Meinung

Sie hätte früher kommen sollen

Sigmount A. Königsberg, Antisemitismusbeauftragter der Jüdischen Gemeinde zu Berlin Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Meinung

Sie hätte früher kommen sollen

Der Antisemitismusbeauftragte der Jüdischen Gemeinde zu Berlin wundert sich über den Protest der Kulturszene gegen die Antisemitismus-Klausel des Berliner Senats

von Sigmount Königsberg  08.01.2024 15:39 Uhr

Kaum gibt der Berliner Kultursenator Joe Chialo bekannt, dass künftig Förderbescheide mit einer Antidiskriminierungsauflage versehen sein werden, regt sich in der woken Kulturszene Protest. Von »Gesinnungschnüffelei« und »Einschränkung der Kunstfreiheit« wird da gesprochen. Der Protest hängt sich nicht an dem Punkt auf, wenn von »Queerfeindlichkeit« oder Rassismus gesprochen wird, sondern nur am Antisemitismus. Allein das zeigt, von welchem Geist diese Menschen getrieben sind.

Auch meinen die Protestler, dass es darüber keine Debatte gegeben habe. Dabei wird verkannt, dass das Abgeordnetenhaus von Berlin die IHRA-Arbeitsdefinition zu Antisemitismus bereits 2018 für das Land Berlin - also auch für alle Senatsverwaltungen - einstimmig angenommen hat. Also ist Chialos Maßnahme demokratisch legitimiert, ja sie hätte bereits früher erfolgen sollen. Auch ist es mehr als legitim, wenn der Zuwendungsgeber Richtlinien festlegt, nach denen gefördert wird. Wer sich nicht daran halten will, muss keinen Antrag stellen.

Zweitens müssen sich diese Menschen den Vorwurf gefallen lassen, den Begriff der »Kunstfreiheit« zu missbrauchen. Weder Chialo noch sonst irgendjemand wird ein Kunstwerk verbieten - es sei denn, es wird gegen Strafgesetze verstoßen. Das ist aber bereits heute der Fall - und bedarf eines Gerichtsbeschlusses.

Richtige Konsequenzen

Es drängt sich der Verdacht auf, dass Menschen unter dem Deckmantel der »Kunst«, bei gleichzeitiger staatlicher Alimentierung, auch in Zukunft Judenhass propagieren als auch den einzigen jüdischen Staat delegitimieren und dämonisieren wollen (was nichts mit Kritik an der Regierung zu tun hat).

Menschenverachtende »Kunstwerke« können auch künftig erstellt und gezeigt werden, nur eben ohne staatliche Finanzierung. Es wird interessant sein zu beobachten, ob - und wenn ja welche - Geldquellen sich hier auftun werden.

Chialo zieht die richtigen Konsequenzen aus dem Debakel der »documenta15«. Steuermittel dürfen nicht für Menschenverachtung verwendet werden. Dafür gebührt ihm Dank und Anerkennung.

Der Autor ist Antisemitismusbeauftragter der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.

Meinung

Die Namen in die Welt schreien

24 junge Männer in der Gewalt der Hamas sind wahrscheinlich noch am Leben - sie können und müssen durch ein Abkommen gerettet werden

von Sabine Brandes  28.04.2025

Meinung

Die UN, der Holocaust und die Palästinenser

Bei den Vereinten Nationen wird die Erinnerung an den Holocaust mit der »Palästina-Frage« verbunden. Das ist obszön, findet unser Autor

von Jacques Abramowicz  25.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  24.04.2025

Essay

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  24.04.2025

Meinung

Ich habe versagt

Damit sich ein Ereignis wie die Schoa nicht wiederholt, kommt es darauf an, wie wir erinnern. Doch wir sind offenbar dabei, genau das den Falschen zu überlassen

von Sophie Albers Ben Chamo  23.04.2025

Jom Haschoa

Zwei Minuten Stillstand?

Sollte in Deutschland in derselben Art und Weise wie in Israel an die Opfer der Schoa erinnert werden? Ein Gastbeitrag von Felix Klein

von Felix Klein  22.04.2025

Kommentar

Bezalel Smotrich, die Geiseln in Gaza und der moralische Teufelskreis

Zum Gesellschaftsvertrag in Israel gehört es, dass kein Soldat und kein Opfer von Terror zurückgelassen wird. Niemand! Niemals! Koste es, was es wolle. Was es bedeutet, dies nun in Frage zu stellen

von Daniel Neumann  22.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Volker Beck

Den Kampf gegen Antisemitismus nicht vereinnahmen

US-Präsident Trump nimmt den Antisemitismus an der Harvard University zum Anlass für einen Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit und die Rechtsgleichheit für alle

von Volker Beck  16.04.2025