Neturei Karta

Alte Freunde

»Israelkritiker« unter sich: Erdoğan und Vertreter von Neturei Karta (2018) Foto: dpa

Treffen von Recep Tayyip Erdoğan mit Repräsentanten jüdischer Organisationen in New York sind an sich nichts Ungewöhnliches und haben bereits eine gewisse Tradition. Anlässlich der Eröffnung der neuen Sitzungsperiode der UN-Vollversammlung lud der türkische Staatspräsident in der Vergangenheit wiederholt Vertreter von AIPAC, Jüdischem Weltkongress, Anti-Defamation League, Conference of Presidents of Major American Jewish Organizations und American Jewish Committee zum Meinungsaustausch ein.

Dieses Jahr bat Erdoğan wieder jüdische Gesprächspartner zum Gespräch. Am Sonntag hielt er im New Yorker Hilton-Hotel ein Treffen mit Vertretern von Neturei Karta ab, einer in weiten Teilen der jüdischen Gemeinschaft geächteten antizionistischen Splittergruppe. Im Anschluss ließ Erdoğan ein Foto verbreiten, auf dem einer der vier jüdischen Vertreter mit schwarzem Hut und Kefije, dem Palästinensertuch, abgebildet ist.

Erdoğan ließ ein Foto verbreiten, auf dem einer der vier jüdischen Vertreter mit schwarzem Hut und Kefije, dem Palästinensertuch, abgebildet ist.

Pressevertreter waren bei dem Treffen nicht erwünscht, und genauere Informationen über den Inhalt des halbstündigen Gespräches wurden zunächst nicht bekanntgemacht.

Die amtliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu veröffentlichte zuvor ein Video-Interview mit einem Neturei Karta-Verantwortlichen, in welchem dieser erklärte: »Wir sehen es als unser Ziel an, den Muslimen und auch dem Rest der Welt klar zu machen, dass bei weitem nicht alle Juden den Staat Israel unterstützen.«

Ablehnung Neturei Karta (»Wächter der Stadt«) ist eine Splittergruppe frommer Juden. Sie wurde 1938 in Jerusalem als Abspaltung einer ultraorthodoxen Partei gegründet. Sie definiert sich in erster Linie über die radikale Ablehnung des säkularen Zionismus und die uneingeschränkte Solidarität mit den politischen Belangen der Palästinenser. Laut Anti-Defamation League hat die Gruppe weltweit nur einige hundert aktive Mitglieder. Sie ist überwiegend in New York sowie in Großbritannien und Belgien aktiv.

In der Vergangenheit waren die jüdischen Israelgegner bereits bevorzugte Gesprächspartner des damaligen iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad. Dieser lud 2006 Vertreter der Sekte zu einer Holocaust-Konferenz nach Teheran ein. Im Gegenzug erhielt Ahmadinedschad einen Koscherstempel für seine, so wörtlich, »mutige Haltung gegenüber den Verbrechen des zionistischen Regimes«.

Auch Erdoğan findet offenbar zusehends Gefallen an Neturei Karta. Bereits im Mai 2018 traf er sich in London mit Vertretern der Gruppe.

Im April nannte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu Erdoğan einen »antisemitischen Diktator«, der eine »Obsession mit Israel« habe.

Der türkische Staatschef fiel in jüngster Zeit wiederholt durch scharfe Kritik an Israel auf. Im Juli warf er bei einem Treffen der Regierungspartei AKP der israelischen Regierung »Staatsterrorismus« gegenüber den Palästinensern vor. Medienberichten zufolge sagte Erdoğan, wer auch immer für Israel Partei ergreife, müsse wissen, dass die Türkei sich ihm entgegenstellen werde.

Die diplomatischen Beziehungen zwischen Ankara und Jerusalem sind aktuell auf dem Gefrierpunkt. Im April nannte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu Erdoğan einen »antisemitischen Diktator«, der eine »Obsession mit Israel« habe. Erdoğan hatte zuvor gesagt, der »Geist Adolf Hitlers« sei bei einigen israelischen Politikern erkennbar und nannte Netanjahu einen »Tyrann, der palästinensische Kinder massakriert«.

Berlin

Ausstellung im Haus der Wannsee-Konferenz beschädigt

Kuratorin: «Auffällig, dass ausgerechnet Plakate zum israelbezogenen Antisemitismus beschädigt wurden«

 24.04.2024

Kommentar

AfD in Talkshows: So jedenfalls nicht!

Die jüngsten Auftritte von AfD-Spitzenpolitikern in bekannten Talk-Formaten zeigen: Deutsche Medien haben im Umgang mit der Rechtsaußen-Partei noch viel zu lernen. Tiefpunkt war das Interview mit Maximilian Krah bei »Jung & Naiv«

von Joshua Schultheis  24.04.2024

Umfrage

Studie: Für die meisten muslimischen Schüler ist der Koran wichtiger als deutsche Gesetze

Fast die Hälfte der Befragten will einen islamischen Gottesstaat

 22.04.2024

Vereinte Nationen

»Whitewash«: UNRWA-Prüfbericht vorgelegt

Eine Untersuchung sollte die schweren Vorwürfe gegen das UN-Hilfswerk aufklären - vorab sickerten erste Details durch

von Michael Thaidigsmann  22.04.2024

Berlin

Ausstellung will Leben in Geiselhaft simulieren

In der Fasanenstraße werden in einem Container die Bedingungen der Geiseln in Gaza simuliert

von Pascal Beck  22.04.2024

Rechtsextremismus

»Höckes Sprachgebrauch ist ein klarer Angriff - und erfolgreich«

Der Soziologe Andreas Kemper zu Strategien des AfD-Politikers

von Nils Sandrisser  22.04.2024

Frankreich

Französischer Bürgermeister zeigt Hitlergruß - Rücktrittsforderungen

Die Präfektur Val-de-Marne will die Justiz einschalten

 22.04.2024

Meinung

Der Fall Samir

Antisemitische Verschwörungen, Holocaust-Relativierung, Täter-Opfer-Umkehr: Der Schweizer Regisseur möchte öffentlich über seine wirren Thesen diskutieren. Doch bei Menschenhass hört der Dialog auf

von Philipp Peyman Engel  22.04.2024

Österreich

Vier Deutsche nach Gedenkbesuch bei Hitlers Geburtshaus angezeigt

Die Verdächtigen waren nach Braunau gefahren, um dort weiße Rosen niederzulegen

 22.04.2024