Rückblende

1995: Erste Stolpersteine

Unsere Serie über die Geschichte der Juden in Deutschland nach 1945: Folge 50

von Michael Brenner  22.10.2013 07:43 Uhr

Stolpersteine in Berlin Foto: Gregor Zielke

Unsere Serie über die Geschichte der Juden in Deutschland nach 1945: Folge 50

von Michael Brenner  22.10.2013 07:43 Uhr

Am 4. Januar 1995 verlegte der Künstler Günter Demnig in Köln die ersten mit einer Messingplatte versehenen Betonsteine zum Andenken an die während der Schoa deportierten Juden wie auch an andere Verfolgte. Als »Stolpersteine«, jeweils auf den Bürgersteigen vor den Wohnungen der Deportierten, sind diese Dokumente der Erinnerung mittlerweile in ganz Deutschland und auch in anderen Ländern verbreitet. Die über 40.000 Stolpersteine sind bewusst schlicht gehalten. Sie erwähnen in der Regel neben dem Namen nur die Lebensdaten, den Deportationstermin und – falls bekannt – den Deportationsort.

Demnigs Absicht war es, den anonymen und in den Lagern zu Nummern degradierten Menschen vor ihrem ehemaligen Zuhause wieder ihren Namen zurückzugeben. Scheinbar triviale Orte werden somit zu Erinnerungsorten einer tragischen Geschichte und lassen die Passanten im übertragenen Sinne stolpern.

pro und contra Vielerorts stieß Demnigs Initiative auf Zustimmung. Doch gab es auch Bedenken. So hielt die ehemalige Präsidentin des Zentralrats, Charlotte Knobloch, es für unerträglich, dass auf dem Andenken der Toten mit Füßen herumgetreten werde, und plädierte für andere Arten des Gedenkens. In München wurden daher lediglich auf privatem Grund Stolpersteine verlegt. Für Demnig ist das Einlassen in den Bürgersteig dagegen ein Akt der Ehrbezeugung: »Wer den Namen des Opfers lesen will, muss sich herunterbeugen. In diesem Moment verbeugt er sich vor ihm.«

Demnigs Stolpersteine-Aktion begann nicht zufällig 50 Jahre nach Kriegsende. Der viel zitierte »Schlussstrich« unter die NS-Vergangenheit wurde in Deutschland nicht gezogen. Doch die richtige Art des Gedenkens war Gegenstand heftiger Diskussionen. Hatte Bundespräsident Richard von Weizsäcker zehn Jahre zuvor beim 40. Jahrestag des Kriegsendes in seiner viel gelobten Rede eine neue Ära des Gedenkens eröffnet, so sorgte Bundeskanzler Helmut Kohl für Irritationen, als er ein Jahrzehnt später den Entwurf für ein Holocaust-Mahnmal mit den Namen aller Opfer ablehnte.

Zwei Jahre vorher hatte Kohl eine zentrale Gedenkstätte für die »Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft« in der Neuen Wache in Berlin einrichten lassen. Kehrte man damit nicht alles über einen Haufen und machte auch die Täter zu Opfern?, fragten Kritiker. Auch der 9. November war seit 1989 nicht mehr nur ein Tag des Gedenkens an die Pogromnacht 1938, sondern auch ein Tag des Jubels über die deutsche Wiedervereinigung geworden. Das Gedenken war 1995 komplexer als ein Jahrzehnt vorher. Die Auseinandersetzungen um die Stolpersteine zeigen, wie schwierig es geworden ist, die richtige Form des Gedenkens an die Opfer zu finden.

Berlin/Potsdam

Zentralrat der Juden erwartet Stiftung für Geiger-Kolleg im Herbst

Zum Wintersemester 2024/25 soll sie ihre Arbeit aufnehmen

 26.07.2024

Potsdam

Neuer Name für das Abraham Geiger Kolleg bekannt geworden

Die Ausbildungsstätte für liberale Rabbiner soll nach Regina Jonas benannt werden

 26.07.2024

Meinung

Kein Symbol für den Frieden

Warum man bestimmte Israel-Ketten besser nicht tragen sollte

von Joshua Schultheis  26.07.2024

Opinion

Francesca Albanese is Surrounded by Like-Minded People at the U.N.

The Special Rapporteur is not a neutral observer, but an anti-Israel activist

von Joshua Schultheis  26.07.2024

Judenhass-Skandal

Kritiker werfen Albanese »Bilderbuch-Antisemitismus« vor

Immer öfter wird eine Entlassung der UNO-Beauftragten gefordert

von Imanuel Marcus  26.07.2024

Olympia

Brandanschläge legen französisches Schnellzugnetz lahm

Am Tag der Eröffnungszeremonie gab es im ganzen Land Brandanschläge auf das Schienennetz

 26.07.2024

Palm Beach

Trump empfängt Netanjahu in Florida

Das Treffen sorgt für Aufsehen

 26.07.2024

Meinung

Francesca Albanese ist bei der UN von Gleichgesinnten umgeben

Die Sonderberichterstatterin ist eine israelfeindliche Aktivistin

von Joshua Schultheis  26.07.2024

Brandenburg

AfD-Politiker wollte Robert Habeck ermorden

Der Mann war Hausmeister beim mittlerweile verbotenen »Compact«-Magazin

 26.07.2024