßlichen Angreifer von Lahav Shapira wegen seiner politischen Meinung zu exmatrikulieren. Unterstützer dieser Forderung, darunter der Zentralrat der Juden, bezogen sich in ihrer Begründung darauf, dass Shapira zusammengeschlagen wurde.

Lahav Shapira wurde krankenhausreif geprügelt

Am späten Freitagabend hatte ein 23-jähriger arabischstämmiger FU-Student den 30-jährigen jüdischen Mitstudenten Lahav Shapira in einer Bar am Rosenthaler Platz in Berlin-Mitte erkannt und im Anschluss auf der Straße krankenhausreif geschlagen.

Lahav Shapira ist der Bruder des Komikers Shahak Shapira und Enkel des israelischen Leichtathletiktrainers Amitzur Shapira, der beim Münchener Olympia-Attentat von palästinensischen Terroristen ermordet wurde.

Die Freie Universität Berlin hat den Angriff »auf das Schärfste« verurteilt und prüft nach eigenen Worten juristische Schritte. Man sei »zutiefst entsetzt über den brutalen, mutmaßlich antisemitisch motivierten Angriff auf einen jüdischen Studenten unserer Universität«.

Der Zentralrat der Juden hatte nach der Attacke auf Shapira die Exmatrikulation des Täters gefordert, der Student an der Freien Universität sein soll. Der Universitätsleitung zufolge sei dies jedoch wegen des Hochschulgesetzes nicht möglich.

Meinung

Keine Ausreden mehr!

Hamburg hat ein Islamismus-Problem. Deutschland hat ein Islamismus-Problem. Ein Weckruf

von Noam Petri  28.04.2024

Berlin

Zentralrat der Juden kritisiert deutsche UNRWA-Politik

Josef Schuster: »Die Bundesregierung tut sich mit dieser Entscheidung keinen Gefallen«

 28.04.2024

Holocaust

»Blutiger Boden, deutscher Raum« - was die Nazis in Osteuropa planten 

Die Nationalsozialisten träumten von einem Riesenreich voller idealer Menschen. Wer ihnen nicht passte, sollte verschwinden oder sterben. Ein neuer Film zeigt die Abgründe des Generalplans Ost

von Cordula Dieckmann  28.04.2024

Holocaust

Chef der Gedenkstätten-Stiftung: Gästebücher voll Hassbotschaften 

Hass, Antisemitismus und Israelfeindlichkeit bekommt auch die Gedenkstätte Sachsenhausen zu spüren - seit Beginn des Gaza-Kriegs gibt es dort deutlich mehr Schmierereien

 28.04.2024

Terror-Verbündete

Erdogan: Die Türkei steht weiterhin hinter der Hamas

»Man kann die Vorfälle des 7. Oktober gutheißen oder nicht. Das ist vollkommen Ansichtssache«, so Türkeis Präsident

 28.04.2024

Berlin

Zentralrat der Juden kritisiert Urteile zugunsten antisemitischer Parole

Der Schlachtruf bedeutet »nichts anderes als den Wunsch der Auslöschung Israels«, betont Josef Schuster

 28.04.2024

Berlin

Warum Steinmeier den Runden Tisch zum Nahost-Krieg absagte

Der Bundespräsident hat seit dem Überfall der Hamas auf Israel schon mehrere Runde Tische zum Nahen Osten veranstaltet. Der nächste sollte in der kommenden Woche sein. Doch er entfällt

 27.04.2024

Den Haag

Erste Entscheidung in Klage gegen Deutschland am Dienstag

Im Verfahren Nicaragua gegen Deutschland will der Internationale Gerichtshof am Dienstag seinen Beschluss zu einstweiligen Maßnahmen verkünden

 26.04.2024

Meinung

Steinmeier auf Kuschelkurs mit einem Terrorfreund

Der Bundespräsident untergräbt mit seiner Schmeichelei gegenüber Recep Tayyip Erdogan einmal mehr Deutschlands Staatsräson

von Nils Kottmann  26.04.2024