Rückblende

1969: Antisemitischer Terror von Links

Unsere Serie über die Geschichte der Juden in Deutschland nach 1945: Folge 24

von Michael Brenner  09.04.2013 19:01 Uhr

November 1969: Bombe im Jüdischen Gemeindehaus Berlin Foto: dpa

Unsere Serie über die Geschichte der Juden in Deutschland nach 1945: Folge 24

von Michael Brenner  09.04.2013 19:01 Uhr

Der 9. November ist ein besonderer Tag in der deutschen Geschichte. Wäre alles nach Plan gegangen, so hätte sich der 9. November 1969 in die Reihe deutscher Gedenktage von der Ausrufung der Republik 1918 über den Hitler-Putsch 1923 bis zum Novemberpogrom 1938 einreihen lassen. An diesem Tage nämlich explodierte eine im Jüdischen Gemeindehaus in der Berliner Fasanenstraße deponierte Bombe nur aufgrund eines Fehlers der Zündung nicht. Bereits am Abend vorher waren in Berlin jüdische Gräber und Gedenktafeln geschändet worden.

Am Abend des 9. November 1969 kam in den Kreisen der Berliner Protestbewegung ein Flugblatt in Umlauf, dessen Titel lautete: »Aus den vom Faschismus vertriebenen Juden sind selbst Faschisten geworden, die in Kollaboration mit dem amerikanischen Kapital das palästinensische Volk ausradieren wollen.« Verantwortlich zeichneten die »Schwarzen Ratten TW«. TW stand für Tupamaros West-Berlin, eine Splittergruppe aus dem linken Protestspektrum. Der Historiker Wolfgang Kraushaar hat vor einigen Jahren nach akribischer Recherche die Täter des verfehlten Anschlags bei ebenjenen Tupamaros ausfindig machen können.

»Judenknacks« Die bis zum Sechstagekrieg 1967 weitgehend proisraelische Stimmung war 1969 in manchen Kreisen der extremen Linken in antiisraelische Hetze umgeschlagen. Man identifizierte sich nun mit den Palästinensern und arbeitete eng mit der Fatah zusammen. Dass sich dadurch auch von den Taten der eigenen Eltern ablenken ließ, mag nicht nur im Unterbewusstsein eine Rolle gespielt haben. Einer der Drahtzieher der Tupamaros, Dieter Kunzelmann, sprach ganz offen vom »Judenknacks«, den die deutsche Linke zu überwinden habe.

Nicht alle Anschläge auf jüdische und israelische Einrichtungen verliefen im Sande. Am 13. Februar 1970 starben bei einem Brandanschlag sieben Bewohner des jüdischen Altenheims in München, alles Holocaust-Überlebende. Es folgten Anschläge auf Flugzeuge nach Israel und 1972 das bekannte Olympia-Attentat. Seit jenen frühen 70er-Jahren gleichen alle jüdischen Einrichtungen in Deutschland Hochsicherheitstrakten.

Es ist bemerkenswert, dass die Anschläge auf die Berliner und Münchner jüdischen Gemeindeeinrichtungen bald aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit verschwanden und von der Polizei nie aufgeklärt wurden. Noch erstaunlicher ist es, dass Wolfgang Kraushaar, der nun auch seine ausgiebigen Recherchen zu dem Brand in München veröffentlichte, von einer großen Münchner Tageszeitung nichts als Häme kassiert. Es ist nicht bekannt, dass diese oder irgendeine andere Zeitung versuchte, durch investigativen Journalismus den Tätern auf die Spur zu kommen oder zumindest das Gedenken an die Tat zu bewahren.

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