KZ Sachsenhausen

Angeklagter streitet Vorwürfe weiter ab

Eingang zur Gedenkstätte des ehemaligen KZ Sachsenhausen Foto: imago images/Jürgen Ritter

Im Prozess gegen einen 101-jährigen ehemaligen KZ-Wachmann vor dem Landgericht Neuruppin hat der Angeklagte am Donnerstag erneut einen Einsatz im KZ Sachsenhausen bestritten. In einer am 13. Verhandlungstag von Verteidiger Stefan Waterkamp vorgetragenen Erklärung wurden lediglich weitere Lebensstationen des in Litauen geborenen Angeklagten Josef S. in den Jahren 1940 und 1945 vorgetragen. Angaben zur Tätigkeit im KZ Sachsenhausen wurden nicht gemacht. (AZ: 11 Ks 4/21)

In einem vom Vorsitzenden Richter Udo Lechtermann präsentierten, von Josef S. unterzeichneten Rentenantrag an die DDR-Sozialversicherung von 1985 ist für die Zeit zwischen 1940 und 1945 lediglich »Wehr- und Kriegsdienst« angegeben. Eine vom Gericht als Zeugin geladene 70-jährige Stieftochter des Angeklagten verweigerte am Donnerstag die Aussage. Zuvor war sie kurzfristig aus dem Zuschauerraum heraus vom Gericht als Zeugin benannt worden.

Als Sachverständiger hatte der Historiker Stefan Hördler bereits in der vergangenen Woche anhand von Personalakten des SS-Totenkopfbataillons im KZ Sachsenhausen die Mitgliedschaft von Josef S. belegt. Mit Blick auf die fehlende Erinnerung des Angeklagten und dessen ausweichende Aussagen sprach sich Rechtsanwalt Thomas Walther als ein Vertreter der insgesamt 16 Nebenkläger für die Erstellung weiterer Gutachten aus. Sie sollen belegen, dass sich Josef S. mit Blick auf Teilabschnitte seiner Biografie eine »Scheinwelt« geschaffen habe.

Wegen des Gesundheitszustandes des Angeklagten ist die Verhandlung nach Brandenburg an der Havel verlegt worden. Der Hochbetagte ist nur wenige Stunden am Tag verhandlungsfähig. Nebenkläger sind Überlebende des KZ Sachsenhausen und Nachkommen ehemaliger Häftlinge, darunter aus Israel, Peru, Polen, den Niederlanden und Frankreich.

Josef S. muss sich wegen Beihilfe zum grausamen und heimtückischen Mord in 3518 Fällen verantworten. Es geht um die Erschießung sowjetischer Kriegsgefangener, die Ermordung von Häftlingen durch Giftgas und um die Tötung von Häftlingen durch die Schaffung und Aufrechterhaltung von lebensfeindlichen Bedingungen.

Josef S. soll zwischen Oktober 1941 und Februar 1945 im KZ Sachsenhausen bei Oranienburg nördlich von Berlin eingesetzt worden sein. Er streitet dies bislang ab. Zwischen 1936 und 1945 wurden mehr als 200.000 Menschen im KZ Sachsenhausen inhaftiert. Zehntausende starben an den Haftbedingungen, durch medizinische Experimente oder wurden ermordet. Das Konzentrationslager nördlich von Berlin wurde 1936 als Modell- und Schulungslager der SS in Betrieb genommen und war ab 1938 auch Verwaltungszentrale aller NS-Konzentrationslager.

Für das Verfahren gegen Josef S. werteten die Ermittler unter anderem Dokumente aus der Gedenkstätte Sachsenhausen, dem Bundesarchiv Berlin und der Stasi-Unterlagenbehörde aus. Die Tätigkeit von S. ist demnach auf verschiedenen Unterlagen aus der Zeit vermerkt, auch die Beförderung zum SS-Rottenführer. Vorermittlungen hatte die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen im baden-württembergischen Ludwigsburg geführt. epd

Rohstoffe

Wandel durch Handel

Der Erdgasdeal zwischen Israel und Ägypten hat auch eine sicherheitspolitische Dimension

von Sabine Brandes  31.12.2025

Arlington (Virginia)

USA genehmigen Milliardenauftrag: Neue F-15-Kampfjets für Israel

Der Vertrag umfasst die Entwicklung, Integration, Erprobung, Produktion und Lieferung von zunächst 25 neuen Maschinen

 30.12.2025

Terror

Warum?

Die nichtjüdische Deutsche Carolin Bohl wurde am 7. Oktober 2023 von der Hamas brutal ermordet. Hier nimmt ihre Mutter Abschied von der geliebten Tochter

von Sonja Bohl-Dencker  30.12.2025

Einspruch

Solidarität mit Somaliland

Sabine Brandes findet Israels Anerkennung der Demokratie am Horn von Afrika nicht nur verblüffend, sondern erfrischend

von Sabine Brandes  30.12.2025

Meinung

Für mich ist es Nowy God – und warum ich ihn feiere

Das Neujahrsfest hat mit dem Judentum eigentlich nichts zu tun. Trotzdem habe ich warme Erinnerungen an diesen Feiertag

von Jan Feldmann  30.12.2025

London

Vorwurf gegen Facebook: Beiträge feiern Mord an Juden und bleiben online

»Die Beiträge, die den Anschlag von Bondi feiern, sind schlicht widerwärtig«, sagt Dave Rich von der jüdischen Organisation CST in England

 30.12.2025

Berlin

Tagung »Digitale Horizonte«: Wie sich Erinnerungskultur im digitalen Zeitalter wandelt

Wie verändert die Digitalisierung das kollektive Erinnern? Welche Chancen eröffnen neue Technologien – und wo liegen ihre Grenzen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Konferenz

 30.12.2025

Deutschland

Shahak Shapira »superverbittert« über Antisemitismus

Shahak Shapira spricht offen über seinen Frust angesichts von Antisemitismus in Deutschland – und wie er mit politischer Comedy darauf reagiert

 29.12.2025

Analyse

Warum die Anerkennung Somalilands so viel Aufsehen erregt

Das kleine Land am Horn von Afrika hat plötzlich eine große geopolitische Bedeutung. Dafür gibt es gute Gründe

von Ralf Balke  29.12.2025